Schattenglanz. Ina Maria Teutsch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ina Maria Teutsch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847654261
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Boden unter mir und zitterte. Doch ich war noch am Leben. Die Erinnerungen hatten mich gerettet, wie wusste ich nicht. Die Erinnerungen.... "Laurin", hauchte ich schwach und verzweifelt. Dann verschwamm wieder alles vor meinen Augen und wurde urplötzlich schwarz. Doch dieses mal war es eine gewöhnliche, ohnmächtige Schwärze, die mich vollkommen einhüllte.

       KAPITEL 15 - Das Erwachen

      In die Schwärze hinein bemerkte ich irgendwann, dass ich ganz vorsichtig hochgehoben wurde. Trotzdem durchzuckte mich ein beißender Schmerz, sodass ich leise aufstöhnte. Warum brachte man mich weg? Ich hatte mich doch gerade an die Schmerzen und die Kälte gewöhnt gehabt. "Bitte nicht noch mehr Qualen! Bitte lass mich in Frieden!", flehte ich so leise, dass es bestimmt niemand hören konnte. Doch da erklang plötzlich von weit weg eine Stimme: "Keine Angst. Es wird gleich nicht mehr weh tun. Du bist stark! Ich weiß, dass du es schaffst. Gleich ist es vorbei, mein Engel." Ich verstand die Bedeutung der Worte nicht, doch die Stimme war so schön, vertraut und beruhigend, dass es mir gleich um einiges besser ging. Diese Stimme würde mich retten. Diese Stimme machte, dass es mir wieder besser ging. Ganz bestimmt. Da war ich mir sicher. Ich kuschelte mich wohlig an den warmen Körper, der mich hielt und genoss dieses Kribbeln in mir. Ja hier wollte ich sein. Genau hier und nicht in irgendeinem goldenen Saal mit Garten. Zufrieden seufzte ich auf, meine Schmerzen waren vergessen. Irgendwann, viel zu schnell, hörte ich verschwommen aufgeregtes Stimmengewirr und wurde auf etwas Weiches gelegt. "Nein! Geh nicht weg! Lass mich nicht allein!", flüsterte ich schwach und nahm dabei selbst die Panik in meiner Stimme wahr. Ich brauchte meinen Retter jetzt! Wo war diese wunderschöne Stimme nur hin? Schwach glitt meine Hand suchend umher. "Verlass mich nicht! Nicht jetzt, wo ich dich brauche", schoss es mir durch den Kopf. Doch ich fühlte nur weichen Stoff. Ein verzweifeltes Stöhnen entwich meiner Kehle. Ohne ihn würde ich es nicht packen. Nein! Neeeein! Jemand zog mir meine feuchten Klamotten aus und hüllte mich in eine Decke. Aber es waren nicht die Hände von eben. Ich wollte meine Augen öffnen und sagen, dass ich meinen Retter unbedingt brauchte, doch es wollte mir beim besten Willen nicht gelingen. Ich war viel zu schwach. Verschwommen hörte ich leises Gemurmel, aber ich verstand überhaupt nichts davon. Wo war ich nur? Was machten sie mit mir? Plötzlich spürte ich etwas Spitzes, Piksendes an meinem Arm. Dann verschwanden die Schmerzen und zurück blieb eine Leere, die ich nicht einordnen konnte. Irgendjemand begann an meiner Stirn herumzuhandwerken und mein Fuß zu verbinden. Dann wurde ich irgendwohin gebracht und allein gelassen. Oder zumindest dachte ich das. Doch da trat wieder jemand an mein Bett heran und verabreichte mir eine furchtbar eklig schmeckende Flüssigkeit. Bäääh! Ich schluckte und das Zeug brannte mir in meiner Kehle. Ich merkte, wie ich wegzuschlummern begann. Ein Schlafmittel. Und er war nicht hier... Wo war er hin? Warum hatte er mich alleine gelassen? Warum?! Das waren die letzten klaren Gedanken, die ich fassen konnte. Dann dämmerte ich weg.

