Die Pferdelords 08 - Das Volk der Lederschwingen. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750222465
Скачать книгу
Garwins Männer waren in den Marken des Pferdevolkes und sogar in

      den Provinzen des Reiches Alnoa unterwegs, hielten ihre Augen und Ohren

      offen und rekrutierten neue Streiter für Garwins Macht.

      Garwin, der sich gern »Hoher Lord der geheimen Mark« nennen ließ, war

      gerade von einem Ritt zu dem verlassenen Haus der Elfen zurückgekehrt. Er

      hatte sich die Beschreibungen des verhassten Nedeam gut eingeprägt, aber

      dennoch hatten er und seine Begleiter lange suchen müssen, bis sie das

      verborgene Haus schließlich fanden. Noch immer erhob sich der Urbaum in

      einer magischen Luftblase am Grunde seines Sees, von den Elfen in einem

      Zustand verlassen, als wollten sie eines Tages zurückkehren. Garwin schätzte

      die Elfen nicht sonderlich, die er als arrogant und weltfremd ansah, doch er

      hatte keinen Zweifel an ihrer Handwerkskunst. Obwohl es ein paar sehr gute

      Tischler unter seinen Leuten gab, wollte sich der Renegat die

      Hinterlassenschaften der Elfen zunutze machen. So hatten die Männer auf

      dem Rückweg ins verborgene Lager eine Anzahl Einrichtungsgegenstände bei

      sich, die nun die eigenen Heime zieren sollten. Weiche Bettstätten, Tische,

      Stühle und Schränke, die zierlich wirkten und doch ungemein stabil waren.

      Die bepackte Truppe ritt durch das Haupttor ins Lager ein, und Garwin

      führte sie auf den zentralen Platz vor seinem Haus, wo er absitzen ließ.

      »Ladet die Sachen ab«, befahl er und zog die langen Stulpenhandschuhe aus.

      Er klemmte sie hinter den Waffengurt und schritt an den Lastpferden vorbei,

      um sich jene Stücke auszusuchen, die er für sich bestimmt hatte. »Diese

      Möbel bringt zu mir hinauf, um die anderen könnt Ihr untereinander würfeln.«

      Unter dem Vordach des Haupthauses, das von Säulen gestützt wurde,

      welche Motive des Pferdevolkes zeigten, traten zwei der Vertrauten Garwins

      hervor. Beide waren von schlanker Statur und hatten die blonden Haare des

      Pferdevolkes. Sie waren Schwertmänner der Hochmark gewesen und hatten

      sich Garwin angeschlossen, nun dienten sie ihm als Scharführer. Peragram tat

      dies der goldenen Schüsselchen wegen, Hendahl hingegen glaubte mit

      Hingabe an die Ziele seines Hohen Lords Garwin. Da der junge Scharführer

      mit den strahlend blauen Augen im Rang etwas niedriger war, lag es an

      Peragram, Garwin zu begrüßen.

      »Willkommen zurück in der geheimen Mark, mein Hoher Lord. Es war ein

      langer und anstrengender Ritt, wie ich an Pferden und Männern erkennen

      kann, und«, Peragram grinste breit, »er war offensichtlich von Erfolg

      gekrönt.«

      Garwin nickte mechanisch und überblickte den Platz. Überall waren

      Männer und Frauen zu sehen, die ihrem Tagwerk nachgingen. Das Lager

      wirkte nur wenig anders als ein beliebiger Weiler des Pferdevolkes. »Ja, es

      war lang und anstrengend, und es hat sich gelohnt. Die elfischen Spitzohren

      haben kaum Gepäck auf ihre Reise mitgenommen. Wir könnten noch etliche

      Ritte durchführen und würden jedes Mal reich bepackt zurückkehren.«

      »Der elfische Plunder trifft nicht jedermanns Geschmack«, meinte

      Peragram. »Mir ist es zu verspielt und zu weibisch.«

      Garwin lächelte dünn. »Es ist sorgfältig gearbeitet und sehr haltbar. Jedes

      dieser Möbel erspart unseren Männern Arbeit. Arbeit, die sich sinnvoller

      einsetzen lässt. Unsere Vorratskammern müssen aufgefüllt werden, denn es

      wird ein harter Winter. Die Waffenkammern brauchen neue Waffen für jene,

      die noch zu uns stoßen. Und die Männer müssen sich im Umgang mit den

      Waffen üben.«

      »Das ist wohl wahr, Hoher Lord, auch wenn es gute Fortschritte gibt. Die

      zweite Schmiede ist nun in Betrieb. Wir haben einen Vorrat an Nägeln und

      Beschlägen und auch genug Werkzeug. So können wir verstärkt mit der

      Herstellung von Waffen beginnen. Vor allem der kleinen Querbögen und

      ihrer Bolzen.«

      Garwin nickte zufrieden. »Gehen wir hinauf«, meinte er. »Dann könnt ihr

      beiden mir in Ruhe berichten, was sich in den letzten Tageswenden

      zugetragen hat und was es an Neuigkeiten aus den Marken gibt.«

      Zwei Wachen salutierten vor der Gruppe und gaben den Eingang von

      Garwins Haus frei. Das Erdgeschoss war ein einziger großer Raum und diente

      der persönlichen Wache Garwins als Unterkunft. An der gerundeten Wand

      entlang standen die Betten und die Kisten mit den persönlichen

      Habseligkeiten. In die zahlreichen Stützbalken waren Nägel und Haken

      eingeschlagen, an denen Waffen, Schilde und Kleidungsstücke hingen. Zwei

      Brennsteinbecken baumelten an Ketten von der Decke herab und spendeten

      genug Licht, um sich orientieren zu können.

      Das darüberliegende Geschoss war den Vorräten Garwins und seiner

      Männer vorbehalten. Falls es zu einer Belagerung kam, würden die im

      Turmhaus versammelten Menschen eine Weile ausharren können. Über der

      Vorratsebene lagen die Unterkünfte der fünf Scharführer. Drei von ihnen

      waren gebunden, und einer davon hatte vor Kurzem Nachwuchs bekommen.

      Garwin verabscheute Kindergeschrei, da es ihm die Ruhe der Nacht raubte,

      doch weil er seine Männer schätzte, verharrte er kurz bei der stolzen Mutter

      und nahm Anteil an ihrem Glück.

      »Der kleine Kerl hat eine verdammt kräftige Stimme«, brummte Peragram

      missmutig, als sie endlich das Obergeschoss erreichten. »Weiber und Kinder

      lenken die Männer nur von ihrer Aufgabe ab.«

      »Unsinn«, widersprach Hendahl energisch. »Kinder sind die Zukunft einer

      Mark.«

      »Wohl gesprochen«, stimmte Garwin lächelnd zu. »Mag er ruhig kräftig

      schreien, Peragram, das stärkt seine Lunge. Sorgen wir dafür, dass er später

      auch einen kräftigen Arm hat und eine gute Klinge führt.«

      Peragram verzichtete auf einen Kommentar. Er wartete, bis sich Garwin

      hinter seinen grob gezimmerten Schreibtisch gesetzt hatte. Dahinter an