Das Instinktverhalten ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal biologischer Klassifizierung von Arten. Instinkte sind assoziative Reaktionen oder zu Algorithmen verbundene Assoziationen. Sie sind durch Erfahrung nicht veränderbar oder ersetzbar. Ein in Instinkten programmiertes Verhalten ist starr, zumal drohende Gefahren oder sich bietende Chancen bereits in der evolutionären Genese des Instinktes berücksichtigt und eingearbeitet wurden. Wenn Gnus, ihrem Herdinstinkt folgend, sich in den Mara-Fluß stürzen werden sie nicht selten zu Opfern der Krokodile. Ihr Herdinstinkt hilft ihnen eine wichtige Weide zu finden, doch zwingt sie dieser Instinkt gelegentlich auch in den Tod durch Krokodile. Auch wenn sie Krokodile im Fluss sehen folgen sie ihrer Herde. Wenn die Maus instinktiv nach jedem Fleischhappen greift, wird sie irgendwann in der Mausefalle landen. Wer sich wie die Kinder von Schimpansen ausschließlich an der Mutter und nicht auch an Ersatzmüttern oder Vätern orientiert wird nicht selten auch sterben, so der Mutter etwas zustößt. Instinkte sind großartig entworfene- und komplex aufgebaute-, das eigene Leben schützende Verhaltensweisen von Tier und Mensch, doch fehlt ihnen jede Form von Improvisation. Ist ein Instinkt ausgelöst, so wird er einem gegebenen Muster folgen und manchmal auch zur Todesfalle werden. Instinkt-geleitete Tiere halten an ihrem Verhalten fest, auch wenn sich das Umfeld oder das Klima ändert. Vor ca. 65 Millionen Jahren kam es in Yucatan im heutigen Mexiko zu einem Einschlag eines Meteoriten, der weite Gebiete unserer Erde mit einem Regen aus Asche und Hitze überzog und mit einem Staub aus Schwefel, Kohlendioxyd und Gips die Atmosphäre veränderte. Schon vor diesem Ereignis, so die Forschung heute, wurde ein Schwund der Population der Saurier angenommen, dessen Ursache man nicht kennt. Der Meteorit aber versetzte einer schwindenden- und instinktgeleiteten Population von Saurierriesen den letzten Todesstoß. Übergroße- und zu einem Rückzug in schützende Regionen unfähige Dinos mussten sterben. Kleine und sich in Erdlöchern verkriechende Dinosaurier überlebten und wurden schließlich zum Ursprung unserer prächtigen Vogelwelt. Von der Evolution entwickelte Größe kann Kraft, aber mitunter auch den Tod bedeuten und gleiches gilt für alle genetisch verankerten Verhaltens-weisen in Instinkten.
Wenn wir von Trieben oder Instinkten sprechen, so denken wir v.a. an Verhaltensweisen von Tieren und vergessen, dass auch menschliches Überleben durch Instinkte erst möglich wird. Wer zu atmen beginnt, weil er von der Kühle der Luft seines kurzen Daseins nach der Geburt irritiert wird, rettet sich, indem er zu atmen beginnt. Wer an der Brust der Mutter zu saugen beginnt folgt einem genetisch vorgegebenen Plan, einem Trieb oder einem Instinkt. Und wer sich in Notwehr sein Leben schützt hat keine Zeit zu überlegen. Ihm hilft der Trieb oder sein Instinkt, mit denen er sich schützt. Menschliche Mentalität beginnt früh in der biologischen Evolution und Triebe oder Instinkte gehören dazu.
4. Die Intelligenz der Unterscheidung:
Im Wandel von der grünen Welt verwurzelter Pflanzen zur mobilen Welt der Tiere offenbart sich Entwicklung oder Evolution. Entwicklung aber ist mit „Irritation und Reaktion“ noch nicht erklärt. Wer sich in einem gegebenen Umfeld wohl fühlt wird Veränderungen nicht anstreben. Ein zweites Prinzip muss hinzu kommen, die biologische Evolution zu erklären. Dieses zweite Prinzip bedeutet: Auf Irritationen wird nicht nur reagiert. Auf „Irritationen wird unterschiedlich reagiert“, wird mit den Worten der Ethologie „topisch“ oder „phobisch“ reagiert. Irritationen sind angenehm, vermitteln Wohlgefühl, Zustimmung und werden akzeptiert oder sie sind störend, schmerzhaft, bedeuten Gefahr und werden abgelehnt. Die ersteren werden akzeptiert. Auf die letzteren reagiert man mit Ablehnung und Abwehr, sie werden phobisch beantwortet. In der Ethologie spricht man von „topischer Reaktion“, wenn das Tier „ohne Versuch und Irrtum die günstigste Raumrichtung“ anpeilt, während eine „phobische Reaktion“ auf eine Information folgt, die eine Richtung anzeigt, in die sich das Tier nicht bewegen soll. Jede sensorische Wahrnehmung muss entscheiden, welche Reaktion dem evolutionären Akteur Tier und Mensch nützt oder schadet. Eine sensorische Intelligenz muss die richtige Entscheidung treffen.
