Pyria. Elin Bedelis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elin Bedelis
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754940136
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      Der Prinz zog sein Schwert und machte einen Schritt zurück. Die Klinge blitzte im hellen Licht der Sonne und richtete sich auf Machairi. Grothia ließ die Knöchel knacken und der Rest wich hastig ein ganzes Stück zurück. Nur der Messerdämon regte sich nicht. Ruhig, als bekäme er einen Blumenstrauß anstelle einer geschliffenen Klinge entgegengestreckt, stand er da und musterte Zedian.

      Langsam schien der zukünftige Sultan seinen Schreck zu verarbeiten und legte ein würdevolleres Verhalten an den Tag. »Ich habe nicht geglaubt an Geschichten von Dämonen.« Die Stimme hatte er gesenkt und das verstärkte seinen Akzent. Doch rätselhafterweise machte dies seine Worte wirkungsvoller. »Es waren gute Menschen auf diesem Schiff!« Wut zeichnete die gleichmäßigen Züge des Harethi und er stieß sein Schwert erstmals in die Richtung seines Gegenübers.

      Als sei es das Selbstverständlichste der Welt wich Machairi aus. Er drehte sich nur leicht zur Seite, sodass das Schwert ins Nichts traf. Keine seiner Bewegungen zeugte von Hektik oder auch nur von Eile. Eine Prinzessin sah viele Menschen kämpfen. Koryphelia hatte es sogar genossen, Trainingskämpfen zuzusehen, doch hatte sie noch nie jemanden so leichtfertig elegant ausweichen sehen. »Sie wird sie nicht töten … nicht absichtlich.« In seine Gleichgültigkeit mischte sich eine Spur von Amüsement. »Sie braucht von Zeit zu Zeit Unterhaltung.«

      Koryphelia sah sich in einer unangenehmen Situation: Sie hatte nicht die geringste Vorstellung, worum es gehen konnte. Alles, was sich ihren Augen bot, war ein Prinz, dem die Wut das Blut ins Gesicht trieb. Nur schwer war es zu sehen unter der dunklen Haut, doch für jemanden, der so ungestört beobachten konnte wie die Prinzessin, die noch immer auf der Treppe stand, war es dennoch zu erkennen. »Bástardo«, presste Zedian tonlos hervor und ausnahmsweise waren sich ihre Sprachen ähnlich genug, dass es keiner Fremdsprachenkenntnis bedurft hätte, ihn zu verstehen.

      »Leider nicht«, antwortete der Dämon beiläufig, weiteren Schwerthieben geschmeidig ausweichend. Es war geradezu schön anzusehen. Wie ein beeindruckender Tanz oder ein mitreißendes Schauspiel. Die sauberen und geübten Kampfschritte des Prinzen wirkten dagegen hilflos und dilettantisch.

      »Wehr dich, Dämon«, forderte Zedian. Man konnte der Wut zusehen, wie sie ihn überrollte und vereinnahmte, einen Menschen aus der Ruhe brachte, der sich sonst selten aufregen ließ. Mit ihr kehrte der Leichtsinn ein und ließ den fremden Mann die Warnungen in den Wind schlagen, die seine Geschichten beinhaltet haben mussten. »Ich werde nicht der nächste Gefangene auf diesem Schiff sein!« Blankes Metall schnitt durch die Luft und verfehlte den Schatten wieder und wieder. Gelegentlich sah es gar so aus, als fahre die Klinge tatsächlich durch einen Schatten, so schnell bewegte sich ihr Ziel zur Seite.

      Wie die Kämpfenden sich drehten, erhaschte die Prinzessin erstmals einen Blick auf die Züge des Cecilian und fuhr im Halbdunkel der geöffneten Luke zusammen. Abgrundtief schwarze Augen musterten den fremden Prinzen mit eisiger Kälte, die selbst Koryphelia durch Mark und Bein fuhr. Er war furchteinflößend. »Es gibt keine Gefangenen.« Ein bedrohlicher Unterton durchwob das feine Geflecht der Melodie, die er seine Stimme nannte.

      »Ich … bin nicht … freiwillig hier!« Äußerst peinsam stockte der Prinz beim Sprechen, weil er nun mehr Kraft in seine Hiebe fließen ließ und gleichzeitig mit der fremden Sprache kämpfte. Koryphelia schob die Luke etwas weiter auf, um besser sehen zu können, während sie gebannt das Geschehen verfolgte.

      An dieser Stelle hörte der Schatten auf, nur auszuweichen. Mit einer Geschwindigkeit, dass ein Blinzeln ausgereicht hätte, um es zu verpassen, entwand er dem Prinzen das Schwert, griff an seinen Kragen, zog ihm die Beine fort und kippte ihn über die Reling, dass der Harethi kopfüber über dem Meer hing. Fest umklammerte der weiße Handschuh den kostbaren Stoff der Gewänder des Prinzen, der sich bedenklich unter seinen Fingern spannte. »Ein Wort und ich mache deine Rettung vorm Ertrinken gerne rückgängig.«

      Energisch stieß Koryphelia die Luke auf und trat an Deck. Heirat oder nicht, sie konnten Hareths Prinzen nicht einfach ins Meer werfen. Möglichst würdevoll trat sie heran und straffte die Schultern. »Bitte zieh ihn wieder hoch«, sprach sie den Schatten an. Sie hatte ihr ganzes Leben in der Nähe furchteinflößender Männer verbracht, auch wenn Machairi dem Wort eine neue Bedeutung verlieh.

