Steinbruchpolka. Birgid Windisch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Birgid Windisch
Издательство: Bookwire
Серия: Mümlingtalkrimi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752916997
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Schritt für Schritt an den Abstieg, während Fränzchen ihr immer ein Stück vorauslief. Kurz darauf waren sie unten. Sie atmete erleichtert aus und ermahnte ihn, vorsichtig zu sein und hieß ihn Sitz machen. Brav setzte sich der Hund neben die Gestalt auf dem Boden und Magda kniete sich neben die ältere Dame, um ihr Hilfe anzubieten. Doch sie war schon viel zu lange Kommissarin und hatte eigentlich sofort erkannt, dass ihr nicht mehr zu helfen war. Trotzdem hatte sie die unrealistische Hoffnung gehegt, sie hätte vielleicht doch nur einen Schwächeanfall erlitten.

      Mit blicklosen Augen starrte die alte Dame in den Himmel und Magda sah sie schaudernd an. Sie kannte und mochte diese Frau. Jahrelang war sie ihr immer wieder im Wald begegnet, wenn sie wie jetzt, mit ihrem Fränzchen unterwegs war. Frau Mollebusch, hieß sie, soweit sie sich erinnerte. Im Ort war sie nur unter „alte Anna“ bekannt, weil sie schon Jahr und Tag allein herumstiefelte und schon immer abgeschafft und alt aussah. „Vielleicht auch vor Gram, wer weiß das schon,“ schoss es ihr durch den Kopf. Sie hatte sie gemocht und es machte sie traurig, zu wissen, dass sie sie nie wieder bei einem Spaziergang hier treffen würde.

      Moment mal - ihr Blick glitt langsam an der Leiche hinab. Was war denn das? Sie sah ein Loch, mitten in Annas Brust, das viel zu groß war für ein Messer. Jetzt erst sah sie, dass Annas rote Bluse, blutdurchtränkt war. Schnell ließ sie die Augen nach oben wandern und stirnrunzelnd fiel ihr ein Blumenkranz ins Auge. Nanu? Er sah fast genauso aus, wie der, den sie als Kind bei der Fronleichnamsprozession immer getragen hatte. Blaue Blüten, in einen Haarreif gefasst. Der Mörder hatte ihn seinem Opfer in die weißen Haare gedrückt. Er schien ziemlich fest zu sitzen. Sicher ein Kinder-Reif, dachte sie und zog rasch ihr Handy aus der Tasche, um entschlossen Bens Nummer zu wählen. „Ben Lieb,“ meldete sich dieser kurz darauf. „Ja, ich bin auch lieb, Ben,“ versuchte sie den alten Scherz, ihre Namen Wild und Lieb betreffend. Aber es gelang ihr nicht, Ben als langjähriger Kollege hörte sofort, dass ihr nicht zum Scherzen zumute war. „Ich brauche dich, es gibt eine Tote hier.“ Ben seufzte vernehmlich. „Kannst du nicht einmal irgendwohin gehen, ohne eine Leiche zu finden?“ Magda verdrehte die Augen, ohne dran zu denken, dass er das gar nicht sehen konnte.

      „Anscheinend nicht. Bitte informiere sofort die Spusi, ich brauche das volle Programm. Es war Mord!“

      „Alles klar, Magda, wir sind unterwegs! Moment – wo bist du überhaupt?“ „Fahr, wenn du von Hainstadt kommst, im Mömlinger Kreisel die zweite Ausfahrt den Berg hoch, bis ganz oben. Am Schützenhaus parkst du und ich telefoniere dich zu mir.“ „Alles klar!“ Ben legte auf und Magda wischte sich erleichtert über die Augen. Der Tod von Anna ging ihr näher, als sie gedacht hätte.

      Ihre Nackenhärchen richteten sich auf und sie drehte sich erschrocken, mit einem Ruck um. Forschend ließ sie ihre Augen von Baum zu Baum gleiten. Fränzchen fing plötzlich an zu knurren und Magda beruhigte ihn mit sanften Worten. Dann packte sie ihn fest an der Leine, zog ihre Pistole, die sie im Wald immer bei sich trug, obwohl es gegen die Vorschrift war und schob sich langsam mit ihm in Richtung der Bäume, bis sie es laut knacken hörte, als würde etwas Großes durchs Unterholz brechen. „Der hat einen ganz schönen Zahn drauf, gell, Fränzchen?“ Der Hund sah zustimmend zu ihr hoch und Magda drehte sich wieder um, nicht ohne sich vorher den Baum zu merken, hinter dem der mutmaßliche Beobachter gestanden hatte. „Wir kriegen dich!“ Laut brüllte sie es hinter ihm her und registrierte befriedigt, dass sie zusammen mit Fränzchen, der wieder begonnen hatte zu bellen, anscheinend ganz schön einschüchternd wirken konnte.

