Mit Feilen und mit Hämmern wohl versehn,
Mit Nägeln für den lockern Speer und Riemen
Für den verletzten Schild, Trabanten sperren
In schmucken Reihn die Seitenstraßen ab,
Denn Bauernhaufen drängen vor mit Knütteln.
Palamon und Arcite.
Die Lage des englischen Volkes war zu jener Zeit elend genug. König Richard war als Gefangener abwesend und in der Macht des treulosen und grausamen Herzogs von Oesterreich. Selbst über den Ort seiner Gefangenschaft war man in Ungewißheit, und sein Schicksal war den meisten seiner Unterthanen, die inzwischen jedem Drucke von Seiten der Vasallen ausgesetzt waren, beinahe unbekannt.
Prinz Johann, im Bündniß mit Philipp von Frankreich, Löwenherzens tödtlichem Feinde, wandte allen seinen Einfluß bei dem Herzog von Oesterreich an, um die Gefangenschaft seines Bruders zu verlängern, von dem er so viel Gunst erfahren hatte. Dabei verstärkte er seinen Anhang im Königreich und bereitete sich vor, für den Fall, daß der König stürbe, dem rechtmäßigen Erben, Arthur, Herzog der Bretagne, dem Sohne Gottfrieds von Plantagenet, seines älteren Bruders, die Thronfolge streitig zu machen. Es ist bekannt, daß er diese Usurpation später in Ausführung brachte. Da Johanns Charakter leichtsinnig, ausschweifend und treulos war, so zog er nicht nur alle diejenigen leicht an sich, welche Ursache hatten, die Strafe Richards wegen verbrecherischer Handlungen, die sie während seiner Abwesenheit begangen, zu fürchten, sondern auch die zahllosen Classen gesetzloser Raufbolde, welche aus den Kreuzzügen in ihr Vaterland zurückgekehrt waren, erfahren in den Lastern des Orients, ohne Erwerbsquellen und, infolge der Verwilderung ihres Charakters gern bereit, die innern Unruhen zu ihrem Vortheil auszubeuten.
Zu diesen allgemeinen Ursachen der Noth und Bedrängniß kam noch hinzu, daß eine Menge von Geächteten, welche durch den Druck des Adels und die strenge Anwendung der Forstgesetze zur Verzweiflung getrieben waren, sich in großen Banden zusammenrotteten, Wälder und unbewohnte Strecken Landes in Besitz nahmen und den Obrigkeiten des Landes trotzten. Die Edelleute selbst, jeder durch seine befestigte Burg geschützt, von der aus er den Tyrannen seiner Besitzung spielte, waren die Anführer von Banden, die kaum weniger ruchlos und gefährlich waren als anerkannte Räuber. Um diese Anhänger zu ernähren und die Mittel zu Ausschweifung und Luxus, zu denen sein Uebermuth ihn veranlaßte, zu beschaffen, erborgte der Adel große Summen von den Juden gegen sehr hohe Zinsen, die an den Besitzungen gleich dem verzehrenden Krebs nagten, und von denen sie sich nicht anders zu befreien wußten, als daß sie irgend eine Gelegenheit wahrnahmen, um ihre Gläubiger durch Gewaltthat los zu werden.
Unter den Leiden, welche diese unglückliche Lage der Dinge mit sich brachte, litt das englische Volk für den Augenblick schwer genug, und es hatte dazu noch Ursache, in Zukunft schwereres Unheil zu fürchten. Dem Elend die Krone aufzusetzen, verbreitete sich eine ansteckende Krankheit über das Land und raffte viele hinweg, deren Schicksal die Ueberlebenden versucht waren zu beneiden, da sie von den drohenden Uebeln befreit wurden.
Trotz dieser vielfachen Noth nahmen Arme so wie Reiche, Gemeine so wie Adlige an dem Ereigniß eines Turniers, dem großartigsten Ereigniß jenes Zeitalters, eben so viel Antheil, als ihn der halbverhungerte Bürger von Madrid, der keinen Real übrig hat, um Lebensmittel für seine Familie zu kaufen, an dem Ausgange eines Stiergefechtes nimmt. Nichts, weder häusliche Pflichten noch Krankheit, konnte das Publikum jener Tage von solchen Schaustellungen fern halten. Das Waffenspiel, wie man es nannte, welches zu Ashby in der Grafschaft Leicester abgehalten werden sollte, hatte daher die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn es sollten hier Kämpfer von höchster Berühmtheit, dazu in Gegenwart des Prinzen Johann, auftreten, und eine ungewöhnlich große Menschenmenge aus allen Ständen eilte an dem bestimmten Morgen zum Kampfplatze.
