Das Lachen der Sonne. Dennis Klofta. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dennis Klofta
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754173930
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flieht das salzige Wasser von meiner Brandung. Das Meer verschwindet und hinterlässt ein düsteres schwarzes Loch. Meine Insel bleibt, so einsam wie ihr Baum, als gelb-schwimmender Fleck im schwarzen Nebelmeer zurück. Die anbrechende Dunkelheit enthüllt rot-brennende Sterne. Wie gefangene Fische zappeln sie im grauen Netz, glühend rote Auge, die mich in der tiefen Nacht beobachten, drohen mich zu fressen. Sie greifen nach mir, mit schäumenden Mündern, flüstern mit leise-kreischenden Stimmen in mein Ohr. Das Flüstern einer Schlange, der Schrei eines neugeborenen Kindes der tief in mein Ohr eindringt, beginnt meine Sinne zu benebeln. Singend und tanzend dringen sie, mit ihrer bitter-süß gespaltenen Zunge, in mich ein. Mein Herz brennt in den lüsternen Küssen ihrer kalten Lippen, glüht auf im kristallenen Grün ihrer feuerroten Augen, rast im brennenden Schmerz der Leidenschaft. Plötzlich kreischen sie tief in meinem Kopf: » Wir kriegen dich! Wir haben dich! Wir lieben dich! « Ich kreische auf, springe, voll Panik, in den Nebel hinein und renne in die feuchte Wüste der Ebbe. Tiefer, immer tiefer hinein in die erbarmungslose Dunkelheit . Ich kann nicht fliehen, kann nicht entkommen – –

       Doch plötzlich verstummen die kreischenden Stimmen. Ein wildes Rauschen vertreibt sie aus meinen Ohren. Ein merkwürdig, grell-scheinendes Licht durchbricht die dunkle Wand des Nebelmeers, feuerrot, wie ein Phönix der Unsterblichkeit. Oh du süße Gestalt, du Engel, Tränen rennen über mein Gesicht. Völlig frei tanzt sie in ihrem blumen-weißen Kleid des Glücks, durch die kalte Ozeannacht. Mein Atem steht still, keine Luft dringt ein noch aus. Ich fliege – – ertrunken in ihren tiefsten Tiefen, badend in der strahlenden Sonne ihres Lächelns. Die fliegende Leichtigkeit umgibt mein Herz, rauscht in jeden Tropfen meines Bluts, enthebt mich der Schwere der brennenden Augen, die mich in die Tiefen der Meere zu ziehen drohten. Tanzend, immer weiter tanzend, den immer selben Tanz des Glückes, der in alle Tiefen reicht und alles in die höchsten Höhen treibt, schwebt sie vor mir, schaut mir lächelnd in meine Augen. Sanft hält sie meinen Kopf, damit ich nicht davon fliege, schließt ihre Augen und führt ihre ewig lächelnden Lippen küssend auf meine Stirn. Wie von Helium getragen, stoße ich zum Himmel auf

      »Heech-äh« Panisch rang er nach Luft. Hektisch atmete er in seine Brust. Schweiß tropfte von seinem Kinn. Blind starrte er an die weiße Wand vor ihm. Langsam kamen seine Augen wieder zur Besinnung.

      Wie jeden Morgen brauchte er ein wenig Zeit, um sich vom Traum zu lösen und sich seiner Umwelt wieder bewusst zu werden. Er kannte das Spiel: jeden Morgen saß er schweißgebadet senkrecht im Bett und suchte hilflos nach seinem Traum, der noch irgendwo im Raum herumschwebte – erfolglos. Verwirrt richtete er sich auf und ging, noch völlig in Gedanken versunken, zum offenen Fenster. Schweigend lächelte ihn die Sonne an.

      ›Ganz ruhig dreht sie immer die gleiche Runde, tanzt immer den selben Tanz. Unerreichbar, von allem fern, strahlt sie selbst über die schrecklichsten‹ – er war gerade erst aufgewacht und schon störten ihn seine Gedanken.

      Ein leichter Windzug schlug ihm ins Gesicht, dass er seinen Kopf leicht zur Seite neigte und sein Blick auf einen weißen Umschlag fiel, der ungeöffnet, fast unberührt, auf seinem Schreibtisch lag. Warm schien die Sonne auf das bleiche Holzgestell, das direkt unter seinem Fenster stand. Seufzend, drehte er sich um und verließ sein Zimmer, die kleine knarrende Holztreppe hinuntersteigend. Er setzte Wasser auf, ließ sich erschöpft auf einen Stuhl fallen und starrte an die weiße Wand. Ungeduldig zappelte dort eine Spinne an ihrem eigenen Faden. Mit jedem weiteren Schritt verlor sie ihren Takt, so dass sie sich mehr stolpernd als tänzelnd fortbewegte, als würde sie sich in ihren eigenen Fäden verfangen. Er war unruhig, kippelte leicht mit dem Stuhl vor und zurück, wippte mit seinem Fuß auf und ab und atmete hastig ein und aus. Dann wurde die Stille von einem sanften Rauschen durchbrochen. Ganz leise kroch es aus seinem Versteck hervor. Er bewegte sich nicht, starrte einfach weiter, unruhig zitternd, an die Wand. Doch dann sprang er plötzlich auf, lief zum Tisch, griff nach dem dort liegenden Schlüssel und riss die Tür auf, die mit einem lauten Knall hinter ihm zufiel.

