»Weißt du, den Jungs ist das Busfahren ziemlich peinlich. Sie fahren lieber mit den Mopeds herum um selbstständiger und erwachsener zu wirken. Und natürlich auch wegen den Mädchen«, fügte sie augenzwinkernd hinzu.
Nach weiteren zehn Minuten konnten auch wir endlich aussteigen. Doch bis zur Schule hatten wir noch einen Fußmarsch von gut zwanzig Minuten vor uns, da die Busse alle nur im Zentrum hielten. Und so machten wir uns auf den Weg. Maria erzählte munter von der Schule, den Lehrern und von ihren Freundinnen, die sie mir unbedingt vorstellen wollte. Ich war mit meinen Gedanken jedoch ganz wo anders und hörte ihr nur mit halbem Ohr zu. Meine Nervosität stieg und stieg je näher wir der Schule kamen. Auch Maria schien dies zu bemerken, denn sie hakte sich bei mir unter und versuchte mich ein wenig aufzumuntern.
»Es wird schon nicht so schlimm, es wird bestimmt lustig. Und außerdem bin ich ja auch noch da«, sagte sie lachend. –Zum Glück- dachte ich und drückte ihre Hand. Und Maria hatte Recht behalten. Es war überhaupt nicht schlimm. Wir gingen im Gewühl fast unter, so viele Leute waren dort. Zunächst fand eine Einweihungsmesse auf dem Schulhof statt. Dies war Tradition und wurde zum Anfang jeden neuen Schuljahres so zelebriert. Griechenland ist ein sehr religiöses Land, dies merkte man besonders in der Schule. In den Klassenzimmern hingen Ikonen und jeden Morgen wurde erst gemeinsam das „Vater unser“ auf dem Schulhof gebetet, bevor es zum Unterricht ging.
Im Anschluss hielt der Direktor eine kurze Ansprache und wünschte allen Schülern einen guten Start ins neue Schuljahr. Nach der Ansprache des Direktors gingen wir dann in die Klassen, wo sich unsere neuen Klassenlehrer vorstellten. Maria war in meiner Parallelklasse. Etwas enttäuscht war ich schon, da ich gedacht hatte, vielleicht mit ihr in die gleiche Klasse zu gehen.
Nach einer Stunde waren wir dann wieder „frei“, zumindest für den heutigen Tag. Man hatte uns den Stundenplan diktiert und uns dann wieder nach Hause geschickt. Ich traf Maria auf dem Flur und fragte sie wo die Toiletten waren. Maria grinste, nahm mich an der Hand und führte mich hinaus auf den Schulhof. Wir gingen um das Schulgebäude herum und dort stand ein kleines Ziegelsteinhaus. Ich sah Maria fragend an. Sie grinste nur und zeigte auf eine schon etwas morsche Holztür. Das war wohl die Tür zu den Mädchentoiletten. Ich stieß die Tür beiseite und trat hinein. Was ich dann zu sehen bekam verschlug mir den Atem. Plumpsklos! Angewidert trat ich zurück. Das war doch wohl die Höhe. Plumpsklos in der Schule. Damit hätte ich nie gerechnet. Maria grinste immer noch als ich zwanzig Sekunden später wieder vor ihr stand.
Ich war richtig froh als ich aus de Bus stieg und unsere lange Einfahrt hinunterlief. Die Sonne schien und eine sanfte Meeresbrise streichelte mein Gesicht. Hier und da streiften ein paar weiße Schäfchenwolken den strahlend blauen Himmel. Schwalben flogen geschäftig hin und her. Ich atmete die erfrischende Meeresluft tief ein. Es war eine richtige Wohltat aus der Stadt aufs Land zurückzukommen. Dort war alles so hektisch und laut, die Luft voller Abgase.
Ich schloss die Tür auf und schleuderte meine Tasche auf die Bank im Flur. Dann rief ich nach Mami, bekam jedoch keine Antwort. Also machte ich mich auf die Suche und fand Mami schließlich in ihrem neuen Gemüsegarten, wo sie unermüdlich am Unkraut zupfen war. Erstaunt blickte sie hoch als sie mich kommen hörte.
»Bist du schon wieder da? Das ging ja schnell. Erzähl mir mal wie`s war«, bat Mami mich ungeduldig. Und ich erzählte. Als ich dann von den Plumpsklos anfing, bekam Mami ganz große Augen. Sie konnte es kaum glauben und regte sich darüber auf, was für Zustände an der Schule herrschten. Während dessen kam Toni und schlich um meine Beine. Ich nahm ihn hoch und begann ihn zu kraulen. Er war so verschmust, er konnte nie genug bekommen. Unsere Kätzchen hatten sich prächtig entwickelt und dass machte uns richtig froh.
