„Die haben doch alle ihre Geheimrezepte. In der Regel kommt es auf die Qualität des Fleisches und der Gewürze an. Ich muss dir aber zustimmen Richard, diese Pastete schmeckt außergewöhnlich gut, die musst du auch probieren Jean.“ Jean ist immer noch nicht glücklich, dass seine Schwester mit dem Pastor zusammen ist, er verflucht jetzt schon den Tag, an dem ihn seine Schwester in die Kolonien verlässt. Er darf aber nicht so miesepeterisch sein, sonst vergrault er alle noch schneller als er denkt.
Leider muss er zugeben, dass das Essen, welches der Pastor mitgebracht hat, wirklich einmalig schmeckt. Wenn es etwas gibt, mit dem sich der Pastor auskennt, dann mit Essen. „Haben sie dir gesagt, aus welchem Tier die leckere Pastete ist, Richard?“ will Marie von ihrem Pastor wissen. „Ich habe gefragt, aber die haben ein großes Geheimnis daraus gemacht. Sie sagten, dass die Auswahl der Fleischsorten gerade den Geschmack ausmacht. Es soll aber alles aus der Region stammen, alles aus Paris. Dieser Metzger ist ein wahrer Künstler, wozu braucht man den Louvre oder die Galerien, wahre Kunstwerke findet man in den Metzgereien oder auch Cremerien. Diese Kunstwerke sind nicht nur was fürs Auge, nein auch etwas für die Nase und den Gaumen! Naja, wenn ich wieder Lust darauf bekomme, muss ich die Pastete eben wieder dort kaufen. Diese Pastete haben sie allerdings erst seit kurzem, angeblich eine neue Kreation.“
„Jetzt aber genug vom Essen. War das gestern Abend nicht romantisch, als Albert Isabell den Heiratsantrag gemacht hat? Ich muss immer noch heulen, wenn ich daran denke“, schmilzt Marie dahin und schaut Richard dabei an, mit der Hoffnung, dass er ihr auch mal so einen Antrag machen wird. „Ich glaube das reicht, Albert lässt uns mittlerweile alle schlecht dastehen. Wenn ich Sophie meine Aufwartung machen will, erwartet sie wohl das Gleiche.“ „Ist das denn so schlimm, mein Bruderherz? Das ist doch das, was jede Frau will.“ „Ach was, Frauen wollen richtige Männer, mit Ecken und Kanten und keine Weicheier. Sie wollen einen Mann, der weiß wie es im Leben läuft, und ihnen sagt, wo es lang geht.“ „Ich sehe schon, du willst meinen Rat nicht, aber sag später nicht, ich hätte es dir nicht gesagt.“ „Haben Isabell und Albert schon einen Termin für den großen Tag?“ will Pastor Richard Koch wissen. „Nein ich denke nicht, den werden sie aber sicher bald festlegen.“
„Ah da ist ja einer der großen Helden“, wird Albert von Herrn Schubert, Isabells Vater, in Empfang genommen. „Isabell ist noch nicht so weit, sie schwebt noch auf Wolke Sieben und braucht heute etwas länger. Haben Sie heute denn keine Blumen dabei? Denken Sie, da Sie jetzt am Ziel sind, bedarf es keiner Blumen mehr?“ „Nein, ich war schon im Blumenladen, aber dann musste ich an Ihre Worte denken und dachte mir, heute mal eine Pause einzulegen.“
„Gut, aber schieben Sie die Schuld nicht auf mich, wenn Isabell enttäuscht ist. Ich habe Sie heute kommen lassen, um nach ihrem Antrag mit Ihnen zu erörtern, wie es mit Ihnen beiden nun weitergeht. Natürlich sollen da auch meine Frau und Isabell dabei sein.“
Zu diesem freudigen Anlass hat der Herr des Hauses extra einen Patissier kommen lassen, der zum Tee seine leckeren Tartes oder auch Torteletts kreieren soll. Vielleicht ist der ja auch gleich der passende Mann für die Hochzeitstorte. Nachdem der Tee und Kaffee angerichtet sind, kommen die Damen dazu, um mit Albert die Details zu besprechen. Sophie darf diesmal leider nicht mit dabei sein, da dies eine reine Familiensache ist. Isabell wird ihr aber sicherlich später alles erzählen.
