den Provinzen des Reiches Alnoa unterwegs, hielten ihre Augen und Ohren
offen und rekrutierten neue Streiter für Garwins Macht.
Garwin, der sich gern »Hoher Lord der geheimen Mark« nennen ließ, war
gerade von einem Ritt zu dem verlassenen Haus der Elfen zurückgekehrt. Er
hatte sich die Beschreibungen des verhassten Nedeam gut eingeprägt, aber
dennoch hatten er und seine Begleiter lange suchen müssen, bis sie das
verborgene Haus schließlich fanden. Noch immer erhob sich der Urbaum in
einer magischen Luftblase am Grunde seines Sees, von den Elfen in einem
Zustand verlassen, als wollten sie eines Tages zurückkehren. Garwin schätzte
die Elfen nicht sonderlich, die er als arrogant und weltfremd ansah, doch er
hatte keinen Zweifel an ihrer Handwerkskunst. Obwohl es ein paar sehr gute
Tischler unter seinen Leuten gab, wollte sich der Renegat die
Hinterlassenschaften der Elfen zunutze machen. So hatten die Männer auf
dem Rückweg ins verborgene Lager eine Anzahl Einrichtungsgegenstände bei
sich, die nun die eigenen Heime zieren sollten. Weiche Bettstätten, Tische,
Stühle und Schränke, die zierlich wirkten und doch ungemein stabil waren.
Die bepackte Truppe ritt durch das Haupttor ins Lager ein, und Garwin
führte sie auf den zentralen Platz vor seinem Haus, wo er absitzen ließ.
»Ladet die Sachen ab«, befahl er und zog die langen Stulpenhandschuhe aus.
Er klemmte sie hinter den Waffengurt und schritt an den Lastpferden vorbei,
um sich jene Stücke auszusuchen, die er für sich bestimmt hatte. »Diese
Möbel bringt zu mir hinauf, um die anderen könnt Ihr untereinander würfeln.«
Unter dem Vordach des Haupthauses, das von Säulen gestützt wurde,
welche Motive des Pferdevolkes zeigten, traten zwei der Vertrauten Garwins
hervor. Beide waren von schlanker Statur und hatten die blonden Haare des
Pferdevolkes. Sie waren Schwertmänner der Hochmark gewesen und hatten
sich Garwin angeschlossen, nun dienten sie ihm als Scharführer. Peragram tat
dies der goldenen Schüsselchen wegen, Hendahl hingegen glaubte mit
Hingabe an die Ziele seines Hohen Lords Garwin. Da der junge Scharführer
mit den strahlend blauen Augen im Rang etwas niedriger war, lag es an
Peragram, Garwin zu begrüßen.
»Willkommen zurück in der geheimen Mark, mein Hoher Lord. Es war ein
langer und anstrengender Ritt, wie ich an Pferden und Männern erkennen
kann, und«, Peragram grinste breit, »er war offensichtlich von Erfolg
gekrönt.«
Garwin nickte mechanisch und überblickte den Platz. Überall waren
Männer und Frauen zu sehen, die ihrem Tagwerk nachgingen. Das Lager
wirkte nur wenig anders als ein beliebiger Weiler des Pferdevolkes. »Ja, es
war lang und anstrengend, und es hat sich gelohnt. Die elfischen Spitzohren
haben kaum Gepäck auf ihre Reise mitgenommen. Wir könnten noch etliche
Ritte durchführen und würden jedes Mal reich bepackt zurückkehren.«
»Der elfische Plunder trifft nicht jedermanns Geschmack«, meinte
Peragram. »Mir ist es zu verspielt und zu weibisch.«
Garwin lächelte dünn. »Es ist sorgfältig gearbeitet und sehr haltbar. Jedes
dieser Möbel erspart unseren Männern Arbeit. Arbeit, die sich sinnvoller
einsetzen lässt. Unsere Vorratskammern müssen aufgefüllt werden, denn es
wird ein harter Winter. Die Waffenkammern brauchen neue Waffen für jene,
die noch zu uns stoßen. Und die Männer müssen sich im Umgang mit den
Waffen üben.«
»Das ist wohl wahr, Hoher Lord, auch wenn es gute Fortschritte gibt. Die
zweite Schmiede ist nun in Betrieb. Wir haben einen Vorrat an Nägeln und
Beschlägen und auch genug Werkzeug. So können wir verstärkt mit der
Herstellung von Waffen beginnen. Vor allem der kleinen Querbögen und
ihrer Bolzen.«
Garwin nickte zufrieden. »Gehen wir hinauf«, meinte er. »Dann könnt ihr
beiden mir in Ruhe berichten, was sich in den letzten Tageswenden
zugetragen hat und was es an Neuigkeiten aus den Marken gibt.«
Zwei Wachen salutierten vor der Gruppe und gaben den Eingang von
Garwins Haus frei. Das Erdgeschoss war ein einziger großer Raum und diente
der persönlichen Wache Garwins als Unterkunft. An der gerundeten Wand
entlang standen die Betten und die Kisten mit den persönlichen
Habseligkeiten. In die zahlreichen Stützbalken waren Nägel und Haken
eingeschlagen, an denen Waffen, Schilde und Kleidungsstücke hingen. Zwei
Brennsteinbecken baumelten an Ketten von der Decke herab und spendeten
genug Licht, um sich orientieren zu können.
Das darüberliegende Geschoss war den Vorräten Garwins und seiner
Männer vorbehalten. Falls es zu einer Belagerung kam, würden die im
Turmhaus versammelten Menschen eine Weile ausharren können. Über der
Vorratsebene lagen die Unterkünfte der fünf Scharführer. Drei von ihnen
waren gebunden, und einer davon hatte vor Kurzem Nachwuchs bekommen.
Garwin verabscheute Kindergeschrei, da es ihm die Ruhe der Nacht raubte,
doch weil er seine Männer schätzte, verharrte er kurz bei der stolzen Mutter
und nahm Anteil an ihrem Glück.
»Der kleine Kerl hat eine verdammt kräftige Stimme«, brummte Peragram
missmutig, als sie endlich das Obergeschoss erreichten. »Weiber und Kinder
lenken die Männer nur von ihrer Aufgabe ab.«
»Unsinn«, widersprach Hendahl energisch. »Kinder sind die Zukunft einer
Mark.«
»Wohl gesprochen«, stimmte Garwin lächelnd zu. »Mag er ruhig kräftig
schreien, Peragram, das stärkt seine Lunge. Sorgen wir dafür, dass er später
auch einen kräftigen Arm hat und eine gute Klinge führt.«
Peragram verzichtete auf einen Kommentar. Er wartete, bis sich Garwin
hinter seinen grob gezimmerten Schreibtisch gesetzt hatte. Dahinter an