      »Da laufen sie, alle im Gleichschritt voreinander her, hastig ihr Essen niederschlingend, während sie in Gedanken ihre Wohnungen gar nicht verlassen haben. Planlos, doch mit klarem Ziel hetzen sie durch die Stra-« – mit einem Husten lachte er kurz auf, »vor sich, nicht voreinander, unbewusst stolpern sie alle, gefangen in ihrer eigenen kleinen Welt, vor sich her. Überall kleine Welten, unglaublich, dass sie nicht ständig miteinander kollidieren« – ›aber Planeten kollidieren auch nicht miteinander, sondern sind alle ganz fest in ihrer Bewegung aufeinander abgestimmt. Jeder hat seinen Platz, wie in einem Fischschwarm, nur dass sie miteinander und nicht voreinander schwimmen, oder nicht?‹ Im Stillen hatten seine Gedanken, sein leises Gemurmel unterbrochen und weitergesponnen.

      Die Stadt war voll, voll von Lärm und Leben. Kleine Kinder tobten unter sicherer Beobachtung ihrer Eltern an einem Brunnen, bespritzten sich mit Wasser, verliebte Paare, zogen sich gegenseitig, kämpfend um die Richtung ihrer Schritte, an den Händen hintereinander her, Geschäftsfrauen und -männer, trauten sich in ihrer Mittagspause aus den Büros, um ein wenig von der Sonne zu ergattern, begleitet vom lauten Gesang des Frühlings, den die Vögel aus breiter Kehle durch die Straßen schrien.

      Er hatte sich auf eine kleine Bank direkt neben dem Brunnen niedergelassen und schaute die Stadt entlang. Er schwitzte. Heftig brannte ihm die Sonne direkt auf die Stirn, als hätte sie sich nur auf ihn fokussiert. Doch er war nicht der Einzige, der ihren brennenden Blick zu spüren bekam. Immer wieder ließen sich kleine Gruppen angestrengt von der Hitze auf die Bänke vor ihm fallen. Geduldig warteten sie dann, ohne eine Miene zu verziehen, darauf, sich wieder in den Schwarm einzuordnen, um erneut in der Masse zu verschwinden. Sein Blick war auf eine blonde Frau gefallen, die mit einem sturen Lächeln da-saß und sich nicht bewegte. Ihre Beine überschlagen, saß sie auf der Bank gegenüber von ihm. Auf der Bank neben ihr saß ein älteres Paar. Deutlich mitgenommen von der Hitze, ruhten sie sich dort aus. Leicht verwirrt schaute der alte Mann die Straße entlang, ohne dabei die Wasserflasche, die er in seiner Hand hielt, aus den Augen zu verlieren. Seine Frau hingegen, die ganz außen an der Bank saß und jeden Moment drohte von dieser zu fallen, beäugte misstrauisch all die Menschen, die aus den umliegenden Geschäften kamen. Als sein Blick dann wieder zurück zur anderen Bank fiel, war die blonde Frau verschwunden. Hastig schaute er hin und her –

      ›Sobald sie wieder im Schwarm verschwunden sind, haben sie ihre eigene Existenz wieder vergessen. Und wenn sie dann wieder ausbrechen sind sie überfordert – überfordert von der Wirklichkeit!‹

      Überrascht von der plötzlichen Lücke auf der Bank war sein Blick kurz suchend auf den Boden gefallen, bevor er zur Bank zurückkehrte.

      ›Was ist es doch für eine unglaubliche Erleichterung, wenn das Warten ein Ende hat – – Wenn sie bloß wüssten, worauf sie warten.‹

      Mit der Zeit wurde die Stadt leerer. Der Strom von Menschen löste sich langsam auf. Nur vereinzelte Paare, die sich im Netz der Sonne verfangen hatten, und ein paar einsame Wanderer waren noch unterwegs. Ein kleiner Spatz sprang vor seine Füße und schaute ihn mit seinen dunklen Augen an. Leicht neigte er seinen Kopf nach rechts und nach links, bevor er ihn aus seinem Blick ließ und auf den Boden nach Futterspuren suchte. Langsam hüpfte er von einer Stelle zur nächsten, ohne den Blick vom Boden zu heben. Suchend hüpfte er so einmal um den Brunnen herum, bis er wieder bei ihm angelangt war und ihn noch einmal schräg mit seinem dunklen Augen anschaute, bevor er wieder erfolglos davon flog.

      ›So viele Menschen sind an mir vorbei gelaufen und nur dieser kleine Vogel hat mich gesehen.‹

      Ruhig beobachtete er den Vogel, wie er von einem Ort zum nächsten flog und überall nach etwas essbaren suchte, bis er hinter einem Dach verschwand.

      »Ach du hast es leicht,«, murmelte er leise vor sich hin, »du musst nur deine Flügel ausbreiten und kannst davon fliegen, einfach flüchten vor diesem Chaos der Wiederholung, vor diesem Käfig, der sich langsam, aber sicher um einen schließt und dich, hat er dich einmal gefangen, nicht mehr los lässt. Ach du kleiner Spatz, für mich gibt es keinen Wind, der mich einfach so davon trägt. Meine Flügel sind so schwer, dass sie einen immer wieder auf den Boden drücken wollen und am Boden ist die Luft so unglaublich