Unendlich. Katie Sola. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katie Sola
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180525
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Wohnzimmer heraus, die Arme fest um den Körper geschlungen.

      „Benny? Etwa der Pferdejunge?“, lachte Konstantin, was ihm einen bösen Blick von Marianna einbrachte. Augenblicklich verstummte er.

      „Er geht mich nichts mehr an. Er will nichts mehr von mir wissen und ich nichts mehr von ihm.“ Es war genau das, was er mir gestern gesagt hatte. Und ich würde es nie wieder vergessen können. Die Worte hatten sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Wenn es still war, konnte ich seine Stimme wieder hören. Immer wieder warf er mir das Gleiche an den Kopf. Er hatte Recht. Fuck, natürlich hatte er Recht, das hatte er immer gehabt. Das Problem war nur, dass ich es nicht hören wollte. Wir hatten schon immer in verschiedenen Welten gelebt, die nicht zusammenpassten. Er hatte sich gewünscht, dass es anders laufen würde und manchmal war es einem Teil von mir ganz genauso gegangen. Aber es hatte nicht funktioniert. Ich hatte es eingesehen. Er hatte mich verändert, mich zu einer Person gemacht, die ich nicht war und auch niemals sein würde. Es würde auch einfach keinen Sinn machen, mich weiter zu verbiegen oder ihm weiter hinterher zu trauern.

      Und so half mir das, was gestern Abend geschehen war, wieder zu der Jo zu werden, die ich vor Benny gewesen war. Das war ich. Eine junge Frau, die gerne feierte, flirtete und die Partys brauchte, um sich lebendig zu fühlen. Das war ich. Und das würde ich immer bleiben. Alles andere wäre nur ein Wunschgedanke. Ein netter Traum vielleicht. Aber nicht die Realität.

      Kapitel 2 – Dezember 2018

      „Jo!“

      Shit. Ich hatte es nur bis zur Haustüre geschafft. Zwei Sekunden. Mehr hätte ich nicht gebraucht, um zu meinem entspannten Abend zu gelangen. Mit einem übertrieben freundlichen Lächeln drehte ich mich um. Mein Blick blieb kühl, so wie es unser Verhältnis schon seit langer Zeit war. „Vater.“

      „Wo willst du hin?“ Mit vor der Brust verschränkten Armen stand er im schmalen Flur unseres Einfamilienhauses.

      „Ich gehe aus.“ Meine Hand lag schon auf der Türklinke. Ich brauchte sie nur noch nach unten zu drücken und dann wäre ich frei. Zumindest für den Abend.

      „Es ist Donnerstag.“

      „Ja, und? Ich bin Studentin, wir gehen auch unter der Woche aus.“ Und ich bin dir keinerlei Erklärung schuldig, fügte ich in Gedanken hinzu. Ich bin alt genug, um mein eigenes Leben zu leben. Du hast mir schon lange nichts mehr zu sagen.

      „Das ist schon das dritte Mal in diesem Monat.“

      „Ich bin volljährig und das nicht erst seit gestern. Du kannst mir nicht vorschreiben, was ich tun und lassen darf.“

      „Jo“, seufzte er. „Lass das doch nicht an mir aus. Ich kann auch nichts dafür.“

      „Ich lasse nichts an dir aus. Im Gegensatz zu dir habe ich auch noch ein Leben außerhalb dieses Hauses und möchte nicht den ganzen Tag neben dem Telefon sitzen. Das ist ein großer Unterschied.“ Wütend funkelte ich ihn an. Es war gemein, was ich sagte, aber ich hatte das Gefühl, dass ich anders nicht mehr mit ihm kommunzieren konnte. Nicht einmal ein Streit kam zustande. Ihm schien alles egal zu sein.

      „Du warst lange nicht mehr bei ihr. Vielleicht solltest du sie wieder besuchen gehen.“

      „Und dann was? Glaubst du, dass es irgendein Wunder bewirken wird? So wird es nicht kommen und deshalb werde ich bestimmt nicht mein Leben wegwerfen und hier drin versauern. Reicht doch, wenn einer von uns das tut.“

      „Du könntest mehr für die Uni tun. Ich dachte, dein Studium sei dir wichtig?“ Wieder keine Reaktion.

