Stecken schon die Eltern voller Komplexe, übertragen sie ihre Ängste aufs Kind. Mit der Geschlechtsreife wurde nämlich noch keiner im Kopf erwachsen ‒ dazu bedarf es gründlicher Denkprozesse. Andre nehmen bescheidene Verhältnisse hin, wiegen sie mit Proletenstolz auf und erwarten, dass ihr Kind darin verharrt. Damit verbauen sie intelligenten Nachkommen die Karriere. Es gibt auch heute noch Arbeiter und Bauern, die hoch begabten Kindern eine höhere Schule oder ein Studium verweigern, weil der Nachwuchs nichts Besseres werden darf, als sie selbst.
Bevormundung durch Eltern, die ihre Macht ausspielen, obwohl es ihnen am Durchblick fehlt, hat arge Folgen:
Ein Mädchen beklagte bei gf ihre Angst vor Eltern, die sie bevormunden und rechthaberisch anschreien, weil sie sich mit Elektronik besser auskennt und nur helfen wollte. Sie fragte, was mal aus ihr werden soll, wenn sie sich nicht mehr traut, ihre Meinung zu sagen. Elternrecht darf nicht willkürlich ohne jegliche Kompetenz ausgeübt werden!
Selbst wenn ein Kind aus kleinen Verhältnissen studiert, sucht es nach Möglichkeiten, sich hervorzutun:
Anfang der 70iger Jahre lief im AK-Film des Olympiadorfs eine Studentin mit Turban herum, wie die Filmdiven der Vorkriegszeit. Sie stammte aus dem Arbeitermilieu und wollte mit ihrer albernen Aufmachung offenbar betonen, zu Höherem berufen zu sein. Zur Wende stolzierten zwei hässliche Mädchen aus dem Osten in ähnlichem Aufzug durch ein Kuhdorf nahe Salzburg und kamen sich toll vor, weil sie nun im Westen zur Schauspielschule gingen.
Ein junger Assistenzarzt in einer Kurklinik trank in jeder Mittagspause mit den Schwestern Sekt, riss pausenlos Witze und sonnte sich in Bewunderung. Dass bei dem Gejohle die Patienten ringsum keine Ruhe fanden, kam ihm nicht in den Sinn. Eine Benimmschule an Universitäten wäre wohl bei vielen zukünftigen Akademikern angebracht…
Bestimmt das Wunschdenken akademischer Eltern den Bildungsweg der Sprösslinge, kann das genauso auf Abwege führen, denn ein eher handwerklich begabtes Kind kann durch schulische Überforderung in Verzweiflung geraten oder sich hochmütig überschätzen und nach Fehlschlägen den Halt verlieren. Manche hangeln sich dann mit Hilfe von Ghostwritern für Diplomarbeiten durch.
Typisch für die Vermessenheit verzogener Kinder sind jene voice-kids, die gleich damit prahlen, siegen zu wollen und bereits bei der blind audition durchfallen.
Männer, die sich minderwertig fühlen, verunsichern gern Frauen, indem sie deren Fähigkeiten verächtlich machen oder grundlos an ihnen herum mäkeln. Mein Ex hatte für meine Studienerfolge nur ein abschätziges „so?“ übrig, ein Mann mit 10kg Übergewicht bekrittelte meine Idealfigur.
Offenbar putscht herablassendes Getue ein geringes Selbstwertgefühl auf – nett zu intelligenten Frauen sind nur kluge Männer, die keinen Grund sehen, an sich zu zweifeln.
Ein besonderes Problem sind überbehütende Mütter: Aus Angst, dem Nachwuchs könne ein Unheil geschehen, wird das Kind ständig ausgebremst. Jede sich bietende Möglichkeit, sich auszuprobieren und oder durch Erfolgserlebnisse Selbstbewusstsein zu entwickeln, wird dem Kind verwehrt. Hier ein Beispiel:
Auf dem Spielplatz am Schliersee hielt ich meiner 15 Monate alten Tochter hilfreich die Hand unter den Hintern, als sie unbedingt die Leiter zu einer kleinen Rutsche hinauf klettern wollte. Sie konnte erst sechs Wochen laufen und zitterte vor Anstrengung, hangelte sich aber mit eisernem Willen hoch. Oben sitzend zögerte sie. Ich reichte ihr die Hand und lief beim Hinunterrutschen neben ihr her.
Beim zweiten Anlauf musste ich auf Abstand bleiben – sie wollte es ohne Mama schaffen. Als ich ihr oben die Hand reichte, wehrte sie mich ab, überwand ihre Furcht und bremste vorsichtig mit den Händen ab. Nachdem das glatt gelaufen war, stieg sie festen Trittes die Leiter hoch und glitt ohne zu bremsen hinunter. Mama wurde auf die Bank zu Papa geschoben – wir durften nur noch aus der Ferne applaudieren und waren stolz auf sie.