Ellen kam etwas später als ich nach Hause und natürlich hatte auch sie vieles zu erzählen. Mami nahm sich Zeit für uns und hörte sich geduldig alles an. Natürlich durften wir Papi abends auch noch mal von unserem ersten Schultag berichten. Meine Eltern schienen sehr glücklich darüber zu sein, dass bisher alles so gut geklappt hatte, denn wie heißt es so schön: „aller Anfang ist schwer“.
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. In der Schule hatte ich jede Menge Freunde gefunden, denn irgendwie sahen mich meine Klassenkameraden als etwas Besonderes an. Sie wollten einfach alles über meine alte Schule in Deutschland und unseren Umzug hierher erfahren.
In der Klasse saß ich neben Filia, einem Mädchen das auch aus Deutschland hierher gezogen war. Nur war sie keine Deutsche sondern gebürtige Griechin. Ihre Eltern hatten eine Zeit lang in Stuttgart gearbeitet, doch sie sind wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Mit Filia konnte ich auch Deutsch sprechen und das tat mir so richtig gut, denn mit der griechischen Sprache hatte ich noch immer große Schwierigkeiten. Ich verstand zwar fast alles doch ich konnte mich nur schwer ausdrücken. Immer wieder fehlten meinem Wortschatz wichtige Worte.
Wir hatten die gleichen Hobbys und eine Leidenschaft teilten wir ganz besonders; die Liebe zu Tieren. Auch Filia war eine richtige Tierfreundin mit der man im wahrsten Sinne des Wortes Pferde stehlen konnte. Ich erzählte ihr von Maria, Nico und den Pferden und stellte ihr dann Maria vor. Filia war einfach nur hin und weg, denn sie war, wie sich herausstellte auch eine richtige Pferdenärrin. Maria lud sie zu sich ein und Filia nahm das Angebot dankend entgegen. In der nächsten Pause vertraute sie mir an, dass sie sich zu Hause eine Menge Ärger einhandeln würde, da ihre Mutter nicht sonderlich viel für die Pferdeliebe ihrer Tochter übrig hatte. Ich konnte sie verstehen, da auch Mami nicht sonderlich viel von Pferden hielt und immer Angst hatte, uns könnte in der Nähe von Pferden etwas Schlimmes passieren.
Mittags im Bus traute ich meinen Augen kaum. Nico saß neben Maria und winkte mir zu. Verlegen ging ich zu ihnen und grüßte sie. Nico stand sofort auf und bot mir seinen Platz an. Ich spürte förmlich wie ich rot anlief.
»Tina, dich habe ich ja lange nicht mehr gesehen. Wann kommst du uns denn mal wieder besuchen«, sagte Nico und sah mich dabei ein bisschen vorwurfsvoll an. Ich versuchte mich zu rechtfertigen und stammelte: »Ach ja, du weißt schon, die neue Schule und so. Ich habe im Moment ziemlich wenig Zeit«. »O.k. die Ausrede lasse ich gelten. Aber versprich mir, dass du uns Samstag besuchen kommst. Da ist nämlich keine Schule. Und bring deine kleine Schwester mit wenn du magst«, erwiderte Nico. Ich versprach ihm, es zu versuchen.
Kapitel 7
Mami und Papi hatten nichts dagegen einzuwenden, dass ich Nico und Maria am Samstag besuchen wollte. Und so machte ich mich am späten Samstagvormittag mit dem Fahrrad auf den Weg. Ellen wollte lieber mit Mami nach Alex fahren und shoppen. Also fuhr ich allein los.
Die Sonne schien und die Schwalben zwitscherten geschäftig. Es war Spätsommer und so langsam fingen sie an sich zu sammeln, um zu ihren Winterquartieren in den Süden aufzubrechen. Ich radelte ziemlich langsam und genoss es, die frische Meeresluft tief einzuatmen. Es stimmte mich etwas traurig, dass der Sommer nun bald endgültig vorbei sein würde. Schließlich wusste keiner von uns, wie es hier im Winter sein würde. Ich verwarf diese trüben Gedanken schnell wieder, denn ich war fast an meinem Ziel angelangt. Zu meiner rechten Seite erstreckten sich die ersten Weidezäune und die Stallgebäude und das große Wohnhaus lagen direkt vor mir. Auf dem Hof war niemand zu sehen. Ich beschloss mein Fahrrad an der Stallmauer abzustellen und zunächst zum Haus zu gehen.
Langsam stieg ich die Treppen zur großen Veranda hinauf. Es war mir nun doch etwas unangenehm und irgendwie