Als Isabell den Salon betritt, fallen sich die beiden frisch verlobten um den Hals und jetzt trauen sie sich sogar, sich vor den Augen von Isabells Eltern zu küssen. Nach der freudigen Begrüßung der beiden Liebenden, spricht Eleonore gleich das wichtigste an: „Wann habt ihr vor zu heiraten, wollt ihr euch noch hier in Paris oder erst in Berlin das Jawort geben?“ Die Beiden schauen sich an und beginnen gleichzeitig, wie aus einem Mund zu reden. „Paris!“ „Berlin!“ Während Albert Paris sagt, kommt aus Isabells Mund das Wort Berlin. Beide schauen sich überrascht an. „Isabell meine Liebe, willst du wirklich noch so lange warten, bis wir vereint sind? In Berlin könnten wir erst in einem halben Jahr heiraten, wenn mein Dienst hier vorüber ist.“ „Albert, du glaubst doch nicht, dass man eine Hochzeit innerhalb eines halben Jahres organisieren kann, außerdem sind meine Freundinnen alle in Berlin!“ „Ich kann aber nicht so lange warten, ich werde noch verrückt, wenn das so lange dauert. Am Ende überlegst du es dir doch noch anders!“ „Was denkst du von mir, ich liebe dich doch!“
Es scheint sich zwischen den beiden die erste Uneinigkeit zu entwickeln. Aber Albert gibt nach und lässt sich breitschlagen. Das ist hoffentlich nicht ein Zeichen, wer in der Beziehung die Hosen an hat. „Mit den Vorbereitungen müssen wir natürlich sofort anfangen. Ich weiß auch schon, wer mir mein Hochzeitskleid schneidert. Monsieur Rossignol ist mir noch etwas schuldig, da er mein Ballkleid damals an eine andere weggab.“ „Da will ich aber unbedingt mit, ich brauche schließlich auch ein neues Kleid, und die Kleider für die Brautjungfern dürfen dann auch nicht fehlen.“ Herr Schubert sieht schon, wie das Geld mit vollen Händen ausgegeben wird, aber wieso auch nicht, sein Engelchen heiratet schließlich nur einmal.
Mittlerweile werden auch schöne Schoko-Tartes mit einer süßen Fruchtcreme und zahlreiche andere Leckereien vom Patissier zum Mittagstee aufgetischt. Isabell und Eleonore protestieren gleich: „Seid ihr verrückt? Wir können doch jetzt nicht mehr solche Kalorienbomben essen, bis zur Hochzeit muss noch so einiges heruntergehungert werden. Ich muss als Braut perfekt aussehen!“ „Aber Isabell, mein Schatz, ich liebe dich doch gerade, so wie du bist, wenn du noch dünner wirst, übersehe ich dich noch bei unserer Hochzeit.“ „Nichts da, bis zur Hochzeit berühren meine Lippen keinen Kuchen mehr.“ Albert erkennt seine Isabell nicht wieder, wie kann so eine Hochzeitsplanung doch das Gemüt ändern, Isabell macht sich jetzt schon Stress, obwohl die Hochzeit erst in über einem halben Jahr in Berlin stattfindet.
Während des Mittagstees wurden von den Damen schon die wildesten Ideen besprochen, während Albert und Franz nur stumm zuhören konnten. Bei einem Vorschlag von Isabell kam sogar ein geschmückter Elefant vor, aber das hat sie hoffentlich nicht ernst gemeint. Auch wenn der Termin noch nicht festgelegt ist, hat man schon mal eine grobe Richtung. Nachdem der Mittagstee beendet wurde, brechen Eleonore und Isabell auf, um gleich zu Monsieur Rossignol zu gehen und Sophie darf die beiden auch begleiten.
Auf dem Weg zum großen Modeschöpfer, fällt den dreien auch die Wahlwerbung in der Stadt auf. Es kommt ihnen sogar ein Mann mit einem Handkarren entgegen, der im Namen der Partei „Pur Parisienne“ kleine Häppchen an die Bürger der Stadt verteilt, um ihre Stimme zu bekommen.
Sophie hat ganz schön Hunger, sie war ja beim Tee nicht dabei, also hält sie kurz am Wagen mit den leckeren Schinken- und Pastetenbrotstückchen an und will eines abschwatzen. „Was ist denn los Sophie, wo bleibst du? Wir haben dafür keine Zeit. Beeil dich, wir haben einen engen Zeitplan!“ ruft Isabell ihrer Freundin auf Deutsch zu.
„Non! Das ist nur für unsere Pariser Bürger und nicht für so ein Pack wie Sie, verschwinden Sie!“ wird Sophie von dem Mann mit dem Handkarren angeschnauzt, während sich zwei bis drei andere, die anscheinend aus dieser schönen Stadt kommen, gleich mehrere Stücke von diesen lecker riechenden belegten Brotstücken nehmen. Jetzt merkt Sophie, dass diese Partei wohl etwas gegen Ausländer hat. Aber es gibt auch andersdenkende Pariser, so zerrt eine Frau ihren Mann mit und schimpft ihn, dass er bloß nichts von diesen Rassisten annehmen soll.
Die drei erreichen das Atelier des großen Meisters und müssen leider feststellen, dass dieser nicht da ist, aber immerhin bekommen sie einen Termin in zwei Tagen, um alles zu besprechen.
Kaum verlassen sie die Traumwerkstatt, da macht Sophie ihre Freundin Isabell auf etwas aufmerksam. „Schau da drüben, bei dem Karren mit den leckeren Schnittchen, die dieser Kerl von diesen „Pur Parisienne“ verteilt. Ist das nicht Konstanze?“ Tatsächlich, Konstanze von Trapnitz steht da und hat doch tatsächlich eines dieser leckeren belegten Schnittchen in der Hand und will gerade zubeißen.
„Ja so kenn ich unsere Konstanze, wenn es etwas umsonst