Eine Intelligenz der Unterscheidung sichert bei Tier und Mensch das Überleben und bestimmt die tierische Evolution. Mit „, senso-motorischer Intelligenz“, mit dieser für Tier und Mensch wichtigen Grundlage, beginnt die beschriebene mentale Entwicklungslinie zum Menschen. Sie beginnt vor Milliarden Jahren, macht Tiere und Menschen lebensfähig und erhält schließlich auch den Menschen am Leben. Reagieren beschreibt jedoch nur eine Hälfte des senso-motorischen Prozesses. Das Reagieren muss gerichtet sein und muss das Nutzlose oder Gefährliche vom Angenehmen, vom Wohltuenden oder Nützlichen unterscheiden. Eine Intelligenz der Unterscheidung, eine intelligente Analyse der Situation muss hinzu kommen, in der ich mich in einem gegebenen Umfeld befinde. Um intelligent-, lebensförderlich- oder lebenserhaltend reagieren zu können muss ein Tier die Möglichkeit haben mit seinen Sinnen eine Strategie zu entwerfen. Diese intelligente Strategie musste im evolutionären Begehr des Überlebens für Tier und Mensch gefunden werden und wurde auch gefunden. Im Vordergrund der Entscheidung steht der Zugriff auf Nahrung und Wasser, die Wahl eines Sexualpartners oder die Vermeidung von Gefahr. Sie können nur sicher gestellt werden, wenn eine zweite-, eine „sensorische Intelligenz“ hinzu kommt, mit welcher Tiere und Menschen unterscheiden können, was für sie wichtig oder unwichtig, nützlich oder schädigend, lebensförderlich oder gefährlich ist. Die Evolution tierischen und menschlichen Verhaltens ist in hohem Maße von der Entwicklung der „sensorischen Intelligenz“ und deren angepasster Variation abhängig.
„Arterhaltende Zweckmäßigkeit“ ist Konsequenz eines jeden biologischen Organismus` schreibt Konrad Lorenz. Jeder Organismus will sich selbst erhalten, will überleben, will auch seine Art erhalten, sich fortpflanzen und seine Gene weitergeben. Dies zu ermöglichen verwandelt die Biologie ein kosmologisches Gesetz von „Ursache und Wirkung“ in ein biologisches Gesetz von „Reiz und Reaktion“. Mit diesem Gesetz beginnt die biologische Evolution bei den Pflanzen. In der Mobilität tierischen Verhaltens lenken dann zwei Pole das Verhalten und das Zusammenleben biologischer Geschöpfe: „Akzeptanz oder Ablehnung“ und deren Variationen werden die biologische Evolution formen. Sensorische Wahrnehmungen werden akzeptiert und zustimmend- oder topisch ausgerichtet, oder sie werden abgelehnt, mit Abwehr beantwortet und sind phobisch ausgerichtet. Symbiose, Mutualismus und schließlich Kooperation sind Variationen der Akzeptanz. Vernichtung, Parasitismus und schließlich Konkurrenz dokumentieren unterschiedliche Formen von Ablehnung. Unter-schiedliche Formen von Akzeptanz oder Ablehnung formen auch das menschliche Verhalten.
Früh entscheidet eine evolutionäre Intelligenz zwischen Akzeptanz und Ablehnung: Große Bakterien verschlingen kleinere Bakterien und beginnen damit einen Kampf ums Dasein. Inkorporierte Bakterien werden chemisch aufgelöst, ausgelöscht und vernichtet oder sie werden zu nützlichen Endosymbionten, die das Funktionieren der aufnehmenden Zelle verbessern. Aus Phagocytose sind zwei Möglichkeiten geworden, die hinfort die Biologie lenken werden: Im ersten Falle wird das aufgenommene Bakterium zur Bedrohung, wird chemisch vernichtet oder ausgelöscht. Ein potentieller Parasit oder Konkurrent wird ausgeschaltet. Im zweiten Falle entsteht eine „Symbiose“ als Leben erhaltendes- und Entwicklung möglich machendes Prinzip: Aus Vorläuferzellen werden funktionstüchtige Eukaryozyten, weil die aufgenommene Zelle aus organischem Material ATP zu produzieren versteht und in den Eukaryocyten die Energie liefernden Mitochondrien entstehen. In einer anderen-, zu Pflanzen führenden Symbiose bringt die aufgenommene Zelle eine Photosynthese-Funktion mit und macht aus der aufnehmenden Zelle einen Chloroplasten haltigen Eukaryocyten. Dass Mitochondrien und Chloroplasten inkorporierte Vorläuferzellen sind ist bewiesen: Mitochondrien und Chloroplasten verfügen über eine eigene Zellmembran und vermehren sich vor der Zellteilung des Eukaryocyten ebenfalls innerhalb der Zelle durch eine Zweiteilung ihrer mitochondrialen DNA. Mitochondrien sind nicht nur die Energie liefernden Strukturen einer Zelle. Ihre mitochondriale DNA ist heute die wichtigste Struktur einer