Der Cyber-Mönch. Yahya Wrede. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Yahya Wrede
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738039108
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gut drauf, geb ich mal was, Kreditkarte hatt ich doch eben noch inna Tasche.

      Tipp ... tipp ... tipp ... und klick!

      Ha! Spenden muß schon sein, wenn man bedenkt, wie gut versorgt wir hier leben, und anderswo hamse gar nix ... so wie in Afrika ... oiii wasn das jetzt schon wieda, alles blockiert, manchmal geht auch gar nichts, Fluch der Technik, wenns geht is gut, wenns nich geht isses nen Riesenärger … Schei … Internet … Raketen können sie zum Mond schießen, aber ... Jobs und Gates sollte man … oder liegts am Laptop? … nur gut, daß das Fenster zu iss, sonst hätt ich ihn jetzt rausgeschmissen … nächstesmal mache ich Apfelmus aus dir ... aaah, jetzt doch? Ha, Sieg der Gedankenkraft über die Technik ... naja, war wohl wieder der übliche Inkompatibilitätsquark. Man sollte eben kein MicroMac verwenden. Dabei sollte Technik einfach nur funktionieren, und basta. Einfach, genau, früher war das Leben einfacher. Da gings auch ohne Computer Handy Navi, kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, wie haben die Leute sich denn damals verabredet und auch noch gefunden? Logistische Meisterleistung. Weicheier, heute. Oh, neue Mail. Von OFUNJOE? Wersndes?

      „Thanks! Please click and take a look inside.“

      Wofür danke? Kenn dich doch gar nicht. Überhaupt, wozu hab ich denn nen Spamfilter der Luxusklasse? Du glaubst doch nich, daß ich jetzt deine Mail aufmache, nur weil du mir nett kommst? Weg damit, delete, die wichtigste Ikone, wie viel Zeit man täglich mit dem Aussortieren von unerwünschten Nachrichten verbringt, is scho Wahnsinn. Früher brauchte man ewig, um an Informationen heranzukommen, jetzt braucht man die gleiche Zeit, um sie wieder loszuwerden. Mann, schon wieder alles blockiert, wassollndes. Muß wohl neustarten. Oh, eppur si muove, jetzt bewegt sichs doch. Er lebt! Was immer es war, jetzt isses weg. Na egal, Hauptsache connection … schaun mer mal, wasn so los dieses Wochenende inne Stadt:

      Tipp ... tipp ... tipp …

      Dalai Lama da. Der ist aber auch überall. Klar, sonst müßte er ja Weglai heißen. Obs den zweimal gibt? Der kennt bestimmt die Bilokation. Ein Doppellama? In Tibet ist doch alles möglich, schwebende Mönche, der Yeti, ham se bei Tim und Struppi auch schon gezeigt. Comics bilden, soviel steht fest. Religion im Dialog. Thematische Ausstellung mit vielen unveröffentlichten Bildern. Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen. Bööh, ob das was iss … Öffnungszeiten wärn OK, nich allzu weit weg, ma sehn, wenn ich morgen nich zu müde bin … vielleicht kommt jemand mit ... Mann, schon wieder Sendepause! Heute hat das Netz Pannen, da meint man, jemand dreht den Hahn auf und zu wie inner Badewanne. Erst machen se einen elektroabhängig, und dann: Cyberwar. Das muß man sich mal vorstellen, wenn nur einen Tag alle Computer ausfallen, vor 30 Jahren gabs die Dinger noch gar nicht, und jetzt wäre das der Untergang des Abendlandes, echt heftig. Wenn die Asiaten nich genauso auf den westlichen Lebensstil abfahren würden wie wir, könnten sie hier wesentlich mehr Druck machen. Deswegen wird auch niemals nix aus Großchina: es will ja hier keiner leben wie die Chinesen, sondern die Chinesen wollen alle leben wie wir. Frühlingsrolle ade. Korrumpiert durch Coca Cola & Micky Maus. Wirkt besser als Agent Orange & GIs. Und wenn sie unseren Lifestyle wollen, bekommen sie eben auch die Kehrseite der Medaille zu spüren: Kapitalismus, Ellenbogenmentalität, erst wirtschaftliche, dann persönliche Depressionen, Zersetzung der Familie, Individualismus, Luxus, Freizeitspaß um jeden Preis – das Gegenteil der eigenen, auf Gemeinschaft basierenden Kultur, das wird sie noch ganz schön zernagen. So wie se jetzt schon ihre Umwelt verramschen, ohne Rücksicht auf Verluste. Vielleicht machen das die Inder besser, gehen langsamer voran, und sie vergessen ihre Familie und ihre Spiritualität nicht. Om - wie war das noch bei Crowley? Aumgn - genialisch in Musik gegossen von Can, klar, die hattens drauf, avantgardistische Musik aus deutschen Landen, hervorragend gemacht, hypnotisch, Köln gegen Düsseldorf: Autobahn - Hybridwahn. Technisch total unausgereift, aber alle wollnsen haben. Herstellung und Entsorgung belasten die Umwelt immer noch viel mehr als herkömmliche Motoren, die mittlerweile auch schon viel sparsamer und effektiver im Wirkungsgrad geworden sind, kein Vergleich zu früher, aber wen interessiert das schon? Nicht der Beste gewinnt, sondern der, der sich am besten verkauft. Ist ja bei der Karriere auch so: wieviele Leute klettern plötzlich nach oben oder bleiben unten, und man fragt sich: Häh? Warum gerade der? Charisma, Kismet? Das Peter-Prinzip: jeder wird solange befördert, bis er auf nem Posten sitzt, für den er nicht mehr qualifiziert ist. Naja, manche sitzen auch an der richtigen Stelle, Gottseidank, sonst würde ja gar nix mehr gehen. Karriere ja, aber jeder nach seiner Façon, schließlich kannst du noch so gut sein, es gibt immer einen, der es besser kann. Deshalb kann ich ja nicht aufhören zu arbeiten, schön auf dem Teppich bleiben und dein eigenes Ding drehen, fertig. Das Beste geben, darauf kommts an, nicht auf den Wettkampf. Fairplay stärkt den Charakter. Wen interessiert heute noch Charakter? Ich glaub, bei Facebook reden die virtuellen Freunde nicht über ihre Charakterstärken, sonst würden sie wahrscheinlich gar nicht erst twittern gehen. Was solls, ich hab mir die Spielregeln nicht ausgedacht, ich befolge sie nur ... puuh, ich dachte, vom losen Herumdenken wir man schläfrig, dabei ist Nachdenken offenbar koffeinhaltig, zudem kann es einen richtig durcheinander bringen, anstatt zu beruhigen, vor allem, wenn es einem ununterbrochen wie von selbst durch den Schädel läuft. Wo ist die Notbremse? Das Denken kann ich schließlich nicht einfach abstellen. Allenfalls betäuben. Aber dann bin ich Morgens wieder so matschig. Oder vergessen durch Einswerden mit der Tätigkeit. Monotonie, alte asiatische Meditationstechnik, geht auch beim Autofahren oder Spazierengehen oder wo immer. Ist eben doch an alles gedacht worden von Mutter Natur, man muß nur zugreifen. Atemkontrolle. Puh. Einatmen, Pause, Ausatmen, Pause. Also gut, bleiben wir lieber im Okzident und greifen zu einem altbewährten westlichen Hausmittel: Fernsehen. Wer da nicht einschläft, ist selber schuld. Zapp. Wow, Schimanski, das warn noch Zeiten … den hab ich ewig nich gesehen. Ob auch noch Kottan kommt? Zappen, zappen, schon wieder son Anglizismus, fällt den deutschen Sprachschöpfern denn gar nix eigenes mehr ein? Früher, bei Geheimrat Goethe, da wär das nich passiert, der hat der deutschen Sprache noch seinen Stempel aufgedrückt. Veloziferisch. Hat das schon kommen sehen, den Fluch der Technik. Wilhelm Meisters Wanderjahre. Faust II. Vorbei mit der Beschaulichkeit. Dann isser abgehauen innen Süden:

