Rakna. Josephine Becker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Josephine Becker
Издательство: Bookwire
Серия: Rakna
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752908428
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endete die Röhre abrupt und sie schlitterte auf dem Rücken in einen breiten, steinernen Gang. Fenrick stand direkt vor ihr, die Hände seltsam nach oben haltend. Während sie aufstand, um sich den Staub von der Lederrüstung zu klopfen, sah sie, warum Fenrick so komisch dastand. Zwei bewaffnete Wachen versperrten ihm mit erhobenen Klingen den Weg. Als Rakna bei ihrem Anblick wie versteinert stehen blieb, begann einer der Elfen zu sprechen.

      „Und wer ist die Kleine da?“ Die Frage war an Fenrick gerichtet, auch wenn die Wache unentwegt Rakna musterte. Selbst als Fenrick mit ihm sprach, schaute er nicht zu ihm, sondern nur zu der jungen Frau.

      „Ich werde erst etwas sagen, sobald ich mit Thuriell gesprochen habe.“ Er sagte es nicht fordernd, aber bestimmend. Die Wache schaute ihn für einen Moment abschätzend an, dann trat er zur Seite. Zu seinem Kollegen meinte er knapp:

      „Bleib bei ihr, wir werden gleich wieder da sein.“ Mit einem letzten Blick auf Rakna verschwand Fenrick mit der Wache. Der zurückbleibende Elf stellte sich erneut abwehrend vor Rakna. Sie hatte das ungute Gefühl, dass sie hier nicht so willkommen aufgenommen wurde, wie Fenrick erwartet hatte.

      Das Erdreich

      Fenrick und der Wachmann marschierten im schnellen Schritt schweigend nebeneinander her. Doch letztlich unterbrach die Wache die Stille.

      „Wer ist sie Fenrick? Sie ist keine Elfin, oder?“

      „Ich sagte dir bereits Tamlyn, dass ich es dir erst sage, wenn ich mit Thuriell gesprochen habe.“ Der Wachmann sah ihn finster an, doch erwiderte nichts. Nachdem sie durch weitere steinerne Gänge gehastet waren, erreichten sie endlich ein großes, hölzernes Tor. Es war reich verziert mit vergoldeten Schnitzereien, welche wunderschöne Landschaften mit hohen Baumkronen und weiten Feldern zeigten. Doch die Beiden beachteten es kaum. Achtlos liefen sie durch das spitz verlaufende Tor. Dann hob der Wachmann die Hand, und bedeutete Fenrick, dass er stehen bleiben sollte. Fenrick kannte das Verfahren des Erdreiches. Schon früher hatte er viele Stunden damit verbracht, auf Thuriell, die Herrscherin dieses Reiches, zu warten. Oft hatte sie sich mit Absicht Zeit gelassen, bis sie ihn endlich empfangen hatte, doch das war Fenrick egal. Die kleinen Machtspielchen der Anführerin waren ihm bekannt und er wusste, dass sie ihr Gegenüber damit prüfte. Sie testete, wie geduldig der Gast war und wie seine Gepflogenheiten sind. Fenrick hatte von Bewohnern des Erdreiches gehört, dass manche gar nicht erst empfangen wurden. Es gab Besucher, die tagelang auf eine Audienz warteten, bis ihnen der Kragen platzte. Doch Thuriell war ihre größte Hoffnung und so war er gezwungen, ihre Eigenheiten in Kauf zu nehmen. Fenrick ärgerte sich, dass er Rakna nicht darauf vorbereitet hatte, sich auf eine lange Wartezeit einzustellen. Jetzt blieb ihm nur zu hoffen, dass sie einen kühlen Kopf bewahrte und nichts Dummes anstellte. Zu seiner großen Überraschung dauerte es jedoch nur einen Augenblick, bis die Anführerin in Erscheinung trat. Zielstrebig schritt sie auf ihn zu. Ohne ihn zu begrüßen, rief sie im Vorbeigehen:

      „Wir haben schon auf Euch gewartet, wo ist sie?“

      „Woher wisst Ihr von Rakna?“, erwiderte Fenrick verdutzt. Doch sie sah ihn nur spöttisch an.

      „Früher hast du mich charmant begrüßt, Fenrick. Was ist nur aus deiner guten Erziehung geworden?“ Auf ihre Anspielung erwiderte er nichts. Stattdessen sah er sie weiter fragend an.

      „Ach ... Also gut. Von wem werde ich es wohl wissen? Von Lynthriell natürlich.“

      „Lynthriell? Wie habt Ihr ...?“ Das Entsetzen war Fenrick ins Gesicht geschrieben. Wie hatte sie es geschafft, mit ihr zu reden? Das war unmöglich!

      „Sie war vor einer Ewigkeit hier und hat mir erzählt, dass du mit einem Menschenkind kommen würdest. Es sei von größter Wichtigkeit, dass wir sie trainieren.“, sagte Thuriell leichtfertig, als wäre es selbstverständlich. Ihr angegrautes Haar war zu vielen kleinen Zöpfen entlang ihres Kopfes verschlungen und im Nacken elegant verknotet. Ein paar Strähnen des dunkelgrauen Schopfes fielen ihr locker ins Gesicht, was sie deutlich jünger erscheinen ließ. Nicht nur ihr Aussehen trügte, ihre ganze Art wirkte jugendlich, freundschaftlich aber auch bestimmend und streng.

