Behandlung von chronischen Schmerzen mit dem Biokinematik Therapiekonzept. Körperliche Fitness und Beweglichkeit zurückgewinnen – muskulär bedingte Fehlfunktionen und Arthrose vermeiden. Dirk Ohlsen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dirk Ohlsen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783752989717
Скачать книгу
Er wird regelrecht in eine Körperposition gezwungen, in der er natürlicherweise wieder perfekt zusammenwachsen kann. Hierzu dient auch die (von der Evolution her gesehen) sinnvolle Schwellung, welche die Knochen auf natürliche Weise zu repositionieren versucht. Dies ist Teil unseres Überlebensprogramms, als noch keine medizinische Versorgung gewährleistet war.Wird dieser Arm akutmedizinisch gerichtet und eingegipst, verschwindet der Schmerz in der Regel schnell. Das Unterbewusstsein hat selbständig richtig kombiniert, dass der Schmerz nun nicht mehr erforderlich ist, um die dauerhafte Ruhigstellung des Arms und damit die idealen Heilungsbedingungen zu gewährleisten.

      In diesem fiktiven Beispiel wurde dargestellt, wie das Unterbewusstsein zusätzlich beliebige Schmerzen, beispielsweise im Schultergelenk, hervorbringen kann, um entweder die Selbstheilung zu optimieren oder weiteren, zusätzlichen Schaden abzuwenden.

      Bei dieser zweiten Art von (zusätzlichen) Schmerzen, die mit der Ursprungsverletzung direkt nichts zu tun haben, liegt somit die Ursache im Inneren des Körpers – genauer im Regulationsprogramm des Unterbewusstseins. Diese Schmerzen können chronisch werden, falls das Unterbewusstsein die Aufrechterhaltung von Schmerz als dauerhaft sinnvoll ansieht. In vielen Fällen kann dies als eine Art „Warnschmerz“ interpretiert werden.

Allgemeiner Grundsatz bei Schmerzen:Je weniger Bewegung, umso weniger Schmerzen. Doch auch in vermeintlicher Ruhe können Schmerzen bestehen, denn Bewegung ist permanent im Körper vorhanden – alleine durch das Atmen werden viele Muskeln vom Kopf bis zum Fuß in Arbeit versetzt. Chronische Schmerzen sollten deshalb immer im Zusammenhang mit den jeweiligen Muskelbewegungen betrachtet werden.

      Selbstverständlich haben viele Schmerzpatienten die Erfahrung gemacht, dass körperliche Bewegung manchmal auch zu Schmerzlinderung führt. Der hier aufgestellte Grundsatz behält dennoch Gültigkeit. In der Regel wird eine ganz bestimmte Bewegung erst einmal zu einer (kurzfristigen) Schmerzverschlimmerung führen. Dies ist therapeutisch eine wichtige Information, weil sie beispielsweise die beteiligten Muskelstrukturen aufzeigt, die möglicherweise funktionsgestört sind. Somit wird die Muskulatur zum Dreh- und Angelpunkt bei einer Vielzahl chronischer Schmerzen. Der Begriff „Muskulatur“ wird hier umfassend verwendet: Er schließt auch das gesamte Bindegewebssystem (Faszien) in dieser Struktur mit ein, da es sich funktional im Alltag nicht trennen lässt.

      Persönlich durfte ich vor einigen Jahren zu diesem Thema tiefgreifende Erfahrungen bei einem diagnostizierten Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule machen:

      Eigene Erfahrungen mit

      chronischem Rückenschmerz

Im Jahr 2002 erlitt ich einen schweren Skiunfall, bei dem ich abseits der Piste an einem Abhang einige Meter hinunterfiel. Danach litt ich an starken Schmerzen im Rücken und ausstrahlend in das Bein, so dass ich kaum mehr stehen und laufen konnte. Anschließend war über viele Monate hinweg keiner der aufgesuchten Orthopäden und Therapeuten in der Lage, die Ursache dieses Problems zu beseitigen und mich von diesem Schmerz dauerhaft zu befreien. Kliniken rieten zur sofortigen Operation an der Bandscheibe und Radiologen sprachen von einem der größten Bandscheibenvorfälle in meiner Lendenwirbelsäule. den sie jemals gesehen hatten. Bei Nicht-Operation deuteten sie mir dauerhafte Lähmungen an. Da ich eine Lösung ohne Operation suchte, umfassten meine Therapieversuche auch ein intensives, medizinisches Rückenkräftigungsprogramm, bei dem ich am Ende das Höchstgewicht eines Trainingsgerätes stemmen konnte. Dies blieb ebenfalls ohne positive Auswirkung, sondern verschlimmerte die Schmerzen sogar noch weiter.

      Nicht ursachengerechte Behandlungen

      Therapeuten, die den Versuch unternahmen, mich von diesen Schmerzen zu befreien, behandelten immer – wie ich heute weiss – an der falschen Stelle. Dies war vor allem die Rückseite meiner Wirbelsäule. Es erscheint nachvollziehbar, warum viele Therapeuten dazu neigen, am Schmerzort zu behandeln. Sie haben es so gelernt und setzen vermutlich aufgrund ihrer Ausbildung und ihren eigenen, frühkindlichen Erfahrungen mit Verletzungen die Schmerzstelle und den Ort des Problems gleich. Dabei übersehen sie vermutlich oftmals die tieferen Zusammenhänge der Regulationslogik des Körpers. Sie beziehen nicht vollständig in ihre Überlegungen mit ein, dass das Unterbewusstsein absichtlich Schmerzen an beliebigen Orten, die aus seiner Sicht nützlich sind, hervorbringen kann. So will es den Körper vor (weiterer) Verletzung schützen, auf ein Problem aufmerksam machen oder eine Warnung aussenden.

