Conn: Happy Years. Horst Udo Barsuhn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Horst Udo Barsuhn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752917710
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lebt. Natasha ist eine „Scottish Fold Katze“, mit weißem Fell und Faltohren die so herrlich gerundete Spitzen aufweisen. Sie hat einen großen, runden Kopf, eine breite, kurze Nase, einen muskulösen Körper, mit breiter Brust und kräftigen, runden Pfoten. Die runden, großen Augen blicken selbstbewusst und freundlich, obwohl sie sich immer etwas zurückhaltend und unnahbar gibt. Der kürzeste Weg vom Fangplatz zu ihr, führt direkt über den Marktplatz.

      Frohgelaunt, mit der frischen Ratte, die links und rechts aus meinem Mund herunterhängt, laufe ich zwischen den Verkaufsständen umher und höre über welche Neuigkeiten sich meine Mitbewohner unterhalten. Eine hübsche junge Lady steht am Gemüsestand und die Verkäuferin spricht sie schmunzelnd an: „Melanie, der Lehrer fragt den „Fritzl“ (Coon: Kindername, wird in der Pfalz gerne für das Erzählen von Witzen genommen): „Fritzl, was ist das für ein Fall, wenn Du sagst: „Lernen macht Spaß“? Fritzl überlegt kurz und sagt dann: „Ein unmöglicher Fall, Herr Lehrer“. Melanie lacht und erzählt der Marktfrau auch eine Geschichte zum Lachen: „Heute Nacht, kurz nach 3 Uhr, sind wir durch lang anhaltendes, schrilles Piepsen wach geworden. Nach einiger Zeit habe ich die Ruhestörung bei der Polizei gemeldet. Die sind dann auch gekommen und haben festgestellt, dass der nervige Lärm aus einem Müllcontainer kommt. Die Beamten haben dann zwei ältere Rauchmelder aus dem Container herausgefischt und dann vergeblich versucht sie auszuschalten. Selbst auf den Boden werfen hat nichts geholfen. Ich habe dann den Polizisten einen Hammer herausgebracht. Damit haben sie die Lärmgeräusche, inklusive den Rauchmeldern zerschlagen. Den Dreck den die Polizisten zurückgelassen hatten, habe ich dann aber vom Bürgersteig entfernt“. Die Marktfrau lacht schallend, hält dann aber plötzlich damit inne, reißt ihre Augen erschreckt auf, starrt mich an, und wenige Sekundenbruchteile später glaubt man, eine Sirene sei eingeschaltet worden. Dann zeigt sie mit dem Finger auf mich, kann aber außer ihrem Sirenengeheul keinen anderen Ton herausbringen. Melanie sieht jetzt ebenfalls zu mir hin, eine ähnliche Reaktion erfolgt: Bebende Lippen, Schnappatmung, geweitet aufgerissene Augen und ein offener Mund.

      Na, meine Damen denke ich mir, noch keinen stattlichen, schwarzen Maine Coon Kater gesehen? Nach kurzer Zeit fällt mir wieder ein, dass ich ja meine Jagdtrophäe noch im Mund mit mir herumtrage. Ich lege die Ratte kurz ab, betrachte sie und muss feststellen: Wirklich eine stattliche Beute. Selbst mir ist es bisher erst ein- oder zweimal gelungen ein so prächtiges Exemplar zu erbeuten. Ist doch klar, dass die hier anwesenden Menschen, vor lauter Neid, nicht so eine saftige, noch warme, wohlgenährte Ratte ihr eigen nennen zu dürfen, vor Bewunderung fast ausrasten. Unter normalen Umständen hätte ich jetzt schnellstmöglich die Beute zu Natasha gebracht, aber ich möchte natürlich auch den menschlichen Mitgeschöpfen die Gelegenheit geben, so ein tolles Exemplar der Nagetierfamilie, aus der Nähe, bewundern zu können. Was macht man nicht alles für die Zweibeiner denke ich mir und nehme die Ratte wieder zwischen meine Zähne. Dann laufe ich zwischen den Marktständen und dem anwesenden Publikum herum und nähere mich so nahe es geht den Anwesenden. Welch tolle Reaktionen sind daraufhin zu sehen: Vor Begeisterung schreien einige laut auf, andere wedeln mit den Armen, wieder andere halten sich die Hände vor den offenen Mund und bekommen nur noch spitze Schreie heraus.