      D R E I

      Zornig stand der Mörder hinter der dicken Buche und beobachtete, wie die Frau mit dem komischen Hund, „seine“ Leiche untersuchte. Er war noch nicht ganz fertig gewesen und hatte sie noch schöner betten wollen. Nun musste er sich damit begnügen, seine Handyfotos anzusehen, die er zum Glück gleich nach dem Mord gemacht hatte. Wenigstens den Blütenkranz hatte er ihr aufsetzen können. Er lächelte versonnen. Schön, hatte sie ausgesehen. So friedlich und jung. Sicher hatte sie sich über den Kranz gefreut. Er hatte ihr den blauen Kranz aufgesetzt, weil er am besten zu ihren Haaren ausgesehen hatte. Wie ein Mädchen wirkte sie jetzt. Keine alte Frau sollte allein im Wald umherlaufen müssen. Aber jetzt war sie ja erlöst.

      Doch dass er seinen Tanz nicht vollenden konnte, das nahm er der Frau mit dem Hund sehr übel. Schließlich gehörte das zu seinem Ritual und war ihm sehr wichtig!

      Unwillig schüttelte er den Kopf und zog sich vorsichtig zurück.

      Zuhause nahm er das Handy in die Hand, um die Speicherkarte herauszunehmen, wobei sich seine Miene leicht aufhellte. Dann schaltete er den Laptop ein, den er in seinem alten Kinderzimmer, im Haus seiner Mutter, versteckt hatte. Flink steckte er sie in den Adapter. Dann lud er die Bilder auf den Rechner, wobei er jedes noch einmal genau musterte. Sein Herz klopfte schneller vor Aufregung.

      Seine zweite Leiche in dieser Gegend! Stolz vor sich hin schmunzelnd, hob er seinen Rucksack, in der er die Kränzchen, in ihrer Schatulle sicher verwahrt, transportiert hatte und holte sie nacheinander heraus, um sie auf dem Schreibtisch auszulegen. Gänseblümchen und lila Veilchen waren dabei, rote und zwei mit rosa Rosen. Die würden noch eine Weile reichen. Voll Genugtuung legte er sie vorsichtig zurück, wobei er zärtlich zwischen jeden Kranz eine Lage Seidenpapier legte.

      Er legte die Stirn in Falten. Er musste noch einmal zu diesem Flohmarkt gehen, wo er drei Kränzchen gekauft hatte. Schließlich mussten sie zu seiner Trägerin auch passen!

      Die anderen Kränze hatte er von seinen alten Damen redlich erworben. Er lachte laut auf. So konnte man es auch nennen!“ Sie brauchten sie jetzt nicht mehr. Er dagegen konnte sie gut verwenden.

      Nachdenklich betrachtete er die silberne Spange in seiner Hand. Es war nicht mehr als recht und billig, dass er sie als Andenken behalten hatte. Schließlich hatte die alte Dame seinen wunderschönen Blütenkranz dafür bekommen und ein Haarschmuck war wirklich genug für eine alte Frau!

      V I E R

      Zehn Minuten später waren Ben, Eddie, Anne und Freddy da. Sie hatten von unterwegs angerufen und Magda hatte sie zum Parkplatz an den Steinbrüchen gelotst. Glücklicherweise war die Schranke oben gewesen, wie sie bei ihrem Aufgang bereits gesehen hatte und so war es für ihr Team kein Problem, zum bezeichneten Parkplatz zu gelangen. Von dort aus waren es höchstens zwei Minuten zu Fuß zum Tatort.

      Kurz danach stieß auch Susi zu ihnen, die mollige Rechtsmedizinerin. Sie kannte sich in Mömlingen gut aus, von ihren früheren Spaziergängen mit Magda und hatte problemlos alleine hergefunden.

      Freddy begann sofort damit, die Leiche zu fotografieren, während Eddie und Anne vorsichtig die Umgebung absuchten. Magda hatte ihnen den Baum gezeigt, hinter dem der mutmaßliche Täter gestanden hatte und kurz darauf hielt Anne triumphierend ein gebrauchtes Papiertaschentuch in der Hand. Magda grinste spöttisch. „Du bist eine absolut genügsame Frau. Schon ein gebrauchtes Papiertaschentuch kann dich glücklich machen!“

      „Das ist wahr, Chefin,“ lächelte Anne zufrieden. „Besonders dieses, denn ich hoffe, es ist die DNA des Täters drauf.“ „Ich denke schon,“ meinte Eddie langsam. „Aber wenn er nicht in unserer Datei ist, nutzt es uns wenig.“ „Warte nur ab,“ blitzte ihn Anne temperamentvoll an. „Wir werden schon noch ein paar Verdächtige finden und dann haben wir ihn!“ Magda sah sie nachdenklich an. „Möglich! Aber nur dann.“

      „Ja, ich weiß,“ sagte Anne kleinlaut. „Macht nichts,“ beschwichtigte Ben. „Wir finden ihn einfach und damit basta.“

      „Habt ihr den Blumenkranz gesehen?“ wandte sich Magda an ihr Team. „Klar Chefin, so etwas würde mir nie entgehen,“ rief Anna mit blitzenden Augen. „Das glaub ich sofort,“ lächelte Ben süffisant. „Habt ihr ihn eingetütet?“ Eddie hob seinen Spurenkoffer. „Na klar, was denkst du denn!“ „Was meint ihr dazu?“ wollte Magda wissen. Nachdenklich zog Eddie die Nase hoch. „Ich würde auf den ersten Blick sagen, dass es sich um einen alten Kinderreif handelt. Die Blüten