      „Sie trainieren?“ Mit allem, was die Herrscherin sagte, hatte Fenrick das Gefühl weniger zu wissen. Was war hier los? Wieso wusste Thuriell mehr als er selbst?

      „Du bist überrascht? Lynthriell hat mich eindringlich darum gebeten. Hat sie mit dir nicht darüber gesprochen? Weißt du, woher das Menschenkind kommt?“ Es dauerte einige Augenblicke, bis Fenrick sich wieder gesammelt hatte und die Konzentration auf die eben gestellten Fragen richtete.

      „Ich habe sie mit Hilfe des Ringes gefunden, sie hat mich aus ihrer Welt heraus gerufen.“

      „Ah ja, eines von Lynthriells legendären Schmuckstücken, selten und mächtig. Aber das heißt, dass der Mensch den anderen, den Zwilling, bereits besessen hat? Wie ist das nur möglich?“ Das war ebenso eine Frage, auf die Fenrick keine Antwort wusste. Ihm wurde klar, dass er so gut wie nichts über Rakna in Erfahrung gebracht hatte. Als Lynthriell ihn um diesen Gefallen bat, hatte er einfach zugesagt, ohne wirklich darüber nachzudenken. Jetzt war es zu spät, er war nicht in der Lage, ihr irgendwelche Fragen zustellen. Ihm kam ein schrecklicher Gedanke und je länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, wie viel Lynthriell damals bereits gewusst hatte. Also wovon hatte sie noch Kenntnis gehabt, dass sie zwei in ihr Geheimnis einweihte. Und wieso war Rakna für sie so wichtig? Was hat sie in ihr gesehen, was er nicht sah? All das waren Fragen, auf die er Antworten brauchte, doch er war sich nicht sicher, woher er sie bekommen sollte. Zuerst einmal würde er mit Thuriell sprechen und vielleicht wusste Rakna mehr, als sie bisher zugegeben hatte. Ein Anliegen hatte sich jedoch von selbst bereinigt. Nun war klar, warum Lynthriell das Erdvolk als sicheren Ort für Rakna auserwählt hatte. Es war geplant und ausgemacht, dass sie hierher kommen würde.

      „Hat sie Euch gesagt, wieso es so wichtig ist, Rakna zu unterrichten? Hat sie irgendetwas erzählt?“, fragte Fenrick verzweifelt, in der Hoffnung irgendeine Erklärung zu bekommen.

      „Ich dachte, das wüsstest du? Habt ihr nicht darüber gesprochen, als du den Auftrag angenommen hast?“ Das wurde immer kurioser, fand der Elf und schüttelte nachdenklich seinen prächtigen Kopf. Fenrick war derart in Gedanken verstrickt, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie weit sie bereits gegangen waren. Plötzlich vernahm er laute Stimmen. Das ließ nichts Gutes verheißen. Sie bogen um eine letzte Ecke und würden jeden Moment Rakna erreichen. Mit jedem Schritt wurden die Klänge stärker und als sie endlich zu dem Eingang gelangten, hatte sich eine Traube aus Elfen um Rakna und die Wache gebildet. Fenrick sah, dass der Wachmann verzweifelt versuchte, einen Elf von ihr fernzuhalten. Dieser stürmte aber immer wieder auf ihn zu, um an Rakna heranzukommen. Einige Umstehende forderten ihn auf, sich zu beruhigen. Andere brüllten ihn zur Verstärkung an und wieder Andere standen einfach nur da und beobachteten das Treiben.

      „Seid ruhig.“ War die dröhnende Stimme Thuriells zu vernehmen. Mit einem Mal stoben die Elfen auseinander und stellten sich der Reihe nach an den kahlen Steinwänden auf. Nur der Unruhestifter und die Wache blieben in dem Gang aus Elfen stehen und blickten in die Richtung, aus der die Herrscherin gekommen war.

      „Was ist hier los?“, fragte sie mit gebieterischer Stimme. Sofort stürzte der impulsive Elf auf sie zu und die Wache hatte endlich einen Augenblick Zeit zum Verschnaufen.

      „Ein Menschenscheusal hat sich unter uns gemischt Herrin und dieser Wachmann gibt sie nicht frei.“ Mit drohendem Finger zeigte er auf die erschrockene Rakna und den atemlosen Elfen. Doch Thuriell sah ihn nur abschätzend an und sagte:

      „Das hat seine Richtigkeit, Solas.“ Fenrick sah, wie der Mund des Mannes aus der Verankerung sprang und vor Entsetzen aufklappte.

      „Was ...? Das ist nicht Euer Ernst, Gebieterin? Wisst Ihr nicht, was ihr Volk uns angetan hat? Habt Ihr vergessen, dass wir wegen ihrer Missgunst hier festsitzen? Wie könnt Ihr so jemanden in unsere Reihen lassen?“

      „Das ist mir durchaus bewusst Solas ...“ Unbeeindruckt wandte sie sich von dem bestürzten Elfen ab. Doch als er noch immer keine Ruhe gab, riss ihr der Geduldsfaden.

      „Aber