Die letzte Zukunft oder Tränen der Galaxie. Holger Rutkiewicz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Holger Rutkiewicz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753144108
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habe vor vielen, nicht zählbaren Kamlons etwas erschaffen, was einige Sonnensysteme und ein Universum zum Erlöschen gebracht hat. Deine Spezies war nicht immer auf dem heutigen Stand der Wissenschaft. Genauer gesagt, es ist bereits euer vierter Neustart. Deine Kultur, deine Zivilisation … nichts anderes als eine teilinterpretierte Form längst erloschenen Wissens. Skulpturen, unerklärbare Artefakte, nichts anderes als stehende Fakten, die noch immer von zahlreichen Gelehrten verleugnet werden. Aber ich war da, Kotani.

      Einst glaubte ich, dass die Zeit reif wäre, einigen Zivilisationen schneller zum Übergang in die nächste Bewusstseinsebene zu verhelfen, um diesem Universum bei der netzartigen Besiedlung zu helfen. Hier eine Erkenntnis, da eine neue Idee. Doch weder beim ersten noch beim zweiten Start war diese Spezies bereit für mein Geschenk.

      Und meine damalige Arroganz ließ mich nicht erkennen, dass dieses Geschenk mehr ein Fluch für euch gewesen war. Anfänglich glaubte ich, wenn mir nur mehr Zeit zur Verfügung stünde, würde sich alles geordnet entwickeln. Ihr würdet euch entfalten, würdet lernen, würdet reifen.

      Also änderte ich eure biologische Struktur. Es war keine Seltenheit, dass viele von mir der ausgesuchten Gelehrten und Führer weit über sieben Kamlons alt wurden. Heute ein undenkbares Alter … undenkbar und in die Geschichte der Mythen verbannt. Doch zu damaligen Zeiten einfach Normalität.

      Aber ich wurde ungeduldig, denn auch mir war es nicht möglich, die Zeit zum Stillstand zu bringen. Ständig und immer wieder wurden dieselben Fehler von euch gemacht. Ganz gleich, ob ich in verschiedenen Epochen auftauchte oder länger unter euch verweilte. Mal waren es nur zwei, ein anderes Mal achttausend Kamlons. Ihr kamt einfach nicht über einen Punkt zum Aufstieg hinweg.“

      „Was wäre der nächste Schritt oder Punkt gewesen?“

      „Eurer eigenen Vernichtung zu entgehen. Doch leider stets dasselbe Ergebnis. Welchen Neustart und welche Bedingungen ich auch für euch geschaffen hatte, es endete stets mit eurer Vernichtung. Nur ein einziges Mal gab es da diesen Moment, zum Greifen nah. Doch irgendeine Phase der Zeitverkopplung wurde durch etwas oder irgendwen mit einer verzerrten Singularität manipuliert.

      Ich brauchte mehr Kraft, mehr Energie. So viel wie ich diesem Planeten nur entreißen konnte. Viele Ideen hatte ich in die Köpfe der Wissenschaftler gespiegelt. Ich musste oftmals schmunzeln. Sie hielten es für eine göttliche Eingabe. Sollen sie nur, dachte ich, und ein wenig genoss ich es auch manchmal.

      Später dann entstanden erst kleine technische Wunder. Danach riesige beziehungsweise beinahe unkontrollierbare Kraftwerke. Gewaltige Pyramiden wurden nach meiner Anleitung errichtet, um das Magnetfeld des eigenen Planeten anzuzapfen. Diese Giganten wurden akribisch auf sensible Punkte des Planeten platziert. Nur dadurch konnte man ein Netz dieser Energietransformatoren nutzen. Höchst simpel, aber es war die benötigte Menge der Energie für mich. Kraft, die ich so dringend benötigte, um annähernd das Gleichgewicht in dieser Galaxie wiederherstellen zu können.

      Energie, welche wiederum auch notwendig war, um endlich in meine Zeit oder doch wenigstens in mein Universum zu gelangen. Jedes Handeln, all mein Zutun, ständig verbunden mit dieser Angst, entdeckt zu werden.

      Gerade in den Anfängen jeder von mir erschaffenen Zivilisation von Primitiven durch eine Unaufmerksamkeit gejagt oder umgebracht zu werden … nicht auszudenken.“

      „Was bist du?“ Kotani meinte, sich im Geist selbst verlassen zu wollen.

      „Ich spüre deine Ängste, mein Freund. Es ist wie beim letzten Mal, als ich dir davon erzählte. Aber es gab auch Abschnitte, in denen ich Überlegungen traf, ein einfaches Dasein unter euch zu fristen. Wie du hatte ich eine Partnerin. Wie du hatte ich Kinder. Schau nicht so entsetzt. Ich ließ keine Chance verstreichen, um nicht doch noch alles zum Guten zu wenden. Nur durch meine eigene intensive Vervielfältigung, einhergehend mit Manipulationen eures Erbgutes, ist dies alles möglich gewesen“.

