Frau mit Grill sucht Mann mit Kohle. Sabine Ibing. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sabine Ibing
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738033816
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Andy hielt sie am Arm fest, »verbrenn’ dir nicht die Finger! Man kann nicht in den Krieg ziehen, ohne Schuld auf sich zu laden.«

      Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Du kennst mich. Nattern reiße ich die Haut ab!«

      »Eben, eben«, warf ihr Andreas hinterher, »bitte vergreif dich nicht an ihr!«

      Im Auto zückte sie ihr Handy und rief Karl an.

      »Was willst du?« Ein wütender Unterton lag in seiner Stimme.

      »Mich entschuldigen.« Einige Sekunden herrschte Ruhe.

      »Sieht dir nicht ähnlich. Aber o.k. Nichtsdestoweniger, ich fasse es nicht! Du spionierst mir nach! Wie konntest du das machen?«

      Alex beherrschte sich, war froh, dass Karl ihr nicht ins Gesicht sah. Sie atmete tief durch, verkniff sich die sarkastische Antwort, die ihr auf der Zunge lag. Nach den Abgängen vom gemeinsamen Sparkonto war Alex nicht weiter in der Lage, zuzusehen, wie Karl das Geld verschleuderte. Sie hatte keine andere Wahl, als zu handeln. Die Wahrheit wollte er nicht hören, wollte seine Hormone nicht steuern. Das passte wohl nicht in seine derzeitige Midlife-Crisis.

      »Wir hatten gedacht, wir wären alt genug, verheiratet jeder seiner Wege gehen zu können. Ich packe es nicht. Tut mir leid. Vielleicht sollten wir doch einen korrekten Schnitt machen.« Ihre Stimme klang ungewohnt demütig.

      »Ich habe bereits einen Termin bei einem Anwalt vereinbart.«

      »Darf ich dich um einen letzten Gefallen bitten, Karl?«

      »Alex, ich respektiere dich und fühle immer noch so etwas wie ...«, er stockte, »wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl, tiefe Freundschaft. Bitte mich, worum du willst.«

      »Können wir uns einigen, den Trennungstermin zum Jahresende zu legen. In der Zwischenzeit kümmern wir uns um eine saubere Gütertrennung. Ende des Jahres wäre ein guter Schlussstrich, rein geschäftlich. Du hast ja nicht einmal deinen Wohnsitz geändert. Ich habe am Nachmittag einen Termin bei unserem Hausnotar. Dort können wir juristisch einwandfrei eine Trennungsabsicht festlegen.«

      »Ob heute, oder im Dezember, wo ist der Unterschied?«, Karls Stimme klang lauernd.

      Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie hatte ihn am Haken. »Wenn wir uns mit der Aufteilung vorher gütlich einigen, kosten die Anwälte nicht so viel Geld.« Sie beherrschte sich. Ein Pelz weniger für Sophie lag ihr auf der Zunge. »Die Berechnung lässt sich einfacher mit Jahresabschluss erstellen.«

      »O.k. Das geht in Ordnung, das ist wirklich bequemer. Ich blase den Termin mit dem Anwalt ab und komme zum Notar, versprochen.« Karls Stimme hatte wieder den gewohnt samtig grauen Klang, den Alex an ihm liebte.

      »Es ist schade, dass es so endet. Natürlich habe ich dich damals aus Liebe geheiratet. Ich weiß aber auch, es wartet heute auf mich keine liebende Frau, die darauf hofft, dass ich zurückkomme. So ist es nicht mehr zwischen uns. Der Grund unserer Krise ist das klassische Auseinanderleben ohne jegliche verbleibende Gemeinsamkeit, oder?«

      »Das gilt für dich wie für mich! Wir fangen hier einen Streit an, den niemand will. Lass es uns unblutig beenden«, bat Alex.

      »Mit einer dauerhaften Trennung sind wir gescheitert. Jetzt sind wir beide so weit, dass eine Scheidung unvermeidbar ist. Es ist schon komisch, dass ich mir plötzlich nichts sehnlicher herbeisehne.«

      »George Bernard Shaw sagte einmal: ’Wenn du damit beginnst, dich denen aufzuopfern die du liebst, wirst du damit enden, die zu hassen, für die du dich aufgeopfert hast.’ Und mir liegt fern, dich zu verachten.« Alex hielt inne. »Vorsicht, es ist nicht immer zum Vorteil, wenn Wünsche in Erfüllung gehen!«

      Am Abend machte Karl den Vorschlag, eine Pizza beim Italiener zu essen. Sophie lehnte das kategorisch ab. Sie meinte bissig, sie würde sich nicht mit Kohlenhydraten vollstopfen, denn dann sähe sie bald aus wie Karls Ex. Die Wut über Alex kochte noch in ihm, so ließ er sich überreden, wieder in die Villa zu fahren.

