Lichtsturm IV. Mark Lanvall. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mark Lanvall
Издательство: Bookwire
Серия: Lichtsturm
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748596356
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der früher Bogenschütze im alten Galandwyn gewesen war, später zum Anführer der abtrünnigen Alben aufstieg und diese schließlich zurück in die Anderswelt führte. Der zweite Kopf war ein Bärenkopf. Er gehörte Totzal, einem zwei Meter großen Gorgoil, vor dem Ben allergrößten Respekt hatte. Allein schon wegen der wilden Geschichten, die Larinil von diesen Kreaturen erzählt hatte. Totzal allerdings gehörte zu den Guten, hatte Geysbin versichert. Der Bärenköpfige hatte bereits eine beträchtliche Streitmacht hinter sich versammelt, eine, die es immerhin geschafft hatte, ihn, Kristin und die anderen am Übergang aus dem Schlamassel zu ziehen. Ben bedachte Totzal mit einem dankbaren Lächeln und einem Nicken. Schwer zu sagen, ob das irgendetwas in dem Gorgoil auslöste. Seine dunklen Augen blinzelten kurz, stierten ihn dann aber weiter unverhohlen an.

      Gintwain sagte etwas auf Albisch, was Ben aber nur in Ansätzen verstand. Zum Glück übersetzte Geysbin.

      „Er sagt, dass Totzal mit Begriffen wie Höflichkeit oder Dankbarkeit nichts anfangen kann. Dagegen aber mit solchen wie Loyalität und Tapferkeit. Er kennt deine Geschichte und hat deshalb höchste Achtung vor dir.“

      Ben nickte kurz und setzte sich. Diese Unterhaltung könnte zur Herausforderung werden, dachte er. Natalie verstand kein Albisch, Gintwain nur wenig Deutsch und Totzal weder das eine noch das andere. Ben versuchte es trotzdem.

      „Sag Gintwain bitte, er soll Totzal sagen, dass es mir eine große Ehre war, an seiner Seite zu kämpfen.“

      Keine Ahnung, ob das richtig war. In Star Trek sagte man so etwas, wenn man einem Klingonen eine Freude machen wollte. Vielleicht funktionierte das ja auch bei Gorgoils.

      Gintwain nickte anerkennend. „Ich verstanden“, sagte er und drehte sich zu dem Bärenköpfigen. Was dann kam, waren ein paar grunzende, keuchende Laute, die Ben im Leben nicht für eine Sprache gehalten hätte. Als Gintwain fertig war, stieß Totzal einen kurzen, aber lauten Brüller aus und schlug sich zweimal kräftig auf die pelzige Brust.

      Ben sah, dass sich Natalie erschrak. Geysbin und Gintwain dagegen blieben ruhig sitzen und sahen dabei sehr zufrieden aus.

      „War das gut oder nicht so gut?“, fragte Ben.

      „Das war sehr gut, Ben Hartzberg“, antwortete Geysbin. „Totzal scheint dich zu mögen.“

      „Wow“, meinte Ben nur mit einem Stirnrunzeln.

      Und Natalie ergänzte grinsend: „Na, wenn das Mal nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ist!“

      Sie hatte allmählich wieder Farbe im Gesicht bekommen, stellte Ben erleichtert fest. Natürlich machte er sich Sorgen. Natalie war der einzige Mensch hier in der Anderswelt. Und damit war sie schwächer, ihr Organismus weit weniger widerstandsfähig als der der Alben. Für sie war es schlicht und einfach saukalt hier in der Festung. Kein Problem für Spitzohren, die sich im wahrsten Sinne mit ein paar warmen Worten schützen konnte. Natalie blieb dagegen nur, zu zittern. Oder sich, so wie jetzt, eine der dicken Antarktis-Jacken überzuziehen, die Ben ihr via Maus organisiert hatte. Niemand konnte aber wirklich wissen, was diese fremde Welt auf Dauer mit ihr machte. Vielleicht hätte Ben mit ihr in Neuseeland bleiben sollen. Da gab es noch Menschen, die in einem Alben nicht automatisch auch einen Feind sahen. Die Anti-Mutanten-Hysterie war dort noch nicht mit voller Breitseite angekommen. Eine Weile lang wäre das sicher noch gut gegangen. Vielleicht jedenfalls.

      „Es wäre an Gintwain, diese Zusammenkunft zu leiten“, sagte Geysbin dann. „Es ist sein Galandwyn, in dem er uns Unterkunft gewährt.“

      „Hanat ras fanaimel, si Nuvajan“, erwiderte Gintwain freundlich. Das hatte Ben verstanden. „Ihr seid überaus willkommen, meine Freunde!“

      Geysbin fuhr fort: „Dennoch bat er mich, das Wort zu führen. Er behauptet, seine Deutschkenntnisse seien noch nicht ausreichend. Doch versteht er längst das meiste von dem, was wir sagen. Darüber hinaus aber wird er für Totzal von Zeit zu Zeit übersetzen müssen - eine Aufgabe, die außer ihm niemand in dieser Festung erfüllen könnte.“

