Der lange Weg nach Däne-Mark. Sonja Reineke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sonja Reineke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847640936
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      Sonja Reineke

      Der lange Weg nach Däne-Mark

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Impressum

       Drei Urlauberinnen

       Isolde

       Abfahrt

       Ankunft

       Auf die Pølser

       Der Poolboy

       Brech-reize

       Der Frosch

       Das Monster

       Intolerant

       Noch ein Hüne

       Reicher und ärmer

       Picknicke

       Pølser verstecken

       Impressum neobooks

      Impressum

      Rechtliche Hinweise:

      Copyright: Sonja Reineke/M. Buchheim. Alle Rechte vorbehalten. Die Weiterverbreitung ist auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Rechteinhaber gestattet.

      Drei Urlauberinnen

       Marly

      Dass ich mal ein Häuflein Rasierschaum durch das Badezimmer laufen sehen würde, hätte ich nie gedacht. Das war ja auch recht witzig – wie es dazu kam weniger.

      Aber es sollte noch eine Weile dauern, bis ich nach Dänemark floh. Es schien eigentlich alles in Ordnung zu sein, aber wie das so ist – manchmal ist das Gefühl, dass alles in Ordnung ist, in Wirklichkeit Langeweile. Wir drei hatten eine solide Routine, was mir bis dahin nicht unangenehm aufgefallen war. Zum Glück sollte sich das ändern, denn sonst wäre bestimmt alles den Bach heruntergegangen. Dass ich Knall auf Fall nach Dänemark abhauen sollte, nahm an einem Samstag seinen Anfang.

      Mark war schon halb zur Tür hinaus und fragte, ob er noch etwas mitbringen sollte aus dem Supermarkt. Ein halbes Pfund Quark vielleicht?

      Ich verschlang ihn mit den Augen. Die eng sitzende Jeans und das ärmellose T-Shirt betonten seine gute Figur. Meine war zu dem Zeitpunkt schon etwas auseinandergegangen.

      „Ein halbes Pfund Quark?“, rief ich entsetzt. „Viel zu viel! Zweihundertfünfzig Gramm reichen auch“, belehrte ich ihn. Mark grinste. Jetzt sah er noch besser aus, der Sack.

      „Gut, ich gehe und hole nur zweihundertfünfzig Gramm. Und du überlegst in der Zwischenzeit, wie viel Gramm ein halbes Pfund sind. Bis gleich.“ Schwupp war er verschwunden und ich sah ihm verwirrt hinterher.

      „Mama, zweihundertfünfzig Gramm sind doch ein halbes Pfund“, meinte mein Sohn kopfschüttelnd und ging zum Kühlschrank. Auch das noch, in Mathe eine glatte Fünf haben, aber mir erzählen wollen, was ein halbes Pfund ist!

      „Geh sofort auf dein Zimmer“, brüllte ich, erntete aber nur das gleiche Grinsen wie von seinem Vater. Sack junior.

      „Die im Unrecht sind, brüllen immer am lautesten“, sagte er nur, holte sich eine Schokomilch aus dem Kühlschrank, und trollte sich in sein Zimmer.

      „Wo hat der diese Weisheiten nur her“, brummelte ich und widmete mich weiter der Herstellung der Quarkbällchen. Ich war nicht ohne Grund so übellaunig, versuchte aber, es zu verbergen. Als Zicke macht man sich keine Freunde.

      Das Rezept für die Bällchen hatte es in sich: allein fünfhundert Gramm Mehl. Deswegen wollte ich sicherheitshalber nur die Hälfte machen. Mark aß sowieso kaum davon, wie ich ihn kannte, er war, was seine Figur betraf, sehr pingelig, und Marcel sollte eigentlich gar keine essen. Er hockte dauernd vor dem Computer und wurde langsam pummelig. Mich nervte das. Hatte fast dreihundert Freunde bei Viareddel, mit denen er chattete, ging aber nie raus zum Fußballspielen. Sogar ich hatte früher Fußball gespielt. Meine Mitstreiter versicherten mir, ich könne gut fummeln. Das hatte aber eine andere Bedeutung damals. Da waren wir acht oder neun und „Fummeln“ war für uns zwar etwas, das sich unter der Gürtellinie abspielte, aber eben nur an den Füßen.

      Als Kind war ich den ganzen Tag nur draußen rumgerannt, hatte Matschkügelchen geworfen und heimlich im Gebüsch billige Zigaretten geraucht.

      Einen Computer hatte ich in dem Alter noch nie gesehen und hatte auch kein Interesse daran. Auch der Fernseher gab nicht viel her. Es gab ja nur drei Programme. Marcel war immer ganz entsetzt, wenn er das hörte. Seiner Meinung nach klang das nach Steinzeit, aber wir hatten die bessere Kindheit. Wenn ich meinem Sohn sagte, er solle mal frische Luft schnappen, machte er ein Fenster auf. Wenn das so weiterging, würde sein Gesicht sich bald nicht mehr von der weiß gestrichenen Wand im Flur abheben.

      Mark war ganz meiner Meinung und nahm seinen widerstrebenden Sohn häufig mit in den Innenhof zum Fußballspielen oder zum Karatetraining, aber nach spätestens zehn Minuten war unser Sprössling einem Herzanfall nahe, griff sich keuchend an die Brust, sank auf eine Bank und schrie seinen Vater vorwurfsvoll an. Nun ja, sobald er wieder etwas Puste hatte. Marcel war ein lieber und ruhiger Junge. Aber wehe, man setzte ihn körperlichen Anstrengungen aus, dann wurde er zum Berserker.

      Mark und ich machten uns Sorgen deswegen. Mark hatte ohnehin viel durchzustehen. Erst musste er Marcel größere Schutzkleidung zum Motorradfahren kaufen und mit dem kleinen Mops hintendrauf nach Assen zum Moto GP fahren, dann war ich dran, ihn zu erschüttern. Weil ich einiges zugelegt habe, passte mir meine Motorradhose nicht mehr und ich ersteigerte mir heimlich eine bei eBay in Größe sechsundvierzig. Meine Jacke war mir auch etwas eng geworden und ich lieh mir eine von Justus, Marks bestem Freund.

      Der gutmütige Justus schwor bei allen Heiligen, Mark nichts davon zu sagen. Dafür war der Schock dann auch umso größer, als ich – angetan mit größerer Hose und bulliger Jacke – auf Mark und sein geliebtes Vehikel zustapfte. Den Helm mit dem schwarzen Visier hatte ich mir schon schamhaft im Treppenhaus aufgesetzt, damit mich niemand erkannte.

      „Marly?“, fragte er verdutzt. Ich konnte ihn verstehen. Natürlich hatte er gemerkt, dass ich zugenommen hatte, er hatte ja Augen im Kopf, aber so eine Motorradhose mit Innenfutter und Protektoren verbreiterte ungemein. Die zu weite und zu lange Jacke half mir auch nicht wirklich.

      Die Kombination von beidem ließ mich aussehen, als ob ich gleich auf dem Mond spazieren