2050. Jennifer Schumann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jennifer Schumann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783754927403
Скачать книгу
die Tür dorthin zuzog. Sofort ging er in die Knie und rutschte zu Linda unter das Bett.

      Es war eng dort, was Linda aber nicht daran hinderte, ihm Daumen-Hoch zu signalisieren. Erik tat es ihr nach. Die erste Etappe hatten sie geschafft.

      Es dauerte ein paar Minuten, dann änderte der grün blinkende Punkt im Sichtfeld seine Farbe zu gelb. Erik lächelte. Jakes Team hatte seine Position eingenommen.

      Jetzt hieß es erneut warten.

      Ihr Versteck unter dem Bett war dank des flauschigen Teppichs erstaunlich bequem. Erik blickte auf die Anzeige, die ihm die Zeit bis zur voraussichtlichen Ankunft des Präsidenten angab. Die Zahlen änderten sich nur gemächlich. Er hoffte, dass Joannas Kontrolltrupp die richtige Eskorte anpeilte. Ihm war zu Ohren gekommen, dass man für beide Zielpersonen mehrere Konvois vom Konferenzzentrum zum Hotel losgeschickt hatte, um mögliche Attentäter in die Irre zu führen.

      Erik würde sich nicht beschweren, wenn irgendein Verrückter ihnen die Arbeit abnahm. Aber das hatte noch nie funktioniert. Sie würden ihre Mission wie üblich selbst erledigen müssen.

      Eriks Gedanken wanderten zurück zu dem Tag, an dem die halbe Welt den Kopf über die Wahl dieses Präsidenten geschüttelt hatte. Damals war er noch als Personenschützer für diesen Mann tätig gewesen. Aber es wurde ihm mit jedem Tag unmöglicher, das eigene Leben für diesen Mann zu riskieren. Für jemanden, der wahlweise Land um Land einschüchterte oder gegen sich aufbrachte und der seinen Drohungen allzu gern Flugzeuge, Sprengköpfe und bewaffnete Einheiten folgen ließ, wenn es ihm gerade in den Kram passte. Nicht viel anders als sein Kontrahent da drüben im Osten.

      Erik hatte einmal den Mund zu weit aufgerissen und seine Meinung dazu kundgetan. Noch am selben Tag erhielt er seine Entlassungspapiere. Er wusste nicht, wo er heute stehen würde, hätte nicht eine geheime Organisation des Weltstaatenbundes Kontakt zu ihm aufgenommen.

      Weltstaatenbund war damals noch ein viel zu großes Wort für diesen erstaunlich schnell wachsenden Verband von Staaten. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, ein Bollwerk gegen die Extreme der zwei Großmächte zu bilden – und einen Schutzraum für die Länder, die sich ihm anschlossen. Erik hatte diese Traumtänzer zuerst belächelt, aber es nötigte ihm Respekt ab, wie rasch dieser Verband Zuspruch fand. Ein Land nach dem anderen kam hinzu – selbst einige, von denen er es nie für möglich gehalten hatte, dass sie jemals ihre Souveränität für eine solche Vereinigung aufgeben würden.

      Die stattliche Anzahl der Mitgliedsstaaten hielt untereinander Frieden oder wenigstens Waffenstillstand. Aber eine Möglichkeit, die zwei streitlustigen Großmächte im Zaum zu halten, hatte sich dadurch bisher nicht ergeben. Die Angst vor einem Erstschlag, die in einer besonders heißen Phase dieses Konfliktes rund um den Erdball fegte, war der Grund, aus dem Erik heute hier lag.

      Inzwischen kannte Erik die Strategie des Bundes, war er doch längst selbst Teil davon. Seine Geheimorganisation hatte sich wie ein unsichtbares Netz in alle Länder der Welt vorgearbeitet. Sie wurde immer dann aktiv, wenn ein Land sich vehement weigerte, dem Weltstaatenbund beizutreten. Diese Organisation rüstete ihre Agenten mit einigen hochmodernen, sehr effizienten Erfindungen aus und schleuste sie in die Nähe der Regierung ein, um jene Person oder Personen in aller Heimlichkeit …

      Erik spürte Lindas Ellbogen in der Seite. Er fokussierte den Blick wieder auf seine Datenanzeige:

      »Zielperson Eins – Ankunft im Hotel«

      Erik beobachtete durch die Einblendung auf seiner Datenbrille, wie der Präsident unten beim letzten Sektempfang des Abends mit jovialem Grinsen Hände schüttelte und mit jedem zweiten Satz gegen den Weltstaatenbund, den Organisator dieser Konferenz, stichelte. Aber der Tag und die Nacht im Konferenzsaal waren lang gewesen. Bald zeigte die Kamera in der Eingangshalle, dass Zielperson Eins sich mit ihren Bodyguards zum Fahrstuhl begab.

      Eriks Anspannung wuchs. Dieser Weltkongress war die von langer Hand vorbereitete Gelegenheit, zwei unbelehrbare Staatsoberhäupter mit einem Zug aus dem Spiel zu nehmen. Eine Chance für die Welt, noch einmal vom drohenden atomaren Abgrund zurückzutreten und auf ein besseres, friedlicheres Zusammenleben hinzuarbeiten.

