Als es an der Tür klingelte, fuhr sie vom Fenster zurück. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es bereits 21 Uhr war. Lustlos zerrte sie ein x-beliebiges Kleid aus dem Schrank und streifte es über, legte Lidschatten und Lippenstift auf und schenkte sich ein Glas Champagner ein.
Um 21.30 Uhr, nach dem fünften entgangenen Anruf von Billy, stellte sie schließlich ihr Glas weg und ging hinunter. Als sie die Tür öffnete, sah sie einen schwarzen Porsche vor dem Haus stehen. Sie hatte gewusst, dass er warten würde. Schlagartig ging es ihr besser. Wie gut es tat, zu wissen, dass sich die Menschen nach einem verzehrten.
Billys Gesicht verriet weder Ungeduld noch Wut. »Hey, Baby«, raunte er zu ihr herüber.
»Fahren wir?«, fragte sie ungerührt.
»Habe ich etwas falsch gemacht?«
Rose verdrehte die Augen. Wie schnell er seine coole Hülle fallen ließ. »Aber nein, Süßer. Ich hatte einen anstrengenden Tag. Ich mach‘ es wieder gut, okay?« Sie konnte ein Leuchten in seinen Augen aufblitzen sehen. Sie hatte schon, ehe er zu reden begonnen hatte, das Interesse verloren.
Während der Fahrt erzählte er ihr von einem Geschäft, das er kürzlich abgeschlossen hatte.
Rose‘ Gedanken flogen zu ihren Eltern zurück. Zu Mum, die an einem Weihnachtsmorgen vor vielen Jahren mit verschleiertem Blick nach draußen in das Schneegestöber gestarrt hatte.
Rose hatte ihre Hand gehalten und sie gefragt: »Mum, was bedrückt dich?«
Keine Reaktion von der Mutter. Gerade, als Rose aufstehen wollte, hatte sie den Kopf gedreht und ihre Tochter aus leeren Augen angesehen: »Ich warte ständig«.
Es war ein seltener lichter Moment gewesen, den Rose nicht vorbeiziehen lassen wollte. Sie hatte die Hände ihrer Mutter in ihre genommen und sie besorgt angesehen. »Worauf wartest du? Vielleicht kann ich dir helfen.« Möglicherweise konnte sie die Probleme ihrer Mutter beheben und ihr das Lachen zurückgeben. Möglicherweise würde diese dann wieder für ihre Tochter da sein und sie bewundernd ansehen können, wenn sie erkannte, wie perfekt Rose doch war. Aber ihre Mutter hatte nur den Kopf geschüttelt und etwas gemurmelt.
»Sag’s mir, Mum.« Selten hatte sie sich so eine Antwort von ihrer Mutter gewünscht.
Als sie dann kam, zerbrach etwas in Rose für immer: »Auf das Ende des Leidens«.
Zu diesem Zeitpunkt war Rose 17 Jahre alt, Josie bereits elf. Von da an hatte Rose ihre Mutter sich selbst überlassen. Was brachte es, sich um jemanden zu kümmern, der nur auf den Tod wartete, weil er sein Leben so unerträglich fand?
Rose schüttelte den Gedanken ab und drehte das Radio lauter. »Magst du den Song?«, fragte Billy. Es war eine Jazznummer. Rose hasste nichts mehr als Jazz. Sie nickte dennoch. Billy strahlte übers ganze Gesicht und drehte noch etwas lauter. Dazu bewegte er rhythmisch den Kopf und kam sich dabei unglaublich lässig vor. Rose musste sich anstrengen, nicht die Augen zu verdrehen. »Das ist mein Lieblingssong. Mein Gott, das ist Schicksal.«
»Das überrascht mich nicht«, seufzte Rose. Er passte so wenig zu ihr wie jeder andere Mann, den sie bisher gedatet hatte. Alle lagen ihr zu Füßen und gaben sich jede Mühe, sie zu halten. Doch ausnahmslos alle ließ sie nach einer Zeit zwischen einer Stunde und einem Monat fallen.
Als das Auto vor dem Foxy hielt, stieg sie schnell aus. Einen Moment lang erwog Rose, gleich ein Taxi nach Hause zu nehmen, so sehr fürchtete sie sich vor einem langweiligen Abend mit Mister Erfolgreich. Doch noch mehr fürchtete sie sich davor, allein vor dem Fernseher zu sitzen. Rose brauchte den Kontakt mit Männern, die vorhersehbaren Flirts und die Niedergeschlagenheit in den Gesichtern, wenn Rose sie abblitzen ließ. All das gab ihr ein Gefühl der Macht.
»Darf ich dir die Jacke abnehmen, Baby?«
»Aber sicher«, sagte sie und gab ihm den Mantel, den sie von ihrem letzten Verflossenen bekommen hatte.
»Du siehst großartig aus.«
»Danke, ebenso.« Es war gelogen. Billy sah aus, als hätte er in Haar-Gel gebadet, und roch so penetrant nach Old Spice, dass Rose beinahe übel wurde. Ein paar dunkle, gekräuselte Brusthaare schauten aus seinem Hemd heraus. Sie unterdrückte ein Schaudern und schwor sich, dass sie ihn nicht mit nach Hause nehmen würde.
Als Rose sich gesetzt hatte und Billy nach ihrer Hand griff, zuckte sie zusammen. Seine Hand war ungewöhnlich rau. Ein schmerzhaftes Ziehen fuhr durch Rose‘ Magen, und das Bild eines Mannes tauchte in ihrem Kopf auf. Sie wusste plötzlich, warum sie das Date mit Billy akzeptiert hatte. Er erinnerte sie auf schmerzhafte Weise an Rico Fernandez – den einzigen Mann, den Rose jemals mit dem Wort Liebe verbunden hatte.
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