      „Es wäre doch einfacher, sich mit deiner eigenen, woher du auch kommen magst, Partnerin hier zu vervielfältigen. Diese Schermo oder so…“

      „Wohl wahr, aber dann wäre eure Spezies noch weniger unberührt, oder? Nein, es gibt und gab nur immer wenig Möglichkeiten, alles in seinen Ursprung zurückzuversetzen. Und du, mein Freund, wirst mir dabei helfen.“

      „Ich kann keinen klaren Gedanken fassen, und überhaupt: meine Frau und meine Kinder?“

      „Nicht dieses Mal. Und das mit deinen Gedanken regelt sich von selbst. Spätestens wenn sich dein Geist mit meiner Spieglung arrangiert hat. Vertrau mir, es war bisher immer so.

      Für morgen konnte ich einen Flug in das Plaxos-Quandom organisieren. Also sei ausgeschlafen, mein Freund.“

      „Plaxos-Quandom? Warum dieses Quandom? Da ist doch nichts, rein gar nichts“.

      „Richtig! Ein idealer Ort, um unbemerkt zu springen. Niemand wird etwas bemerken, denn im Grunde genommen sind wir nicht hier beziehungsweise nie da gewesen.“

      „Wieso springen, wenn wir doch sowieso schon fliegen? Fliegen wir doch einfach dort hin. Ganz offiziell. Was spricht dagegen, Uribijen ganz offiziell zu retten? Und … was ist mit dieser Schermo?“

      „Wir werden dort nicht hinfliegen. Dieser Ort ist nicht einmal für mich unter natürlichen Umständen zu erreichen.“

      „Warum?“

      „Ganz einfach. Anderes Universum, andere Parallele und Ebene. Auch versetzte Epochen.“

      „Mir ist aufgefallen, ‚mein Freund‘, du hast für alles eine Erklärung, doch beantwortest du nicht wirklich meine Fragen, Cyrril. Warum benötigst du gerade meine Hilfe. Und was hast du mit dieser Schermo?“

      Für einen winzigen Augenblick schien die Zeit für diesen Ort eingefroren. Cyrril hatte mit all seiner Unbarmherzigkeit Kotani in seinem Gedankenspiegel gefangen.

      Erinnerungen, Bilder, Gefühle und sterbende Gedankenstücke ließen Kotanis Seele zerreißen. Er war es selbst, Kotani. Durch ihn war sein eigener Planet Uribijen zum Untergang verurteilt.

      Einen Augenblick, kurz bevor Cyrril ihn losließ, sah Kotani sich selbst. Eingefallen, die Finger dünn und eingerissen. Seine Schläfen waren weiß wie der Wüstensand von Umtos und wie ein Hauch von einem Stofffetzen seine gealterte Haut. Die eigene tote Partnerin, deren Körper noch heiß und zerflossen in seinen Armen lag. Auch sah er die gemeinsamen Kinder, die lieber nie geboren hätten werden sollen. Seine Beine zerschmettert und vom Rest des Körpers getrennt. Cyrril sah ihn nun wie einen Fremden an.

      „Morgen also, und dieses Mal allein.“

      Die Sonne war noch nicht aufgegangen, und ein sanfter Wind, welcher über den Startkegel wehte, schien heute besondere Partikel von Feuchtigkeit in sich zu tragen.

      Cyrril hatte sich auch dieses Mal für eine leichte Pyramiden- beziehungsweise abgestumpfte Kegelform des Flugobjekts entschieden. Er benötigte genau dieses antiquierte Gerät, welches mit schwer isotopischem Quecksilber und einer Heliummembran als Herzstück versehen war. Denn nur mit diesem würde er in einer gekrümmten Gravitationswelle auch im Notfall eine andere Parallele aufsuchen können.

      Sie hatten gerade ihre Plätze eingenommen, als sie sich vom Kontrollcenter verabschiedeten und Cyrril ihm zuzwinkerte.

      „Dieses Mal wird alles anders. Ganz sicher.“

      Kotani sah vor sich auf die lebhafte Bildspiegelung, als ihm ein Déjà-vu ereilte, und ihm ein Schauer über den Körper jagen ließ.

      „Also dann, auf nach Plaxos“ murmelte er vor sich hin.

      Ungewöhnlich schnell hatten sie Plaxos erreicht. Noch ungewöhnlicher aber war, sie befanden sich an einem Ort, welcher offenbar nichts mit Plaxos zu tun zu haben schien. Plötzlich erschien direkt neben ihnen eine Struktur.

      „Was ist das?“

      Cyrril blickte lächelnd zu Kotani. „Das fragst du mich jedes Mal. Das, mein Freund, ist Schakun. Unser Transporter und Begleiter.

      Es ist das Letzte und das Einzige