       Sternhell glänzet die Nacht, sie klingt von weichen Gesängen.

       Und mir scheint der Mond heller als nordischer Tag.

      Is doch wunderschön. Oder sein Bewunderer Nietzsche: weiß gar nicht, warum se den immer als großen Philosophen hinstellen, der Zarathustra ist rein literarisch gesehen phantastisch, doch in dogmatischer Hinsicht ziemlich unausgegoren, überhaupt, warn genialer Soziologe und Gesellschaftskritiker, eher son Quer- und Vordenker wie Max Weber, aber bietet doch keine Antworten auf die letzten Fragen. Ewige Wiederkehr, Nihilismus, Übermensch? Schlagwörter, war ihm leider nicht vergönnt, das noch ernsthaft auszuarbeiten. Aber schreiben konnte er mit mächtigem Willen so schön wie sein Vorbild, bis ihn in Turin das Mitleid übermannte:

       Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen.

       Und auch meine Seele ist ein springender Brunnen.

       Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden.

       Und auch meine Seele ist das Lied eines Liebenden.

      Aaah, pure Poesie, und zwar vom Allerfeinsten. Aber schöne neue Welt? Daran ist auch Schopenhauer gescheitert: Illusionen zu entlarven ist eine noble Aufgabe, aber dann nichts darauf aufzubauen bleibt unbefriedigend. Shiva ohne Brahma geht nicht. Das indische Prinzip: aufbauen, ausprobieren, abbauen, und dann wieder von vorn. Also ein Trinzip, haha, so wie Triv. Also: wenn Selbsterkenntnis schon zu(m) nichts führt, dann wenigstens mit yes I said yes I will yes. Späte Ehrenrettung. Warum verleiht man Joyce nicht posthum den Literaturnobelpreis? 1935 ham sen gar nich vergeben, und er hätt ihn sicher mehr verdient gehabt als viele andere ... muß mal ne Joyce for Nobel Webseite ins Leben rufen, wird sicher nen Erfolg, so weit ich weiß, issa noch nich mal nominiert worden damals, peinliches Ignorantentum da bei Edda und Flut ... aber den Friedenspreis an Leute vergeben, die noch gar nichts Friedvolles auf die Beine gestellt haben ... Oh, wasn des, geiles Bühnenbild, die schmettern ja ganz schön um die Wette, bestimmt einer der letzten Titanen, Bruckner, Mahler oder Wagner oder so. Rheingold vielleicht? Klar, um Geld gehts doch immer, wenn ich nur an die vielen