Urlaubsflirt oder Liebe. Axel Adamitzki. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Axel Adamitzki
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189451
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schrecklich!

      Irritiert lehnte sich Hedda wieder in ihren Sitz und blickte gedankenverloren auf den eBook-Reader des vollschlanken Amerikaners. Anzüglich lächelte der sie an, doch das sah sie nicht. Zu seinem Glück. Denn Hedda war nicht auf den Mund gefallen. Auch wenn er sie nicht verstanden hätte, so wäre er ganz sicher durch ihre Worte ... durch ihre Blicke armselig und ängstlich in seinem Sitz verschwunden.

      Anna schaute wieder aus dem Fenster. Weiße dünne Wolken lagen bewegungslos unter ihr, in weiter Entfernung flog ein Flugzeug in die Gegenrichtung. Alles war still.

      Ja, dachte sie, so wird mein Leben aussehen. So und nicht anders. Vielleicht ein verheirateter Mann, vielleicht auch niemand. Sie war ja nicht allein. Sie hatte Linda, die sie noch Jahre brauchen würde. Und das war gut so.

      Und doch ... eine Träne drängte nach vorn, aber sie ließ sie nicht los.

      Minuten später begann der Landeanflug. Unruhe erfüllte die Kabine. Kissen, Jacken und Bücher wurden verstaut. Die Sicherheitsgurte mussten geschlossen werden. Man machte sich für Miami bereit.

      Ohne Anna anzusehen, nahm Hedda die Hand ihrer Freundin und drückte sie. Ich bin bei dir. Ich bin deine Freundin, schien das zu heißen.

      Nun floss doch diese einzelne Träne ... und eine zweite folgte.

      5

      »Shit, weit und breit kein freier Kofferkuli. Alle Wagen sind belegt.«

      Hedda kam zurück und hob resigniert die Hände. Anna hatte am Gepäckband mit den vier schweren Koffern gewartet.

      »Und jetzt?«

      »Zum Taxi schleppen ... Was sonst. Shit!«

      Sie gingen los.

      »Darf ich behilflich sein?«

      Eine Stimme hinter ihnen. Nett und jung, aufrichtig und warm.

      Sie drehten sich um. Der ›Seemann‹.

      Er schob einen Kofferkuli vor sich her. Der nahezu leere Rucksack und ein Seesack lagen ein wenig verloren auf dem geräumigen Wagen.

      Die beiden Freundinnen überlegten nicht lange und ließen die Koffer fallen.

      »Gern«, sagte Anna. Und beide sahen zu, wie er mit Schwung und Leichtigkeit die vier Koffer auf dem Wagen verstaute.

      »Und? Wo soll es hingehen?«

      Von Nahem betrachtet, sieht er eigentlich ganz gut aus, dachte Anna. Und er ist nett.

      »Wir brauchen ein Taxi«, sagte Hedda und blickte sich suchend um.

      »Da!« Sie zeigte auf ein Hinweisschild und ging los.

      Der ›Seemann‹ trottete hinter ihr her.

      Anna lächelte. Innerlich. Irgendwie war es süß von ihm. Und er war so klaglos.

      So durchquerten sie die Ankunftshalle. Anna ging wortlos neben ihm und beide folgten Hedda, die eine Ahnung davon zu haben schien, wo man ein Taxi finden konnte.

      Und tatsächlich, ohne erkennbare Umwege gegangen zu sein, erreichten sie den Taxistand.

      »Und? Wo müsst ihr hin?«

      Augenblicklich sah Hedda ihn misstrauisch an. Was will der von uns?, schien sie zu denken. Doch rasch verzog sich das Misstrauen wieder und sie lächelte. Kein Kerl wird sich in München in ein Flugzeug setzen, um zwei Frauen in Miami ... am Taxistand ... anzubaggern. Das war sinnfrei.

