Die letzte Zukunft oder Tränen der Galaxie. Holger Rutkiewicz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Holger Rutkiewicz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753144108
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Was meinst du mit ‘gefallen … tiefere Ebene‘?“

      „Ich hatte schon mehrmals alles für diesen Punkt im Zeitgeflecht vorbereitet. Aber so bist du genauso nutzbringend wie die Asche von Kambal. Hier, wir müssen in diese Richtung.“

      Sie umschlingt mit ihren langen schlanken Fingern meinen Arm. In meinem Kopf blitzt ein Gedanke auf: Atme noch nicht so tief.

      Diese Weiche im Zeitenwandel ist mit fadem, gelblichem Licht gesättigt.

      Mit fester werdenden Schritten durchpflügen wir den dunklen, gläsernen Sand, welcher uns an diesen Ort fesseln möchte. Vorspringende Felsformationen scheinen mit jedem getakteten Augenblick ihre Struktur zu wandeln. Befinden wir uns immer noch im Sprung? Meine eigene Realität ist nicht greifbar. Auch vermag ich nicht die Zusammenhänge des körperlich-geistigen Gleichgewichts herzustellen.

      „Hier, dieser Gang, duck dich, halte dir die Augen zu … warum fällt es dir so schwer …“ höre ich noch ihre Stimme dumpf in meinem Kopf, und wieder springen wir. Doch dieses Mal ist es anders. Es scheint mir vertraut, beängstigend vertraut. Wieder dieser scharf-gläserne Sand und dieses Blitzen in meinem Gedankengeflecht.

      „Geh aus meinem Kopf und diesmal kein Sorymyn,“ stammele ich.

      „Nur noch fünf Mal.“

      „Nein, auch nicht zwei- oder einmal. Du sagst mir endlich, was los ist!“, kommt es überlaut aus meinem Mund.

      „Oh, ich sehe, deine Lippen und deine Stimme erinnern sich an ihr früheres Dasein. Aber gut, es mag so sein. Schließlich gehorcht uns endlich dieser Tunnel der Zeit, denn wir gehören zu ihm. Wo fange ich für dich an, oder besser: Was möchtest du, nein, willst du davon glauben?“

      Wieder scheinen ihre großen Augen mich verschlingen zu wollen. Auch ist mir ihr Geruch vertraut. Ich fühle mich, als wäre ich bereits seit Zeiten in diesem dumpf-gelblichen Zwielicht gefangen.

      Mir wird kalt, dieser Zustand der Phasenverschiebung lässt mich beinahe erstarren. Viele verwirrende Gedanken schweben durch meinen Kopf und lassen mich ermüden.

      Ruhe, ich benötige nur Schlaf. Ich mag meine Augen einfach nicht öffnen. Auch gehorchen meine Gliedmaßen mir nicht mehr.

      Kapitel 2

       … ein letztes Mal …

      „Tribolt! Bankari! Eure Mutter ist bald zu Hause! Kommt, beendet noch eure Aufgaben von heute Morgen.“

      Kotani ist ein liebevoller, aber doch resoluter Vater. Auch wenn seine Sprösslinge kurz vor ihrer zweiten Schlussprüfung stehen und auch das Elternhaus eigentlich bereits verlassen könnten, genießt ihr Vater das bedingungslose Vertrauen, welches ihm entgegengebracht wird. Kotani ist seit vielen Jahren wissenschaftlicher Berater für Analysen und Nachweisen pol-gebündelter Gold-Ionen in der Ionosphäre.

      Seit einigen Monaten schon ist Kotani beinahe wie besessen in seine Arbeit vertieft. Seine Kinder vermissen immer häufiger das Rumalbern und Necken mit ihrem Vater.

      Viele Tage und Monate waren nun bereits vergangen, als Bankari überaus erfreut von ihrer ersten Arbeitsstelle nach Hause kam. „Ich arbeite ab heute mit einem merkwürdigen Gelehrten zusammen. Nett, aber doch merkwürdig. Als ich fragte, wo er denn studiert habe, meinte er in Soruno. Ich kenne Soruno weder als Ort noch als Fakultät. Und als ich ihn ungläubig ansah, schien es ihm irgendwie unangenehm zu sein.“

      „Du musst, dich verhört habe. Na, und wenn du jemanden ansiehst, ist es schon irgendwie unangenehm,“ stichelte Kotani verschmitzt.

      „Sein Fachwissen ist für mich einfach nicht greifbar oder gar logisch. Er hatte mich heute flüchtig mit der These konfrontiert: Welcher Zusammenhang bestünde wohl zwischen dem Raumzeitgefüge und den sich schnell bewegenden schwarzen Löchern im Universum. Der Aabe‘ …

      „Er ist ein Aabe‘?“, unterbrach Kotani.

