Patricia Peacock und der verschwundene General. Tiffany Crockham. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tiffany Crockham
Издательство: Bookwire
Серия: Patricia Peacock-Reihe
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752926156
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vorhandener Jungfräulichkeit hinwegsah. „Und ich finde Ihr Kostüm übrigens reizend, meine Liebe.“

      Ihr Kompliment trieb Patricia die Röte ins Gesicht. „Vielen Dank, Gräfin.“

      Ohne Vorwarnung schlug Gräfin Walburga ihr auf die Schulter, sodass Patricia einen Satz nach vorn machte. „Außerdem sind Lady Blanfords Feinde meine Freunde. Nennen Sie mich Walli!“

      „Dann müssen Sie mich Patricia nennen“, bat Patricia, während sie bemüht war, ihr Gleichgewicht wiederzufinden.

      Der Abend verlief überraschend angenehm und ohne weitere Peinlichkeiten. Walli war eine geradlinige Frau mit einem offenen Wesen, obwohl sie dazu neigte, Personen, die sie nicht mochte, mit unfreundlichen Namen zu versehen. Sie sagte, was sie dachte und hatte nichts Verschlagenes an sich. Dass sie ein wenig burschikos war, störte dabei nicht. Immerhin lebte Patricia seit fast drei Monaten mit John unter einem Dach und war nicht mehr so leicht aus der Fassung zu bringen wie bei ihrer Ankunft in Kairo. Wer hätte das gedacht … sie und John. In England wäre das nicht möglich gewesen, die Leute hätten geredet, aber hier in Ägypten interessierte es niemanden, außer Fatima, die John lieber heute als morgen aus dem Haus gejagt hätte.

      Im Grunde war auch Patricia klar, dass Johns Behauptung, nicht die richtige Wohnung in Kairo zu finden, eine Ausrede war. Ein neues Büro für seine Detektei hatte er sehr schnell gefunden. John fühlte sich offenbar wohl in ihrem Haus, und obwohl Patricia es sich nicht gern eingestand, verspürte auch sie keine große Eile, ihn aus dem Haus zu befördern. Zudem gab es ihre schwachen Stunden in der Gartenlaube. Insgeheim ärgerte Patricia ihre Schwäche für John, und sie schwor sich jedes Mal, dass es das Letzte mal wäre; und doch ließ sie sich immer wieder von diesem John-Maddock-Lächeln verführen. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, wenn John sie mit diesem Patricia Darling Blick ansah und wenige Stunden später fand sie sich mit ihm in der Gartenlaube wieder. Sie konnte einfach nicht genug von seinen Küssen bekommen – das war die beschämende Wahrheit.

      Wenn sie morgens in ihrem Schlafzimmer aufwachte, hatte Patricia das traurige Gesicht ihrer Mutter vor Augen. Dann schwor sie sich, John so schnell wie möglich aus dem Haus zu schaffen – ehe noch Schlimmeres zwischen ihnen geschah. Bisher waren jedoch alle ihre guten Vorsätze vergebens geblieben.

      „Oh, da kommen Mr. Maddock und Huddi. Gleich geht der Kostümwettbewerb los. Sie stimmen doch für uns?“ Walli wirkte entschlossen, zu gewinnen.

      Patricia versprach es ihr und meinte es auch so. Lady Blanford gegen Walli und den General verlieren zu sehen – allein das war es wert, heute Abend hierhergekommen zu sein.

      „Ich dachte schon, du willst dich drücken“, wandte sich Walli mit vorwurfsvoll hochgezogener Braue an ihren Gatten.

      „Wäre das denn eine Option gewesen?“, fragte er hoffnungsvoll.

      „Natürlich nicht. Und jetzt komm, wir müssen diesen Kostümwettbewerb gewinnen.“

      „Der arme Huddi“, sagte John, als sie den beiden nachsahen, wie sie in Richtung Bühne gingen. „Die Gräfin scheint ihn recht gut unter ihrem Pantoffel zu haben.“ Er warf Patricia einen flammenden Blick zu, der ihr ein Kribbeln im Bauch verursachte. „Soll ich uns nicht doch zum Kostümwettbewerb anmelden? Die verführerische Salome und der verwegene Lawrence von Arabien?“

      Es gelang ihr, trotz seiner glühenden Blicke Haltung zu bewahren. „Auf keinen Fall! Außerdem trage ich ein Nachthemd unter dem Kostüm.“

      Während John sich vom Tablett eines vorbeigehenden Pagen im Affenkostüm eine Champagnerschale nahm, grinste er. „Es ist noch immer Zeit, es auszuziehen.“

      „Das hätten Sie wohl gerne.“

      „Sie wissen, was ich gerne hätte, Darling.“

      Wie so oft, ignorierte Patricia seine Anzüglichkeiten – mittlerweile schockierten sie diese auch nicht mehr so sehr wie am Anfang ihrer Bekanntschaft. „Es ist viel wichtiger, dass wir für die Gräfin und den General unsere Stimmen abgeben“, lenkte sie das Thema in eine unverfängliche Richtung. „Sie treten gegen Lady Blanford und Princess an. Ich möchte, dass Walli gewinnt. Ich mag sie.“

      „Ich finde Huddi auch ganz in Ordnung.“ Sie tauschten einen verschwörerischen Blick. „Lassen Sie uns dem grässlichen alten Nebelhorn eine Lektion erteilen.“

      „John, also wirklich ...“ Allerdings musste Patricia zugeben, dass der Vergleich nicht ganz abwegig war.