      In Gedanken versunken starrte Karl das Besteck an. Sophie fragte, was ihn beschäftigte und er berichtete von dem Gespräch mit Alexandra, wobei er wegließ, dass sie sein Konto eingesehen hatte; auch die anzüglichen Kommentare über Sophie verkniff er sich. Er wollte schlicht seine Ruhe haben.

      Der Kellner servierte die Vorspeise. Für Sophie die marinierten Flusskrebse mit gerösteten Bucheckern, Gelee mit Schmand, drapiert mit hagebuttenähnlichen Hundsrosen, dazu in Bucheckernöl geschwenkte Keimblätter der Rotbuche. Karl hatte sich für den Handkäs mit Musik entschieden, endlich einmal etwas nach seinem Geschmack. Er schaute auf den Teller, suchte den Käse. Während der Ober Wein nachgoss, räusperte sich Karl kurz und flüsterte: »Sie haben den Handkäs vergessen.«

      Die Bedienung bückte sich tief, schenkte ein, wobei er noch leiser hauchte: »Das sind flüssigfeste Essigkugeln mit einem Hauch Kümmel im Inneren, Apfeldrops, angeröstete Brotwürfel, feine Zwiebelringchen auf schaumig sämiger Handkäscreme.«

      »Aha ...« Karl blickte verwundert den Kellner an, der sich verbeugte und dann grinsend zurückzog.

      »Ist etwas nicht in Ordnung, Schatz?«, fragte Sophie, die an ihrem kurzen Rock zupfte.

      »Alles wunderbar«, meinte Karl.

      Nach der Vorspeise fing Sophie wieder an, Alexandra zu kritisieren. Sie war der Meinung, Karl sei ihr völlig schnuppe, sie habe ihn nie geliebt. »Egoismus pur. Sie hat dich nie respektiert, sonst hätte sie dir nicht das Recht auf eine Frau genommen, die dich ernsthaft vergöttert, so wie ich. Bestimmt hackt sie auf mir herum und ist eifersüchtig. Und du hältst diese Show auch noch aufrecht, obwohl du weißt, dass sie Hoffnungen hegt. Sie will dich zurück, glaubt, du bist ihr Eigentum. Du bist jetzt interessant, da du etwas Besseres abbekommen hast! Ich habe meine besten Jahre an dich verschwendet, jammert sie garantiert. Hör auf! Wenn du wirklich Achtung vor ihr hast, gib wenigstens du sie frei. Lass dich endlich scheiden! Ihr beide eiert daher wie Enten auf Glatteis!« Sophies Stimme klang wie Eis.

      »Wir haben das in die Wege geleitet! Das ist abgesprochen.« Die Appetitlüstlinge wurden serviert: Sorbet am Spieß aus herrschaftsgespritztem Apfelschaumwein mit Zitronenverbene.

      Sophie lutschte an ihrem Stiel. »Warum nicht sofort, was soll das?«

      »Du verstehst das nicht. Es geht um die Firma. Ein Jahresabschluss ist eine saubere Sache. Und jetzt Schluss damit. Es läuft doch!« Der Ärger stand Karl ins Gesicht geschrieben.

      Die Hauptspeise wurde kredenzt: Lammsattel mariniert in Knoblauchrauke, Senf und Joghurt, geköchelt mit Speckkruste an Soße aus Rehjus, Honig, Blütenpollen, Wacholder und Fichtensprossen mit einer im Vakuum gegarten Karotte.

      Sophie zeigte durch ihre Körperhaltung wie beleidigt sie war, strafte Karl mit Wortlosigkeit und missachtendem Ausdruck.

      Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl herum. »Du weißt, ich möchte nur mit dir zusammen sein. Und wir werden heiraten, sobald ich geschieden bin. Das habe ich dir versprochen.«

      Sophie strich nun zart über Karls Handrücken. Ein kaum wahrnehmbares Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, während sie seinem Blick standhielt. »Deine Liebe ist mir wichtiger als eine Hochzeit. Aber du hast recht, in der heutigen Zeit muss man sich absichern. Die hacken doch sonst wie die Geier auf mich ein, deine Weiber!«

      Sophie verzichtete auf ein Dessert und Karl bestellte sich einen gefrorenen Rhabarbersaft mit Honig, Fenchel und Abendmilch. Nun würde sich aller Ärger legen und die Streitereien mit seiner Ex lösten sich für den Moment in Luft auf. Genüsslich griff er in die Schmuckdose auf dem Tisch, holte sich unter strenger Miene von Sophie drei Stück Kirschbaumblütenzucker heraus. Mit einem Hochziehen der Augenbrauen legte er eins wieder zurück, bevor er die anderen in den Espresso gleiten ließ.

      HAMBURG

       (Sophie Barradon: Die Welt ist ein Spielplatz und ich sitze auf der Schaukel.)

      Karls Cousin Martin feierte