      Bemerkenswert war das schon, dachte Ben. Gintwain sollte ein einfacher Krieger gewesen sein, als er und Geysbin sich vor mehr als 2000 Jahren zum ersten Mal begegnet waren. Jetzt hatte er den alten Großmeister in jeder Hinsicht eingeholt, eigentlich sogar überholt, wenn Ben an die Größe des neuen Galandwyn dachte. Einen Machtkampf schien es zwischen den beiden Großmeistern des Lichts trotzdem nicht zu geben. Larinil hatte einmal erzählt, dass es nach der alten Philosophie der Alben so etwas wie eine Hierarchie nicht gab, dafür eine strikte Aufgabenverteilung, die sich ausschließlich nach Fähigkeiten und Anforderungen richtete. So gesehen passte das ins Bild. Gintwain war besser als Übersetzer, Geysbin als Moderator. Die beiden ergänzten sich. Und solange das so war, gab es überhaupt keinen Grund für einen Machtkampf. Ben konnte sich abgesehen davon auch nicht vorstellen, dass jemand wie Geysbin an so etwas Plumpem wie blanker Macht Interesse haben könnte.

      „Ich danke dir, Großmeister Gintwain für deine Hilfe“, sagte Natalie. „Die Verwandelten sind hier in den Festungen alle bestens untergekommen. Nach allem, was ich bisher so höre, kümmern sich die Bewohner Galandwyns rührend um die Neuankömmlinge. Und auch die sprachlichen und kulturellen Barrieren sind zunehmend am Bröckeln. Es sollen schon viele Freundschaften geschlossen worden sein.“

      Gintwain nickte.

      „Neue Elvan jal’Iniai lernen schnell. Hatten gute Lehrmeister.“

      „Ja“, sagte Ben. „Das trifft jedenfalls auf die zu, die wir schon auf Madeira und in Neuseeland unter unseren Fittichen hatten. Sie hatten eine Ahnung davon, was hier auf sie zukommen würde. Sie wissen, was sie sind, was die Macht des Lichts bewirken kann und auch, worum es in diesem Krieg geht. Mehr Sorgen mache ich mir um die neuen ... ich nenne sie mal Rekruten. Die, die wir in den letzten Wochen mit Maus‘ und Viktorias Hilfe nachgeholt haben. Ich schätze, viele von ihnen haben ernste Probleme, das hier zu verdauen. Vermutlich wisst ihr alle, was gestern passiert ist?“

      Zustimmendes Nicken.

      „Und genau darüber haben wir zu reden.“ Geysbins Gesicht nahm sehr ernste Züge an. „Es war leichtfertig von uns, zu glauben, wir seien im Westen vor Sardrowains Truppen sicher. Wir nahmen an, er brauche Zeit, um seine Macht im Osten zu festigen, um dort die Übergänge vor den ständigen Angriffen der Gorgoils zu schützen. Uns war entgangen, dass er vor den Ruinen Sirisil’tweynas bereits ein gut befestigtes Lager errichten ließ.“

      „Adro’wiai bringen Soldaten schnell. Mit großen Himmelsbarken“, ergänzte Gintwain und wechselte dann mit Totzal ein paar schnelle Grunzlaute.

      „Totzals Krieger haben bemerkt, kamen zu Hilfe.“

      „Keine Sekunde zu spät“, sagte Ben. Und das war keine Übertreibung. Die Angreifer waren erschreckend schnell unterwegs. Und sie wussten offenbar recht genau, was sie wollten. Geysbin allerdings schien die Attacke nicht ansatzweise so sehr beeindruckt zu haben wie Ben.

      „Und doch griffen sie nicht mit der vollen Wucht ihrer Streitmacht an. Sie hätten uns vernichtet, wäre das geschehen. Ich vermute, dass ein einzelner Offizier Ruhm erwerben wollte mit der Eroberung eines weiteren Übergangs. Er stürmte wohl allein mit seinen Soldaten, ohne die Befehle eines Heerlenkers eingeholt zu haben. Nun, so erreichte er nur, dass wir jetzt gewarnt sind.“

      Ben atmete tief durch. Daran würde er sich erst gewöhnen müssen. Für ihn war auch dieses Gefecht ernst gewesen. Todernst, um genauer zu sein. Ein blutiger Kampf, in dem es viele Opfer gegeben hatte. In dem es auch ihn beinahe erwischt hätte. Keine kleine Episode auf dem Nebenschauplatz eines gewaltigen Krieges. Verflucht. In was waren er und Natalie da nur hineingeraten? Und was kam wohl als Nächstes?

      „Verstehe ich das richtig, Geysbin? Du gehst davon aus, dass uns Sardrowains Truppen hier angreifen wollen? Hier in Galandwyn? Ist das der Grund, warum er so weit in den Westen vorgedrungen ist?“, fragte Ben.

      „Er erst will Sirisil’tweyna“, erklärte Gintwain.

      Geysbin nickte. „So wird es wohl sein. Er will die gläserne Stadt zurückerobern.“

      „Eher ein gläserner Trümmerhaufen,