      „Ja. Der Aabe‘ meinte beiläufig, dass die Kraft, welche von einer unendlichen Vielzahl dieser dunklen Massen ausginge, verantwortlich dafür sei, dass unser Universum in den dafür bestimmten Bahnen zusammengehalten wird. Ein fließender Magnet, deren Eigenschaften genauso manipulierbar wäre wie eine Flüssigkeit. Oder auch feste Elemente, welche sich in einen oder mehreren Zuständen wandeln ließen. Idealerweise Cekanium oder auch Gold. Das Element sollte die Anzahl von Protonen stabil halten, obgleich durch Veränderung der natürlichen Nuklide deren Charaktere wandelbar werden könne.“

      „Gold? Hat er Gold gesagt? Wo kam er noch gleich her, Soruno?“ Kotani rieb nachdenklich seine Stirn. „Und was sagtest du, wie sein Name sei?“

      „Hm, den habe ich nicht wirklich gehört. Nur, dass er Aabe‘ sei.“

      Nochmals folgte Kotani in Gedanken den soeben gehörten Worten und murmelte leise…“Cekanium oder Gold.“

      Kann es sein, dass sich die Lösung zum Greifen nah direkt vor mir befindet? Unser eigener Planet -Uribijen- hat allenfalls 250, bestenfalls jedoch noch 300 Zyklen vor sich. Niemand ahnt etwas von dieser sich anbahnenden Katastrophe. Nur eine Handvoll Eingeweihter oder besser Eingeschworener, der fähigsten, die dieser Planet je hervorbrachte. Bestehend aus den klügsten Wissenschaftlern und Querdenkern, welche hilflos, permanent bereits seit einigen Zyklen nach Lösungen suchen.

      Noch wenige Zyklen, und dieser Planet wird seiner Atmosphäre beraubt sein. Viel zu spät wurde bemerkt, dass sich die natürliche Umlaufbahn des Heimatplaneten allmählich in eine Exzentrische veränderte. Völlig unverhofft entartete die Galaxie, in der sich Uribijen befand, zu einer durch Raumwellen gebrochenen Liner-Opfergalaxie.

      Niemand ahnt, dass diese Raumwellen experimentell und beinahe dem Größenwahn ähnelnd, künstlich erzeugt wurden. Seit einigen Kamlons jagen diese nun zeitversetzt durch Universen und entzünden auf ihrem Weg der Vernichtung jede Galaxie, die ihnen keine Kompatibilität entgegenbringen kann.

      Viel zu schnell würde sich nun die Heimatgalaxie zu einer Transformer-Galaxie verändern und schließlich letztendlich zum Quasar wandeln. Das Einzige, was von allen bliebe, wäre ein grelles Aufleuchten, welches über einer unendlichen Entfernung noch zu sehen ist.

      … Ich kann und mag mir die kommenden Szenarien nicht vorstellen wollen …

      Eine gigantische Menge von kristallinen Cekanium- oder auch Goldnanopartikeln in der Ionosphäre könnte unter Umständen tatsächlich die Lösung bedeuten. Wie aber machbar und woher so eine gigantische Menge beschaffen? Es scheint ein Teufelskreis zu bleiben. Und Zeit ist das, was wir nicht haben.

      So in Gedanken versunken wippte Kotani auf seinem Stuhl, als plötzlich eine Übertragung ihn aufschrecken ließ.

      „Hast du mich vergessen? Wir wollten uns heute bei meiner Mutter treffen. Wo bleibst du denn?“ Kotanis Partnerin schien ein wenig genervt, denn immer öfter kam es vor, dass er sich mehr der Arbeit verbunden schien als mit der Familie.

      „Natürlich habe ich es nicht vergessen, bin bereits unterwegs.“

      Anrid, Kotanis Partnerin, war Spezialistin für Linguistik, Morphologie und Syntax an der hiesigen Universität. Selbst sie wurde von Kotani nicht eingeweiht. Gerade als er aus dem Haus ging, schnellte ein Gedanke durch seinen Kopf. Zum Fassen nah und doch wieder fort. Er sah sich um. Für einen unbedeutenden Augenblick schien er sich gegenwärtig in Trance zu befinden. Er glaubte, noch eben eine Gestalt neben sich zu spüren, aber nein, da war niemand.

      Viel Zeit war vergangen, doch noch immer war man einer Lösung nicht nähergekommen, um den Planeten zu retten. Stattdessen immer öfter diese Ohnmacht, diese verzerrten Gedankenwelten in Kotanis Kopf.

      Er hielt plötzlich eine Dissertation in den Händen und starrte auf Formeln, welche jedoch keinen Sinn ergaben. Was soll das? ging ihm durch den Kopf. Auf der letzten Seite des Dossiers las er Aabe‘ und … Soruno. Hatte nicht vor geraumer Zeit Bankari von einem Aabe‘ aus Soruno gesprochen? Was soll das hier alles, mir platzt der Schädel, und uns läuft die Zeit davon …

      Doch