      Die Tür zur Suite ging auf. Erik hörte die Stimme, deren herablassenden Tonfall er ums Verrecken nicht ausstehen konnte. Nach einem kurzen Wortwechsel mit seinen Personenschützern klappte endlich die Tür zu.

      Der Präsident war allein. Erik hörte seine Schritte auf dem Teppich, dann sprang der große Videoschirm im Zimmer an. Die Matratze über ihnen sackte ein wenig ein, als der Mann es sich darauf gemütlich machte. Eine Weile verfolgte er seine eigenen aktuellsten Nachrichten und ließ ein paar Spitzen gegen seine Lieblingsfeinde los.

      Währenddessen schaltete Erik sich auf die Kamera in der Suite und richtete sie auf den Videoschirm aus. Er tippte Linda an und sandte ihr mit einem Blinzel-Code über die Datenbrille das Startzeichen.

      Beide griffen nach ihren Elektro-Stunnern. Langsam und lautlos schoben sie sich gleichzeitig links und rechts unter dem Bett hervor.

      Als Erik sich aufrichtete, sah er auf der anderen Seite des Doppelbetts Lindas Umriss stehen. Der Präsident saß zwischen ihnen. Er trug noch seinen Konferenzanzug, den Schlips hatte er achtlos zu Boden geworfen. Mit verächtlicher Miene starrte er auf das Logo des Weltstaatenbundes, das eben eingeblendet wurde.

      »Ihr werdet mir langsam zu groß und zu lästig, ihr Wichtigtuer. Müsste ich mich nicht ständig mit diesen Schlitzaugen herumschlagen, dann hätte ich eure Bündnisstaaten schon längst in Schutt und Asche gelegt!«

      ›Zu spät, alter Mann.‹

      Erik streckte den Arm aus. In einer synchronen Bewegung näherten sich seine und Lindas Elektro-Stunner dem Hals des Präsidenten. Als sie auf den Auslöser drücken wollten, langte der Mann plötzlich nach dem Whiskeyglas, das auf dem Nachttisch neben dem Bett stand. Dabei traf er Eriks unsichtbaren Arm und erstarrte.

      Erik sah in sein irritiertes Gesicht und spürte den eigenen Herzschlag in der Kehle. Dann presste er den Stunner gegen den Hals des Präsidenten und drückte ab. Ein zweistimmiges Summen der Waffen erklang, als Linda auf der anderen Seite das gleiche tat.

      Der Präsident erzitterte kurz, kippte vornüber und blieb bewusstlos liegen.

      Lindas Umriss tastete nach seinem Handgelenk, prüfte Puls und Atmung. Dann nickte sie. Erik zog eine kleine Tasche hervor. Er entnahm ihr Ampulle und Nadel und setzte dem Mann eine hoch dosierte Betäubungsspritze. Sie drapierten den Schlafenden gemeinsam in eine normale liegende Position und kontrollierten per Flurkamera die Wachposten vor der Tür.

      Dann sendete Erik das OK an Jakes Team.

      Es dauerte keine Minute, bis der kleine Aufzug, der in einem Nebenraum der Präsidenten-Suite eingebaut war, seine Türen öffnete. In die Kabine, wo Hotelangestellte sonst einen Wagen mit exquisitem Essen und Getränken transportierten, quetschten sich die Umrisse dreier Männer.

      Jake stieg als Erster aus. Seine breit gebaute Silhouette war von den beiden anderen gut zu unterscheiden. Einer seiner Bodyguards warf Linda einen Rucksack zu. Während sie ihn rasch öffnete und mit geübten Handgriffen einen weiteren Komplettanzug entnahm und zurechtlegte, winkte Jake seine Begleiter zum Bett. Stumm hoben sie und Erik gemeinsam den bewusstlosen Präsidenten hoch, so dass Linda den auseinandergefalteten Anzug unter ihn legen konnte. Dann ließen sie ihn wieder darauf niedersinken, schlossen den Stoff über Armen, Beinen und Körper, zogen ihm Handschuhe an und einen Helm über den Kopf. Erik verband die Kontakte des Unsichtbarkeits-Netzes am Hals, stellte es scharf und sah in seiner Datenbrille nun einen weiteren Umriss.

      »Ihr zuerst«, befahl er den zwei Bodyguards. Sie zogen den Präsidenten auf die Füße und nahmen den leblosen Körper in die Mitte. Es kostete sie einiges an Anstrengung, ihn aufrecht zu halten. Sie hievten ihn zum Aufzug und quetschten sich mit ihm hinein. Sofort fuhr dieser nach unten. Ein paar Mitarbeiter, die sie schon vor langer Zeit ins Hotel und in die Entourage des Präsidenten eingeschleust hatten, würden ihnen den kürzesten Weg von der Küche hinüber in die Tiefgarage freihalten. Dort wartete ein gut bewachter Wagen auf seinen besonderen Gast. Weiter ging es für ihn zu einem kleinen Flughafen und dann auf direktem Wege