Der Hanseschatz von Lübeck. Hans-Joachim Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans-Joachim Schmidt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847658689
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ein und sie heirateten einige Wochen später. Hansen versuchte noch das Geld, welches er ihrer Familie gab, von Menssen zurückzubekommen. Dass dieses Verlangen ohne Erfolg blieb, liegt beim Geschäftsgebaren Menssens auf der Hand. Verärgert zog sich Hansen zurück und sprach nie wieder ein Wort mit Karl Menssen.

      Aber in diesem Fall musste er seinen Schwur brechen. Hansen kam mit einer bestimmten Handelsware nicht ohne Menssen zurecht. So kam es, dass Hansen in seiner Verzweiflung den Kaufmann Menssen zunächst um Hilfe in Form eines Kredites bat und dann, als er Menssens missmutiges Gesicht sah, für die stets ausgesprochene Loyalität plädierte und ihm eine Partnerschaft vorschlug.

      „Hansen, es ist lobenswert, dass du dich an mich wendest, aber solange ich nicht weiß, um was für eine Ware es geht, werde ich keine Entscheidung treffen können. Das verstehst du doch, oder?“

      „Menssen, zunächst wollte ich nur wissen, ob du überhaupt bereit bist einen Partner an deiner Seite zu sehen.“

      „Wie gesagt, wenn ich nicht weiß, um was genau es geht, wirst du von mir keine zufriedenstellende Antwort erhalten können. Und so wie ich das sehe, wird es sich nicht um eine Ladung Heringe von den Wikingern handeln.“

      „Nein, kein Fisch“, sagte Hansen aufgeregt. Und nachdem er Menssen eine Weile ins Gesicht sah, um bei ihm irgendeine Regung zu erkennen, sagte er, als Menssen keine Miene verzog und immer noch fragend dreinschaute: „Aber um Salz, Menssen.“

      Bei dem Wort Salz musste sich Menssen zusammenreißen, um keine Luftsprünge zu machen. Endlich hatte er einen Weg gefunden, sich an dieser wertvollen Handelsware zu beteiligen.

      Ein Temperamentsausbruch im Beisein von Hansen hätte den Gewinn für ihn um einiges geschmälert.

      „Hansen, von wo abzuholen und nach wohin zu transportieren?“, fragte Menssen gelangweilt.

      „Also, es muss aus Halle abgeholt, nach Moskau und Kiew transportiert werden. Die Abnehmer warten schon seit geraumer Zeit auf diese Lieferung“, antwortete Hansen ebenso gelangweilt.

      „Soll das heißen, dass die Ware schon längst geliefert sein sollte, Hansen?“

      „Nein, natürlich nicht. Das heißt lediglich, dass die Zeit drängt.“

      Jeder wusste welche Zustände gerade in Russland und speziell um Kiew herrschten. Da sind Überfälle noch das geringste Übel. Obwohl der Seeweg nicht ungefährlicher war, aber die See und ihr Umfeld, damit konnte er sehr gut umgehen.

      „Bist du überhaupt noch imstande einen klaren Gedanken zu fassen, Hansen? Du willst mich wohl ins Verderben schicken?!“

      „Menssen, hast du überhaupt zugehört? Es geht hier um Salz. Und zwar nicht mal nur um eine Tüte, sondern um genau 1000 Salztonnen.“

      „Das sind ja 405 Pfund oder etwa 135 Liter pro Tonne“, sagte Menssen etwas freundlicher. „Wie um Gottes Willen bist du an diesen Auftrag gekommen, Hansen?“

      „Eher durch Zufall. Ein Kaufmannsfreund aus Halle hat sich an diese Ware, auch weil es nach Russland gehen soll, nicht rangetraut.“

      „Und was ist mit den Wittenborgs? Haben die nicht die Hand auf diese Güter?“

      „In der Regel schon. Da aber die Salzproduktion in Lübeck gedrosselt wurde, weicht auch ein Wittenborg nach Halle aus. Aber diesen Kaufmann in Halle hat der Wittenborg mächtig verärgert. Er hat ihn schlichtweg übers Ohr gehauen. Außerdem ist er, wenn es um Salz geht, ausschließlich in Lüneburg aktiv. Er hat keine Verbindungen woanders hin, wenn man so will.“

      „Scheint ja ein toller Freund zu sein, dass er da an dich dachte. Aber bist du dir sicher, dass er dich, mit dem Bestimmungsort der Salzladung, nicht ins Verderben schicken will, so wie du mich jetzt?“