      Als ich wieder erwachte, blieb ich erst einmal kurz regungslos liegen und ließ die letzten Stunden noch einmal an mir vorbeiziehen. Es war alles so schnell gegangen! Ich stöhnte. Dann versuchte ich meine Füße leicht zu bewegen. Sie waren in Ordnung. Nichts tat mehr weh. Als nächstes versuchte ich meine Arme zu bewegen. Doch mein linker Arm schien mir nicht so recht gehorchen zu wollen. Panik ergriff von mir Besitz und schnürte mir die Kehle zu. Was war damit nur los?! Was wenn ich ihn nie wieder bewegen konnte? War ich gelähmt? Erschrocken riss ich meine Augen auf und blickte an meiner linken Seite hinab. Was ich da sah verschlug mir den Atem. Schwarze Haare breiteten sich über meinem Arm aus und bedeckten ihn vollkommen. Ich wusste sofort zu wem sie gehörten. Er hatte mir den Kopf zugewandt und atmete ruhig. Im Schlaf wirkte er so unschuldig! Wie ein kleines Kind. "Laurin", hauchte ich schwach und beobachtete ihn verzückt beim Schlafen. Sein Mund stand leicht offen und ich konnte sein gleichmäßiges Atmen hören, das mich selbst sofort beruhigte. Seine Augen waren geschlossen, doch ich wusste genau wie sie aussahen. Unter den Augen hatte er leichte, schwarze Schatten, was seine Schönheit aber nicht im geringsten minderte. Zum ersten mal entdeckte ich auch feine Sommersprossen um seine Nasenspitze herum. Ich seufzte auf. Er war einfach so unglaublich! Jeder hätte für so einen Typen getötet. Und er war hier bei mir im Krankenhaus! Doch da drängten sich die Bilder von dem Kuss mit Marie wieder in den Vordergrund und ich musste einen Würgereiz unterdrücken. Wie sie sich an ihn geschmiegt hatte! Diese dumme Kuh! Und ihm hatte das Ganze auch noch gefallen! Am liebsten hätte ich Laurin auf der Stelle eine gescheuert, aber immerhin schien er mich gerettet zu haben. So hielt ich mich gerade noch zurück. Glück für ihn. Aber in mir kochte die Wut. Ich wusste zwar, dass wir noch nicht zusammen gewesen waren, doch dann hätte er mir am See zumindest etwas davon sagen können! Aber nein, er musste den Verschwiegenen spielen und mir weiterhin Hoffnungen machen. Super! Als ob man nicht bemerkt hätte, dass ich voll und ganz in ihn verknallt war. Das hätte ein Blinder mit Krückstock gesehen! Ich unterdrückte ein wütendes Schnauben und wandte mich wieder Laurin zu. Dieser fuhr nämlich gerade erschrocken hoch und blickte sich etwas verstört um. Er schien wohl nicht mehr zu wissen, wo er überhaupt war. Als er mich erblickte, trat ein etwas verwirrter Ausdruck in seine Augen und dann Erkenntnis. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. "Wie geht es dir?", wollte er besorgt wissen. "Bis ich dich gesehen habe gut!", fauchte ich wütend. Ein verletzter Ausdruck schlich sich in sein Gesicht, was mich mit Genugtuung erfüllte. "Aber... ich habe dich gerettet... und das andere war nichts", stotterte er mit unschuldiger Miene. Fast hätte ich es ihm abgekauft. Aber eben nur fast. "Ja du hast mich gerettet. Danke! Ich stehe tief in deiner Schuld. Wie kann ich das nur je wieder gut machen?", lachte ich sarkastisch auf, "aber vielleicht bist du schuld daran, dass es erst soweit kommen musste. Hast du daran einmal gedacht, als du den Helden hast raushängen lassen?" Ich wusste, dass ich in diesem Moment gemein war, doch das war mir egal. Laurin wich einen Schritt zurück und wurde bleich. "Aber das... das kann ich erklären!", stammelte er und wirkte zum ersten Mal nicht ganz so perfekt. "Ja, ja du wiederholst dich. Du kannst alles erklären. Ich weiß. Berichte mir etwas Neues und erzähle diese Geschichten lieber deiner Marie. Ich habe darauf keine Lust mehr. Ich habe auf dich keine Lust mehr! Also verschwinde aus meinem Leben und lass mich in Frieden. Ich bin ohne dich besser dran. Du machst nur Ärger!", schrie ich schon fast hysterisch und den Tränen nahe. Laurins wunderschöne, silbergraue Augen weiteten sich entsetzt und fassungslos. Dann ließ er jedoch resigniert die Schultern hängen und drehte sich um, sodass ich sein Gesicht nicht mehr erkennen konnte: "Hmmm... Ja...Wenn ich ehrlich bin hast du wohl recht. Gute Besserung dir." Und schon war er aus dem Zimmer verschwunden. Wenn er gewusst hätte! Sein niedergeschlagener Anblick schmerzte mir so ungemein und meine ganzen Tränen waren Ausdruck der Sehnsucht nach ihm. Aber ich hatte es tun müssen. Es war notwendig und besser so gewesen. Denn mit ihm und mir wäre es niemals etwas geworden. Ich musste ihn vergessen. So war es leichter. Doch mein Herz klopfte heftig und strafte meine Worte Lügen.

       KAPITEL 16 – Besuch

      Ich starrte noch lange auf die geschlossene Tür, durch die Laurin verschwunden war. Meine Augen begannen zu brennen und ich hätte beinahe schon wieder zu heulen begonnen, wie ein kleines Baby. Zurzeit war ich wohl zu einer Heulboje mutiert. Doch ich hatte diesen Ausbruch jetzt zum Glück gerade noch verhindern können. Ich würde keine einzige Träne mehr für diesen Macho vergießen, der mir eh nur Lügengeschichten auftischte. Schniefend drehte ich mich zur Wand und schaute mich in dem Zimmern genauer um. Es war in einem monotonen grau-weiß gestrichen, das mich irgendwie ziemlich deprimierte. Ich hoffte, dass ich hier so schnell wie möglich wieder raus durfte. Denn lange würde ich es ganz bestimmt nicht mehr aushalten. Ein ganz und gar weißes Bett, genau die Kopie von meinem, stand am anderen Ende des Zimmers. Auch diese Farbe gefiel mir überhaupt nicht. Sie wirkte viel zu steril und langweilig. Wo blieb da die bunte Farbenpracht? Hatten die hier im Krankenhaus noch nie etwas davon gehört, dass einen Blau- und Gelbtöne beruhigten? Nun fiel mein Blick auf einen, wer hätte es gedacht, weißen Nachttisch. Darauf lag ein Gerät, mit dem man wohl die Krankenschwestern rufen konnte. Sehr praktisch übrigens dieses dorthin zu legen, wo es meilenweit vom Bett entfernt lag. Außerdem befand sich noch meine Kette mit der goldenen Feder darauf. Sie war das einzig Bunte hier in diesem ganzen Raum, was sie nur noch anziehender machte. Ich streckte mich so gut ich konnte und erwischte gerade so die Schnur, die etwas über den Rand hinunter hing. Als ich die Kette dann endlich bei mir hatte, legte ich sie mir schnell um den Hals. Sie schien meinen Schmerz zumindest