      Anna hatte diesen Gedanken von Anfang an absurd gefunden. Der ›Seemann‹ war einfach nur nett. Und gleich wird er sowieso aus unserem Leben verschwinden, dachte sie und sagte: »Zum Hafen.«

      »Das passt. Da muss ich auch hin.«

      Die beiden Freundinnen sahen ihn verwundert an und wie aus einem Mund kam ihre Frage: »Bist du wirklich Seemann?«

      »Wie ... Seemann?!«

      Prustend begannen sie, zu lachen. Erst die beiden Freundinnen und schließlich lachte er mit. Obwohl er überhaupt nicht wissen konnte, worüber sie lachten. Aber er schien Humor zu haben, und das machte ihn sympathisch.

      »Ich will zur ›Sealove‹«, sagte er und begann die Koffer im Taxi zu verstauen.

      Das kann doch nicht sein, dachte Anna und sah ihre Freundin an. Hedda schien genauso erstaunt.

      »Was willst du auf der ›Sealove‹, wenn du kein Matrose bist? Das ist ein Luxusschiff.«

      »Urlaub machen«, sagte er wie selbstverständlich und blickte an sich herunter. »Oder ... stimmt mit mir irgendwas nicht?«

      Hedda konnte ihren Mund nicht halten.

      »Du bist schon okay. Aber ich wusste gar nicht, dass man dort auch Hängematten buchen kann.«

      »Hängematten nicht, aber kleine enge Innenkabinen. Doch das macht mir nichts, da bin ich sowieso nur zum Schlafen.«

      »Das werden aber einsame Nächte.«

      »Jetzt reicht es«, sagte Anna und reichte dem ›Seemann‘‹ die Hand. Er war freundlich gewesen und hatte diesen Spott nicht verdient, auch wenn er selbst viel dazu beigetragen hat. Vielleicht unabsichtlich, vielleicht aber auch nicht, dann hatte er es faustdick hinter den Ohren. Aber das interessierte sie nicht, denn ... er interessierte sie nicht.

      »Ich bin Anna. Und dieses vorlaute Weib ist meine Freundin Hedda.«

      Lächelnd sah er Anna an.

      »Michael. Und was habt ihr gebucht?«

      »Luxuskabine«, sagte Hedda, während sie ins Taxi stieg.

      Anerkennend nickte Michael.

      »Luxuskabine. Hört sich toll an.«

      Er öffnete die linke hintere Tür und ließ Anna einsteigen. Diese Geste war nur eine Kleinigkeit, doch diese Höflichkeit, die selbstverständlich für ihn zu sein schien, imponierte Anna. Sehr.

      Schließlich saßen sie im Taxi.

      »Darf ich mir erlauben, die Luxusklasse zu dieser Taxifahrt einzuladen?«

      »Brauchst du nicht«, sagte Hedda. »Im Gegenteil, wir laden dich ein.«

      Jetzt reichte es Anna.

      »Wir haben diese Kreuzfahrt in einem Preisausschreiben ... Aua! Was ist denn los, Hedda?«

      Hedda hatte ihr in den Oberschenkel gekniffen.

      Jetzt lächelte Michael und Hedda sah ihn böse an. Aber geschwind hob er abwehrend die Hände.

      »Von mir erfährt niemand etwas. Wenn ihr es so wollt.«

      »Ach, Unsinn«, sagte Anna.

      Doch die fröhlich gelöste Stimmung hatte das Taxi verlassen.

      6

      »Du willst was?«

      Die Freude über das Wiedersehen hatte ganze zwölf Minuten angedauert. Obwohl sie mit aberwitzigen Merkwürdigkeiten ihres Sohnes gerechnet hatten - kein Wort über Nora ... generell kein Wort über Frauen, über Beziehungen ... kein Wort über seine berufliche Zukunft ... keine Diskussion über Äußerlichkeiten -, hatte er sie doch wieder überrascht.

      »Du willst eine Innenkabine?«

      Sein Vater schüttelte den Kopf, doch Michael ließ nicht mit sich reden.

      Er wusste nicht, warum er das mit der Innenkabine vor Anna und Hedda behauptet hatte, es war einfach so gesagt. »Innenkabine!«

      Vielleicht passte das zu dem Bild, das sie von ihm hatten, und das er bereit war, auf dieser Reise zu leben. »Bist du tatsächlich Seemann?«, hieß dann wohl auch, dass er ihnen schon vorher aufgefallen sein musste.