      Sie warteten in seltener Eintracht auf den Auftritt von Walli und dem General, während die anderen Paare auf der Bühne ihre Kostüme vorführten. Es gab ein paar wirklich hübsche darunter, Löwen und exotische Vögel, aber keines besaß so ein spektakuläres Extra wie das Pfauenrad des Generals. Alle Paare ernteten wohlwollenden Applaus und wurden mit einem freundlichen Tusch des Ensembles von der Bühne verabschiedet. Schließlich trat Lady Blanford mit Princess auf und erntete tosenden Applaus für ihr Kostüm.

      „Princess wirkt recht träge, finden Sie nicht?“, fragte John zwischen dem Biss in ein Kanapee und einem Zug an seinem Zigarillo.

      „Der Panzer ist sicherlich schwer.“ Patricia empfand ein gewisses Maß Mitleid mit der Pudeldame. Zwar konnte sie Princess ebenso wenig leiden wie Lady Blanford, aber im Grunde genommen war der Pudel nur ein Opfer in den Fängen seiner Besitzerin. Und Princess hatte im Gegensatz zu ihr nicht die Hoffnung auf ein Erbe, das sie von Lady Blanford befreite.

      Nach einem honorierenden Tusch für Lady Blanford und Princess waren Walli und der General an der Reihe. Mit siegessicherem Lächeln betrat Walli als indische Göttin die Bühne und erntete begeisterten Beifall der Gäste für ihr Kostüm. Doch erst das Pfauenrad des Generals weckte wahre Begeisterungsstürme, und tatsächlich versöhnte der Beifall der Gäste auch den General ein wenig. Das Ensemble honorierte sein Kostüm mit gleich drei Tuschs.

      Nachdem alle Kostüme gesichtet wurden, ging ein Champagnerkübel herum, in den die Gäste Zettel mit den Namen des gewünschten Gewinnerkostüms werfen konnten. John und Patricia stimmten für Walli und den General. Salima schlenderte an ihnen vorbei, eine Zigarette mit langer Spitze elegant zwischen den Fingern haltend, und teilte augenzwinkernd mit, dass Lady Blanford sie umgebracht hätte, wenn sie wüsste, dass Salima für den General und die Gräfin gestimmt hatte. Dann verschwand sie wieder an die Seite von Lady Blanford, um ihr zu versichern, wie herausragend ihr Kostüm im Vergleich zu allen anderen gewesen wäre.

      In Johns Worten lag eine gewisse Bewunderung. „Dieses Mädchen lässt sogar mich weit hinter sich in Sachen Verschlagenheit.“

      Patricia musste ihm recht geben. „Wahrscheinlich ist das ein Charakterzug, den man braucht, um an der Seite von Lady Blanford zu überleben.“ Manchmal wünschte sie sich, zumindest ein wenig mehr wie Salima zu sein … kokett und modern.

      Als kurze Zeit später die Gewinner verkündet wurden, und Walli mitsamt ihrem Pfauengatten wieder auf die Bühne gerufen wurden, um den Pokal für das beste Kostüm entgegenzunehmen, wich Lady Blanford alle Farbe aus dem Gesicht. Offenbar war sie fest davon überzeugt gewesen, zu gewinnen.

      Sie bedachte Patricia mit einem vernichtenden Blick – ganz so, als wäre es ihre alleinige Schuld, dass sie verloren hatte, und verließ den Silvesterball mit Princess noch vor Mitternacht, ohne Walli und Huddi zu ihrem Sieg zu gratulieren.

      Walli und der General kehrten mit stolzgeschwellter Brust von der Bühne zurück.

      „Haben Sie gesehen, wie das alte Kamel aus dem Saal gestampft ist?“ Walli klatschte in die Hände. „Jetzt kann das neue Jahr mit guten Vorzeichen beginnen!“

      Salima stieß zu ihnen mit einem Glas Champagner. Sie dachte gar nicht daran, Lady Blanford ins selbst gewählte Exil zu folgen. „Das ist ein gelungener Abend, nicht wahr?“ Alle stimmten ihr zu.

      Als das Orchester um Mitternacht das neue Jahr mit einem lauten Tusch begrüßte, Champagnerkorken knallten und glitzernder Flitterkram durch den Tanzsaal flog, musste

      Patricia zugeben, dass dieser Abend mit John, Salima, der lebenslustigen Walli und dem freundlichen