      »Solltest du nicht unter Deck sein?«, antwortete er ruhig, ohne die Prinzessin eines Blickes zu würdigen. Er schien nicht gewillt, ihrer Bitte nachzukommen.

      »Keine Gefangene, nicht wahr?« Haltung zu bewahren, war nun entscheidend. So auffordernd, wie sie konnte, schaute sie den Schatten an. Noch immer ruhte sein Blick auf Zedian, der unruhig atmend noch mit dem Schreck zu kämpfen schien, während er äußerst hilflos über der Reling hing.

      Doch nun fand auch der zukünftige Sultan seine Stimme wieder. »Schon gut!«, stieß er hervor. »Auf eine gesittetere Unterhaltung.« Wundersamerweise schien es, dass er seinen Wunsch erfüllt bekam, denn Machairi zog ihn zurück an Bord.

      Hastig brachte der Prinz Abstand zwischen sich und den Schatten und richtete seine Kleider, bevor sich die haselnussbraunen Augen auf Koryphelia richteten. »Prinzessin Koryphelia?«, erkundigte sich der junge Mann nach einer kurzen Pause verbindlich und senkte den Kopf kurz, während er ihr das breiteste Lächeln, das er in dieser Situation aufbringen konnte, schenkte.

      Erstmals seit sie den fremden Mann erblickt hatte, wurde ihr wirklich klar, was für eine Bedeutung dieser Mensch in ihrer Zukunft spielen sollte. Der Gedanke hatte zuvor über ihr gehangen wie ein aufziehender Sturm, doch nie hatte sie in letzter Konsequenz realisiert, was das bedeutete. Es schlug nun auf sie nieder und sie musterte den Mann, mit dem sie ihr Leben verbringen sollte, ganz anders. Sich ihrer Manieren erinnernd deutete sie einen Knicks an und nickte. »Sehr erfreut, Liègi«, antwortete sie. Nur weil die Bienen beschlossen hatten, die Höflichkeit zu ignorieren, musste sie das nicht auch tun.

      Er schmunzelte und erwiderte ihre Geste mit dem Hauch einer Verbeugung. »Dieser … Mann«, es machte deutlich den Anschein, als habe ihm ein anderes Wort auf der Zunge gelegen, als er auf Machairi deutete, »behauptet, Ihr wäret freiwillig hier?« Skepsis zeichnete Worte und Züge des Harethi. Einen Augenblick haderte die Prinzessin. Die Umstände entsprachen nicht unbedingt dem, was sie sich erhofft hatte, als sie Machairi um Hilfe gebeten hatte. Dennoch konnte sie nicht behaupten, dass sie ernsthaft versucht hätte, sich zur Wehr zu setzen, und im Grunde war genau erreicht, was sie wollte. Außerdem wollte sie nicht wissen, was Machairi tun würde, wenn sie ihm in den Rücken fiel. »So kann man es in der Tat ausdrücken, Liègi.« Ein verbindliches Lächeln zierte ihre Züge. In ihrem Inneren schien sich etwas verknotet zu haben wie eine ungeschickte Schlange, doch die Fassade hielt.

      »Warum, Prinzessin, solltet Ihr hier sein wollen?« Echte Sorge klang aus seinen Worten. Sorge, so vermutete sie, um ihren Verstand. Oder er glaubte, dass man sie zwang, dem Schatten zuzustimmen. War doch die Realität so viel komplizierter und weniger freundlich. Sollte sie ihm sagen, dass sie versucht hatte, der Hochzeit mit ihm zu entgehen? Würde er die zahlreichen Gründe verstehen, die sie veranlasst hatten, einen Brief an einen berüchtigten Verbrecher zu schreiben? Als sie nicht direkt antwortete, wandte sich der Prinz wieder Machairi zu. »Wieso wagt Machairi, eine Prinzessin zu entführen?« Sein Tonfall war nicht so vorwurfsvoll, wie zu erwarten gewesen wäre, und er vermochte es, sich erstaunlich überzeugend zu Diplomatie durchzuringen. Möglicherweise verspürte der Fremde nicht das Bedürfnis, erneut kopfüber über dem Meer zu hängen. Tatsächlich war der Gedanke dahinter Koryphelia bereits selbst mehrfach gekommen: Was hatte Machairi davon, ihr zu helfen?

      »Ich halte einen geplanten Krieg auf, solange ich kann«, antwortete der Schatten mit kalter Sachlichkeit.

      »Wir planen eine Hochzeit. Eine … Friedensangebot?« Er schien Wortfindungsschwierigkeiten zu haben, ob das nun der Sprachbarriere oder der Aussage geschuldet war, blieb ungeklärt. »Ihr alle riskiert, fragilen Frieden zu brechen.« Irritiert sah der Prinz zwischen den Menschen an Deck hin und her. Jedes Auge und jedes Ohr schienen ihre Unterhaltung zu verfolgen.

      »Wenn der Sultan glaubt, Thredian würde seine einzige Erbin ohne Hintergedanken an den Sohn eines verabscheuten Feindes verheiraten, ist er noch dümmer als Thredian selbst.« Sobald der Messerdämon sprach, deckte sich