      Ich rollte mit den Augen. Es war so typisch für ihn, dass er jetzt mit dem Thema anfing. „Ja und ich bin gut. Ich habe alle meine Prüfungen bestanden und werde auch die nächsten im Januar locker bestehen. Und selbst wenn nicht, dann studiere ich eben ein Semester länger. Letztendlich interessiert es keinen ob ich meinen Bachelor in der Regelstudienzeit geschafft habe oder nicht. Die meisten brauchen sowieso länger.“

      „Das stimmt nicht. Mich interessiert es. Jo, du weißt, dass ich dir alles ermöglichen werde und dich zu nichts zwingen werde, aber du kennst auch unsere Lage.“

      „Was willst du mir damit sagen? Mach es kurz, Milena wartet auf mich.“ Mein Griff um die Türklinke verstärkte sich. Ich bewegte sie nach unten. In Richtung Freiheit. In Richtung Spaß und Leben. Weg von der trostlosen Einöde und seinen stillen Vorwürfen, die in der Luft hingen.

      Mein Vater seufzte schwer auf. Seine Haare wirkten in dem fahlen Licht der Lampe noch grauer, die Falten auf seiner Stirn traten noch deutlicher hervor. „Nichts, Jo, nichts. Hab Spaß da draußen.“

      Ich rollte nur mit den Augen und öffnete die Tür. Das wäre auch deutlich schneller gegangen oder hätte sich ganz vermeiden lassen. „Bis morgen.“

      Falls er sich noch verabschiedete hörte ich es nicht mehr. Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und beißende Kälte erwartete mich. Es interessierte mich nicht, dass sich die ersten Minuten wie tausende Nadelstiche auf meiner Haut anfühlten. Ich wollte gut aussehen und da passten eine dicke Wollmütze und ein unförmiger Wintermantel nicht dazu. Das war etws für Streber und Loser und ich zählte mich zu keiner der beiden Gruppen hinzu.

      Milena und Rafael warteten schon an der Kreuzung am Ende der Straße auf mich.

      „Sorry, mein Alter hat gerade ein bisschen Stress gemacht“, rief ich den beiden noch im Laufen zu. Ich konnte nicht anders, als erneut mit den Augen zu rollen.

      „Noch immer?“ Milena stöhnte mitleidig auf. „Du Arme.“

      „Warum denn das?“, fragte Rafael neugierig.

      „Er meinte, dass ich wohl zu oft feiern gehen und dadurch die Uni vernachlässigen würde. Was ja wohl komplett übertrieben ist. Ich meine, ich bin immer noch eine der Besten im Studium.“

      „Willst du damit wieder auf deine 1,3 in der BWL-Klausur anspielen? Oder verschonst du uns heute damit?“

      „Du hättest auch eine haben können“, erwiderte ich trocken.

      „Lasst uns nicht über Uni oder nervige Eltern reden. Der kriegt sich irgendwann schon wieder ein“, wechselte Milena schnell das Thema.

      „Hoffentlich“, murmelte ich, auch wenn ich langsam die Hoffnung aufgab. Aber genau deshalb war ich hier. Ich wollte nicht mehr nachdenken.

      „Du siehst aber echt heiß aus, Jo. Willst du etwa heute Abend jemanden mit nach Hause nehmen?“ Anzüglich wackelte Milena mit den Augenbrauen.

      „Du weißt genau, wen ich im Auge habe.“ Vielsagend zwinkerte ich ihr zu.

      „Oh, dann ist es heute Abend also soweit?“

      „Ich hab gehört, dass er auch da sein soll. Also mach dich darauf gefasst, dass es heute Abend sowas von soweit ist.“ Lachend hakte ich mich bei meiner besten Freundin unter. Dafür liebte ich sie. Es dauerte nur ein paar Minuten und schon war meine schlechte Laune vergessen.

      „Das wird aber auch Zeit. Wie lange stehst du schon auf ihn?“

      „Zu lange“, seufzte ich. „Ich wusste es schon direkt am ersten Tag in der Uni als ich ihn gesehen habe. Und seitdem ist einfach gar nichts passiert. Wir haben uns noch nicht einmal allein getroffen. Kannst du das glauben?“

      Milena schüttelte nur den Kopf. „Unglaublich, dass ein Kerl dir so lange Zeit widerstehen kann.“

      „Hallo? Ich habe es auch geschafft?“, protestierte Rafael hinter uns.

      „An dich hab ich mich ja auch nicht rangemacht“, erwiderte ich trocken. „Aber wenn, dann hättest du sowas von keine Chance.“

      „Pf, das denkst auch nur du.“

      „Keine Sorge, du bist der kleine Bruder meiner besten Freundin und damit sowieso uninteressant.“

      Milena formte mit den Lippen ein stummes „Danke“ in meine Richtung. Ich schüttelte