      „Ich hätte mich doch nicht an dich gewandt, Menssen, wenn ich nicht wüsste, dass du weit und breit der Einzige bist, der Wittenborg und allen anderen die Stirn bieten kann und das mit Erfolg zu Ende bringt. Du hast auch als Einziger die Mittel dazu oder sagen wir mal so, mir ist niemand bekannt, der nur halbwegs das Zeug dafür hat.“

      „Was soll denn das? Appellierst du jetzt an mein Ego? Na, egal. Gut, Hansen, lass mich das mal durchdenken, vielleicht bin ich dabei.“

      Salzproduktion in der Hansestadt Halle an der Saale

      Allein schon, dass es hier um Salz ging, welches als „weißes Gold“ bezeichnet wurde, prädestinierte Menssen für dieses Geschäft, zumal in Lüneburg nur begrenzt, wenn überhaupt Salzankäufe zu tätigen waren. Beide Vertragspartner wussten nun um den möglichen Verdienst bei diesem Auftrag, ließen es sich gegenseitig aber nicht anmerken.

      „Menssen, du hast fünf Koggen und die fassen doch solche Mengen bequem.“

      „Und was ist mit Pferd und Wagen, Hansen? Wir müssen über Land und da sind eben Pferde und Wagen unerlässlich. Außerdem werden wir einige Männer brauchen, die die Tour absichern. Das muss ich also auch noch irgendwie hinbekommen. Aber ich glaube da eine Idee zu haben.“

      Hansen war es nicht möglich die finanziellen Mittel aufzubringen, sowie auch noch den Transport über den Seeweg zu bewerkstelligen, um diese riesige Ladung Salz von Halle nach Lübeck und dann nach Moskau und Kiew zu bringen.

      So vereinbarten sie, dass Hansen den Landweg und er den Seeweg und Landweg nach Moskau und Kiew allein zu bewältigen hatten. Da Menssen keinen eigenen Transport, und schon gar nicht für sofort, über Land zur Verfügung hatte, stimmte er dem Angebot des Kaufmanns Hansen zu, allerdings nur dann, wenn Hansen seine gesamten Transportmöglichkeiten zur Verfügung stellte, welches er anstandslos bewilligte.

      Nachdem das abgeklärt war, ging man jetzt die Einzelheiten bezüglich des Transports und der Finanzen durch.

      Menssen bestand, nach Abzug aller Kosten, auf 60 Prozent der Einnahmen, die ihm Hansen schließlich auch widerwillig zusagte. Eines seiner Argumente für den Löwenanteil des Gewinns waren eben die Unruhen, die gerade in den Regionen der Anlieferung des Salzes herrschten, was allerdings auch für den Seeweg zutraf. Hansen verlangte im Gegenzug einen schriftlichen Vertrag für die Aufteilung der Arbeit nebst seiner Fuhrwerke, die er bereitstellt und des zu erwartenden Gewinns.

      „Menssen, wir müssen noch zum Bürgermeister Wittenborg um das Schreiben beglaubigen zu lassen.“

      „Ist mir klar, Hansen. Nur glaube ich, dass wenn er von dem Salzgeschäft erfährt, er uns einen Strick daraus drehen wird.“

      „Das Risiko müssen wir halt eingehen.“

      „Du hast ja recht. Die Unterschrift muss rauf um diesen Handel amtlich zu machen.“

      Sowie per Handschlag abgemacht, gingen sie zum Schreiber der Stadt Lübeck und setzten eine Urkunde auf.

      Danach gingen sie mit gemischten Gefühlen los und ließen die Urkunde vom Lübecker Bürgermeister Johann Wittenborg beglaubigen, der diese dann, darauf bestand er, in der Trese, dem Tresor der Stadt in der Marienkirche, wegschloss. Diese Trese war mit sieben Schlössern gesichert. Beide wunderten sich im Nachhinein, dass der Bürgermeister keine Fragen stellte.

      Wittenborgs Schweigen konnte auch damit zusammenhängen, dass eine Salzlieferung seines Vaters Hermann nach Schweden und Dänemark von Räubern überfallen wurde. Alle seine Männer wurden getötet, bis auf einen. Dieser konnte die schlechte Nachricht, dass die Männer tot waren und die Salzladung verloren war, bis nach Lübeck zu Hermann Wittenborg tragen.

      Nachbau einer Hansekogge um 1400 mit dem Wappen des Deutschen Ordens in den Segeln. Sie hatte eine Länge von 21 Metern, eine Breite von 7 Metern und wurde aus Eichenholz gefertigt. 1962 wurden beim Ausbaggern der Fahrrinne im Bremer Hafen Teile einer solchen Kogge entdeckt. Jene Kogge soll, so die Vermutung der Archäologen, bei der Sturmflut 1380 gesunken sein. Es ist die einzige Kogge die je gefunden wurde.