      Normalerweise bevorzugen wir Katzen, dank unseres Hörvermögens und entwicklungsbedingt, die leisen Geräusche. Inzwischen habe ich aber oft erlebt, dass der Mensch seine Unterstützung und Anfeuerungen, beispielsweise bei sportlichen Wettkämpfen, sehr lautstark herausschreien muss. Heute ist das auf dem Marktplatz der Fall, besonders die Standbesitzer scheinen sich, vor absoluter Begeisterung, kaum noch ruhig halten zu können. Sie schreien, toben, winken heftig mit ihren Fäusten, einige werfen sogar Äpfel und Tomaten. Wie auf ein geheimes Signal scheinen die Kunden zudem beschlossen zu haben eine selektive Art eines Gymnastikprogramms aufzuführen. Hier rudern noch einige mit den Armen, dort hüpfen die nächsten aus meinem Laufweg. Andere schieben ihren Mann vor sich, oder petzen ihn in den Oberarm, wieder andere erhöhen ihre Schrittgeschwindigkeit und entfernen sich schnellstmöglich von mir. Ich sehe nach links und rasch nach rechts, die Ratte wird im Mund herumgeschlenkert und sieht dabei bestimmt so aus, als wäre sie noch am Leben und würde sich jeden Moment panisch befreien und dann davonrennen wollen. Ich glaube mit dieser Nummer könnte ich überall auftreten, denn das wirkt so natürlich und lebendig. Die Laufgeschwindigkeit einiger Kunden erhöht sich jetzt nochmals, fast würde ich das bei manchen sogar schon in die Rubrik fortrennen einordnen. Dann die verschiedenen Geräusche der uneingeschränkten Begeisterung wie beispielsweise: „Igitt, wie eklig“ oder: „Lasst mich schnell durch, ich glaube ich werde ohnmächtig“, aber auch: „jetzt sieh dir mal dieses Vieh an“. Als eine Frau meint: „Vielleicht hat sie die Tollwut“? kann ich nur den Kopf, mit dem erbeuteten Nagetier in meinem Mund schütteln und denke über die Frau: „Kleines Dummerchen, weißt du denn nicht, dass Tollwut eine Krankheit ist und keine Tierbezeichnung? So wenig wissen viele Menschen über die Natur, sie können noch nicht einmal eine Ratte identifizieren. Ich habe eine Ratte erbeutet und mir keine Krankheit eingefangen! Doch wenn ich schon einmal bei so vielen Menschen bin, will ich auch sehr großzügig beim Thema Nachhilfeunterricht im Fach Biologie sein und praktischen Anschauungsunterricht geben. Aus diesem Grunde bin ich dann kreuz und quer umhergelaufen, habe mal da, mal dort die Ratte hingeworfen, dann wieder aufgenommen und mich wieder den einzelnen Ständen gewidmet. Leider hatten die Menschen an diesem Tag sehr wenig Zeit und der Marktplatz hat sich schon nach kurzer Zeit vollständig geleert. Einige Besitzer von Marktständen sind von meiner Vorstellung jedoch besonders hingerissen und winken mir mit geschlossener Faust, heftig nach.

      Ist es nicht schön, wenn man, schon mit geringen Mitteln, so eine herzliche Begeisterung und Anteilnahme auslösen kann? Doch dann wird es auch für mich Zeit zu gehen, denn meine Natasha soll ihr Geschenk so fangfrisch wie möglich erhalten. Ich blicke noch einmal auf den Marktplatz zurück und stelle ganz sachlich fest: So leer habe ich den noch nicht einmal in der dunkelsten Nacht, extremer Kälte, oder bei Starkregen gesehen.

      04: Lydia wird vor Schaden bewahrt:

      Lydia ist eine schon etwas ältere, schlanke Dame, der man ihre 84 Lebensjahre nicht ansieht. Nach dem zweiten Weltkrieg hat sie, schon als Kind, bei Landwirten in einem Pfälzischen Dorf mitgeholfen und so ihre Familie unterstützt die schlechten Zeiten zu überstehen. Später hat sie dann bei reichen Familien zuerst sauber gemacht und dann den Kindern geholfen die ersten Schuljahre, ohne größeres Notenchaos zu überstehen. Noch einige Jahre später hat sie dann bis zu ihrem Ruhestand bei einer großen Handelskette gearbeitet. Lydia hat schwarze Haare und das Aussehen das die Sängerin und Filmschauspielerin Katarina Valente, in jüngeren Jahren aufzuweisen hatte. Als unternehmungslustige Dame hat sie zwar nie geheiratet, aber trotzdem ohne Probleme allen Männern „den Kopf verdrehen“ können, wenn sie das gewollt hätte – aber das wollte sie nicht, sondern nur gewissenhaft ihre Arbeit tun, und nach der Pensionierung tanzen und lachen. Ich kann sie mehr als gut leiden, kann aber trotzdem nicht direkt mit ihr in Kontakt treten, weil sie Katzen nicht mag. Zufällig habe ich auch erfahren warum: Vor vielen Jahren hatte Lydia im Sommer die Fenster in ihrer Wohnung offen stehen lassen. Eine Katze ist dann neugierig gewesen und heimlich in die Wohnung gekommen. Dort hat sich der Fellträger alles genau angesehen, ohne selbst gesehen zu werden. Als dann später Lydia zur Arbeit gegangen ist, hat sie alle Fenster geschlossen und die eingedrungene Katze war gefangen. Während Lydia abwesend war, hat sich die eingesperrte Katze, von Panik und Angst getrieben, dafür entschieden Urin und festere Entsorgungsprodukte loszuwerden. Ein Teppich musste dann für die Hinterlassenschaften herhalten.

      Hat bestimmt ganz fürchterlich gestunken als Lydia zurückgekommen ist. Sie hat dann alle Fenster aufgerissen und die Katze ist, mit steil nach oben gestelltem Schwanz geflüchtet. Natürlich ohne vorher beim Sauermachen mitgeholfen zu haben. Die Katze war zwar jetzt ins Freie entlassen, aber die Beseitigung des Gestankes war natürlich ein gewaltiges Problem. Es gipfelte in der Entsorgung des Teppichs und dem mehrmaligen Reinigen des Bodens. Seit dieser Zeit mag Lydia keine Katzen, aber das ist natürlich für mich kein Grund sie nicht trotzdem zu mögen.

      Normalerweise bin ich für sie total unsichtbar, wenn ich auf ihrem Gartengrundstück bin, aber an diesem Tag ist es anders, denn ich habe so eine Ahnung und habe mich deshalb aus dem Garten mit lautem Katzensingen gemeldet, bis Fenster aus den Nachbarnhäusern aufgehen und Lydia in den Garten gerannt kommt.