      Während Monaten voller Schmerz wurde ich mit einer Vielzahl von Schmerztheorien der Medizinwissenschaft konfrontiert, die sich bei genauerer Prüfung allesamt unlogisch anhörten. So wurde neben einem massiven Bandscheibenvorfall, der eindeutig auf eine Nervenwurzel im entsprechenden Bereich drücken sollte, auch immer von einer Entzündung gesprochen. Ich entgegnete, dass mein Körper, der ansonsten vollkommen gesund war, doch eine Entzündung mit seinem Immunsystem in kurzer Zeit in den Griff bekommen sollte. Zudem konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Körper, der nach einem Unfall normalerweise mit blau-rötlichen Prellungen und damit verbundenen Entzündungen hervorragend zurechtkommt, nicht erfolgreich in der Lage sein sollte, eine wie auch immer geartete Entzündung im Wirbelsäulenbereich zu bekämpfen.

      Viele Aussagen der behandelnden Orthopäden waren zudem in sich widersprüchlich. Es konnte mir keiner erklären, warum sich eine sofortige Schmerzfreiheit im Sitzen oder einer sogenannten Stufenlagerung einstellte. Falls die Ursache eine angebliche Entzündung der Nervenwurzel oder ein blockierter Wirbel wäre, könnte diese sich doch nicht in Sekunden oder Minuten auflösen lassen!? Wenn der Bandscheibenvorfall selbst das Problem wäre, warum war der Schmerz dann im Sitzen besser? Der Medizinwissenschaft ist durch Röntgenaufnahmen gut bekannt, dass der Vorfall der Bandscheibe beim Sitzen anatomisch tendenziell noch stärker begünstigt wird. Ich begann deshalb, die Bandscheibe immer weniger als den eigentlichen „Übeltäter“ anzusehen, war hierbei jedoch ziemlich auf mich alleine gestellt, da alle Behandler von ihrem „klassischen Bandscheibenvorfallmodell“ nicht abweichen wollten.

      Heute weiß ich, dass dies kein Einzelfall ist. Je mehr ich mich mit dem Thema auseinandersetzte, umso mehr wurde mir bewusst, wie viele Menschen unter Rückenproblemen leiden und bislang keine geeignete Therapie finden. Irgendetwas muss mit der bisherigen Schmerztheorie falsch sein, denn Rückenschmerzen sind Deutschlands Volkskrankheit Nummer Eins. Von Jahr zu Jahr leiden immer mehr Menschen darunter – die Wachstumsrate beträgt etwa 3 % – 5 % und damit erheblich mehr als demographische Alterungsprozesse erklären würden.

      Bei meinen ausführlichen Recherchen erschien mir als Lösung die reine Symptombekämpfung durch die ständige Einnahme von Schmerzmitteln auf Dauer nicht zielführend zu sein. Ich war sicher, dass ich einen anderen Weg finden musste, denn viele meiner Therapeuten berichteten mir auch von ihren eigenen, aktuellen Schmerzproblemen. Der Rat der Orthopäden war zu diesem Zeitpunkt bei einer Bandscheiben-Operation angelangt. Häufig wurde ich in der damaligen Zeit mit regelrecht Angst einflößenden Ratschlägen konfrontiert, wie „Ihre Skier können sie verkaufen, die werden sie nie wieder benutzen können.“ Bis heute weiß ich nicht, inwieweit die Tatsache, Privatpatient zu sein, hierbei eine Rolle gespielt hat. Aber die aufgebaute psychisch-emotionale Drohkulisse seitens einiger Neurochirurgen / Orthopäden war doch sehr bemerkenswert.

      Glücklicherweise erläuterte mir kurz danach der Freiburger Arzt Walter Packi über das Behandlungskonzept der Biokinematik die tieferen Zusammenhänge. Er hatte sich als Allgemeinmediziner und Unfallchirurg über viele Jahre hinweg mit dem Zusammenhang zwischen Schmerz und Muskeln beschäftigt und anschließend eine eigene Schmerzklinik gegründet, die seine Forschungsergebnisse sehr erfolgreich bei Patienten umsetzt. Vieles, was hier in diesem Buch zum Thema Schmerz und Muskelfunktion ausgeführt wird, beruht ursprünglich auf seinen Überlegungen. Ich bin ihm heute auch als Therapeut sehr zu Dank verpflichtet, da er mich später in der Klinik mit seinen Ärzten für Biokinematik in dieser Therapie geschult hat.

      Erstmals war mit ihm ein Arzt in der Lage, die Ursache der Schmerzen grundlegend zu erklären. Als er muskuläre Blockaden im Bauchbereich (!) meines Körpers mittels einer Druckpunkttechnik mit seinem Finger auflöste, verschwand der Großteil des Rücken- und Beinschmerzes zu meiner großen Verwunderung innerhalb von Minuten. In den nachfolgenden Tagen erlernte ich die besonderen Übungen der Biokinematik. So habe ich innerhalb weniger Wochen mein körperliches Wohlbefinden wieder vollkommen hergestellt. Mein Unterbewusstsein