Die Scene war eigenthümlich romantisch. Am Rande eines Waldes, der etwa eine Meile von Ashby entfernt lag, befand sich eine ausgedehnte Au, mit dem schönsten grünen Rasen bedeckt, auf der einen Seite vom Walde, auf der andern von einzeln stehenden Eichen eingefaßt, von denen einige eine ungewöhnliche Höhe erreicht hatten. Der Boden, als wäre er für dieses kriegerische Schauspiel hergerichtet, senkte sich auf allen Seiten allmählich zu einem ebenen Grunde hinab, der, von starken Pallisaden umschlossen, welche die Schranken bildeten, tausend Schritte lang und etwa halb so breit war. Die Form dieser Umfriedigung war ein längliches Viereck, nur daß die Ecken aus Rücksicht auf die Bequemlichkeit der Zuschauer beträchtlich abgerundet waren. Die Pforten für den Eintritt der Kämpfer befanden sich am Nord- und Südende, mit zwei starken hölzernen Thorflügeln, die breit genug waren, um zwei Reiter neben einander einzulassen. An jedem dieser beiden Eingänge standen zwei Herolde, bei ihnen sechs Trompeter und ebenso viele Gefolgsmänner, und eine starke Abtheilung von Geharnischten zur Aufrechthaltung der Ordnung und zur Prüfung der Ritterbürtigkeit aller derer, welche an dem kriegerischen Kampfspiele Theil zu nehmen gedachten.
Jenseit der südlichen Eintrittspforte standen auf einer durch die natürliche Erhebung des Bodens gebildeten Platform fünf prächtige Zelte, mit roth und schwarzen Fähnchen verziert, den Farben, die die fünf herausfordernden Ritter sich gewählt. Vor jedem Zelte hing der Schild des Ritters, der darin wohnte, und neben demselben stand sein Knappe als Wilder oder Waldmensch oder sonst wie phantastisch gekleidet, je nach dem Geschmack seines Herren, oder der Rolle, die er während des Waffenfestes zu spielen gedachte.
Das mittlere Zelt war als Ehrenplatz dem Ritter Brian de Bois-Guilbert zugewiesen worden, dessen Berühmtheit in jeder Art von Ritterspielen ebenso sehr wie seine Verbindungen mit den Rittern, die dieses Waffenfest unternommen hatten, der Grund war, warum man ihn mit Begeisterung in die Reihe der Herausforderer, ja sogar als Haupt und Anführer derselben aufgenommen hatte. An der einen Seite sei nes Zeltes standen die Zelte des Reginald Front de Boeuf und Philipp de Malvoisin, auf der andern das des Ritters Hugo von Grant-Meslin, einem benachbarten Baron, dessen Ahnherr einst Groß-Truchseß von England gewesen war. Ralph de Vipont, ein Johanniterritter, der einige alte Güter in Heather bei Ashby de la Zouche besaß, nahm das fünfte Zelt ein. Von dem Eingange in die Schranken stieg ein Weg sanft an, der in der Breite von zwanzig Fuß zu der Platform führte, auf welcher die Zelte standen. Dieser Pfad war auf beiden Seiten mit starkem Pfahlwerk versehen, wie dies auch bei der Esplanade vor den Zelten der Fall war, und das Ganze wurde von Geharnischten bewacht.
Am nördlichen Ende befanden sich die Zelte derjenigen Ritter, die sich den Herausfordernden zum Kampfe stellen wollten, und hinter diesen waren solche für Waffen- und Hufschmiede, so wie für Verkäufer von Erfrischungen aufgeschlagen.
Rings um die Schranken zogen sich mit Teppichen und Kissen versehene Gallerien für die ritterbürtige Zuschauerschaft. Die große Menge lagerte sich auf Rasenbänken auf den Anhöhen, die den Blick über die Gallerien hinweg gestatteten. Für den Prinzen Johann war eine besondere Gallerie eingerichtet, die mit dem königlichen Wappen geziert war, und ihr gegenüber eine andere, geschmückt mit vielen Wimpeln, Flaggen und brennenden, blutenden sowie mit Pfeilen durchbohrten Herzen. Eine Inschrift darauf meldete, daß dieser Ehrenplatz bestimmt sei für die Königin der Schönheit und Liebe! Wer aber diese Königin der Schönheit und Liebe vorstellen werde, das vermochte niemand zu errathen.
Inzwischen drängten sich Zuschauer aller Art vor und nahmen ihre Sitze ein, wobei es natürlich vielfach Streitigkeiten über Rangordnung etc. gab. Die Geharnischten legten einige derselben ohne Umstände bei, indem sie ihre Lanzenschäfte und Schwertknöpfe wirkungsvoll als Gründe gegen die Widerspenstigeren geltend machten. Andere, an die sich die rivalisirenden Ansprüche höher gestellter Personen knüpften, wurden von den Herolden und den beiden Marschällen William de Wyvil und Stephan von Martival geschlichtet, die in voller Rüstung an den Schranken auf- und niederritten, um die gute Ordnung unter den Zuschauern auf jede Weise aufrecht zu erhalten.
Allmählig füllten sich die Gallerien mit Rittern und Edlen in ihren Staatsgewändern, deren lange dunkelfarbige Mäntel einen Gegensatz zu der bunteren und glänzenderen Kleidung der Damen bildeten, die sich in noch größerer Zahl als die Männer zu einem Schauspiel drängten, das man für zu blutig und gefahrvoll hätte halten sollen, als daß es geeignet wäre, dem zarten Geschlechte Vergnügen zu gewähren.
Unter den Bürgern,