An einem sonnigen Wintertag fuhren wir erneut dorthin. Unsere 19 Monate alte Tochter kletterte gleich die Rutsche hoch. Der Schneeanzug glitt leichter, als die Cordhose, was ihr sichtlich Spaß machte. Sie stellte sich sogar mutig in die Reihe, als eine Horde weitaus größerer Kinder die Rutsche in Beschlag nahm. Kurz darauf kam ein Paar mit einem Jungen, der etwa ein Jahr älter und einen Kopf größer war. Der trottelige Bub trappelte zur Rutsche, doch die Mutter hielt ihn zurück. Mir tat der Kleine leid und ich ermunterte sie, ihn doch rauf zu lassen. Doch der Vater beharrte, das könne man erst mit 3-4 Jahren. Als ich einwarf, dass meine 1-jährige Tochter das schon könne, wurde sie als Wunderkind bezeichnet, ihr Sohn sei eben noch nicht so weit.
Mit solch dämlichen Vorurteilen verdummt man seinen Nachwuchs – und der wird dann beim „brav herumsitzen“ dick und fett, weil Mama sich ja so freut, wenn es dem Kleinen schmeckt. Ich hab mal so einen schwabbeligen, verblödeten und verfressenen Kindskopf von 25 Lenzen in einer Kurklinik beobachtet...
Was das alles mit Politik zu tun hat?
Politiker treffen sozialpolitische Entscheidungen, obwohl sie keine Ahnung von Pädagogik haben. Da sie sich von Fachwissenschaftlern nichts sagen lassen, verfehlen die Maßnahmen ihr Ziel. Es reicht nicht, Eltern mit Kindergeld zu unterstützen. Außer, dass einige es für sich verschwenden, anstatt ihre Kinder ordentlich zu ernähren und zu kleiden, gibt es Mängel, die man mit Geld nicht beheben kann: Gesittetes Verhalten sollen Kinder zuhause lernen – doch wie, wenn die Eltern haarsträubende Manieren, keine Ahnung von Entwicklungspsychologie oder vernünftigen Erziehungsmethoden haben?
Derartige Unzulänglichkeiten würden langfristig behoben, wenn man diese Fächer in die Lehrpläne aufnähme und die Familienförderung vom Nachweis von Grundlagenwissen abhängig machte. So, wie jetzt, kann 's nicht weitergehen!
Manche Eltern üben selbstherrlich ihr Elternrecht aus, die anderen lassen sich verunsichert von ihren Kleinkindern terrorisieren. Viele haben keine Ahnung von der gesetzlich verankerten Erziehungspflicht und je weniger Grips im Kopf, desto weniger Einsicht, sich fortbilden zu müssen.
Die Frau eines wohlhabenden Handwerkers, deren Kind nach einem Unfall durch Vernachlässigung geistesgestört wurde und im Nachhilfeunterricht total abblockte, erklärte mir hochnäsig, sie lese nie. Von den Interessen des Sohnes hatte sie keine Ahnung, kaufte ihm, was er haben wollte und meinte offenbar, Nachhilfelehrer sollten so nebenbei ihre Erziehungsfehler ausbügeln.
Volkshochschulen bieten Seminare über Kindererziehung an, die mangels Interesse vonseiten Bildungsbedürftiger ausfallen. Doch unsre blauäugigen Politiker lehnen Pflichtkurse ab. Weshalb eigentlich?
Zum Auto fahren braucht man einen Führerschein,
zum Jagen einen Jagdschein,
zum Angeln einen Angelschein –
doch hilflose kleine Menschlein darf jeder Idiot
drangsalieren, verziehen, verblöden, verkorksen,
wie es ihm gerade passt?
Das ist nicht nur menschenverachtend gegenüber den Kindern, sondern gesellschaftspolitischer Schwachsinn. Wen wundert es, wenn unsere Kultur verroht und immer mehr Jugendliche gemütskrank werden? Journalisten prangern Symptome an, die Ursachen sieht keiner.
Doch Politiker wollen das heiße Eisen nicht angehen. Sie verstehen nicht, warum sie selbst so ticken, wie sie ticken, und erst recht nicht, woher das soziale Dilemma kommt.
Die Folgen zwischenmenschlichen Unvermögens kosten nicht nur die Opfer ihr Lebens-Glück, sondern den Staat Millionen für Justiz, Gesundheits- und Sozialkosten: In 80% der Ehen ist der Wurm drin: 50% werden geschieden – von häufig wechselnden wilden Beziehungen ganz zu schweigen. Es gibt Statistiken über gestörte Scheidungswaisen, Alleinerziehende, die der Altersarmut anheim fallen – von Arbeitsausfällen, Angstpsychosen, Süchten, Amokläufen, Kriminalität und Terrorismus. Hie und da wird meist erfolglos versucht, zu therapieren doch gegen die Ursachen der Zustände wird nichts getan!
Verhindern kann man nicht alles, aber das meiste, wenn man die Dinge von vorne herein mit gesundem Menschenverstand