Zunächst überreichte Lumbers eine versiegelte Order, welche, zu Matts Verblüffung, Grants Befehl enthielt, dass Matt und sein Kontingent der fünften U.S.-Kavallerie nun Commodore Isaac Lumbers von der U.S.-Navy unterstellt seien. Nach Vollendung der Mission, die in den Befehlen nicht näher beschrieben wurde, habe sich Matt wieder bei seinem Regiment einzufinden.
Matt Dunhill faltete das Schreiben sorgfältig und steckte es dann in die Innentasche seines Dienstrocks. Die beiden Offiziere hatten ihm geduldig beim lesen zugesehen. Jetzt ließ sich Matt gegen die Lehne seines Stuhls sinken und musterte Lumbers nachdenklich. „Wenn ich das richtig verstehe, dann bin ich mit meinen Reitern nun bei der Navy der Union gelandet?“
„Zumindest mit einem Teil Ihrer Reiter, Major“, bestätigte Lumbers lächelnd. „Und Sie sind sicherlich neugierig, was Ihre Kavallerie zu einer Operation der Marine beitragen kann.“
„Das kann man wohl so sagen. Wenn Sie gestatten, Commodore?“ Matt wartete die Erwiderung nicht ab, sondern rief Schmittmann herein. „Mein Sergeant-Major war früher Schwadronsführer in Hannover“, erklärte er dem Marineoffizier. „Seine Erfahrungen könnten bei jedweder Planung nützlich sein.“
Schredder grinste erfreut und tauschte hastig ein paar Sätze in Deutsch, was Lumbers sichtlich verärgerte, der kein einziges Wort verstand. Umgekehrt gab es in der Unionsarmee zahlreiche Deutsche, die der englischen Sprache nicht mächtig waren. Man legte inzwischen großen Wert darauf, sie in der Ausbildung an die englischsprachigen Kommandos zu gewöhnen, damit sie im Gefecht auch den Befehlen eines „eingeborenen“ Amerikaners folgen konnten.
„Kommen wir zum Grund unserer Mission“, unterbrach Lumbers die beiden Deutschen schließlich. „Wir sollten den Major zunächst über die Lage informieren und darüber, welche Absicht wir verfolgen.“
Colonel Schredder errötete ein wenig. Während Matt Dunhill auf dem Stuhl an seinem „Company-Desk“, der für Kompanieoffiziere üblichen Kombination aus Tisch und Aufsatz, mit zahlreichen Fächern für Schreibmaterial und Formulare, sitzen blieb, nutzte der Commodore den einzigen zusätzlichen Stuhl, der verfügbar war. Schredder und Schmittmann mussten mit dem Feldbett des Majors Vorlieb nehmen.
Isaac Lumbers gab einen knappen, jedoch detaillierten Überblick über den bisherigen Verlauf des Vicksburg-Feldzuges und die geographischen Gegebenheiten. Er zog eine provisorische Karte aus der Jacke. Er hatte sie selbst gezeichnet und mit persönlichen Anmerkungen versehen. Die Anderen mussten anerkennen, dass der Seemann ein ausgezeichnetes Auge für Örtlichkeiten und Maße besaß. Mit Hilfe der Zeichnung berichtete Lumbers vom fehlgeschlagenen Versuch, das Depot bei Dillings zu zerstören. Während Schredder dies bereits kannte, hörten die beiden Kavalleristen aufmerksam zu. Schließlich beendete der Commodore seine Ausführungen. „General Grant will, dass wir einen zweiten Vorstoß gegen Dillings vornehmen und die dortigen Lagerbestände vernichten. Bei der Planung dieses Unternehmens kam mir eine Idee, für deren Umsetzung mir der General freie Hand ließ.“
Das war nur bedingt richtig, denn die Idee stammte von Grant, aber er hatte Lumbers tatsächlich weitgehende Vollmacht erteilt, was dem Commodore aber die zweifelhafte Ehre zuteil werden ließ, sowohl für Erfolg als auch Misserfolg verantwortlich gemacht werden zu können.
Lumbers war ein wenig überrascht, als Dunhill nun verständnisvoll nickte. „Dann kann ich mir vorstellen, warum Sie meine Kavallerie benötigen.“
Schredders räusperte sich, während sich Lumbers zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. „Nun, dann lassen Sie uns an Ihren Gedanken teilhaben, Major.“
„Sie gestatten, Sir?“
Lumbers legte die Karte auf die offene Schreibplatte des schmalen Tisches. Die Bereitwilligkeit, mit der Dunhill seine Befehlsgewalt akzeptierte, berührte ihn angenehm. Für das Verhältnis zwischen Landtruppen und Seestreitkräften war dies keineswegs selbstverständlich.
„Der Nachschub für Vicksburg über Land wird durch unsere Blockade verhindert“, überlegte Matt und strich nachdenklich über die Enden seines ausgeprägten Dragonerbartes. „Südlich von Vicksburg blockiert unsere Flottille den Fluss und die scheinbar einzige Möglichkeit für die Konföderierten besteht darin, das nördlich am Fluss gelegene Dillings zu nutzen. Über Land können wir Dillings nicht schnell genug erobern, da sich zu viele Feindtruppen zwischen unseren und der Stadt befinden und über den Fluss ist unser erster Versuch gescheitert. Inzwischen werden die Südstaatler Vorkehrungen getroffen haben. Wenigstens ein paar schwere Geschütze. Vielleicht sogar eine richtige Befestigung mit Erdaufschüttungen und dergleichen. Stark genug, den Vorstoß unserer Kanonenboote zu verhindern.“ Matt lächelte freudlos. „Wahrscheinlich werden sie eine solche Verteidigungsstellung hier anlegen, an der Landzunge, ein Stück oberhalb von Dillings. Von dort können sie die gesamte Flussbiegung bestreichen und auch den Hafen der Stadt.“
„Schön, schön, Major, so weit war ich mit meinen Überlegungen ebenfalls“, drängte Lumbers. „Wo sehen Sie Ihre Rolle?“
Matt schmunzelte. „Nun, eine Kavallerieattacke über den Fluss wird wohl schwerlich möglich sein, nicht wahr? Vermutlich planen Sie, Sir, uns an Bord der Schiffe zu nehmen und ein Stück oberhalb der vermuteten Batterie an Land zu setzen. Dann können wir den Gegner überraschend im Rücken angreifen, so dass er Ihre Schiffe und die Infanterie an Bord nicht unter Feuer nehmen kann.“
„Ausgezeichnet“, meinte Schredder. „Genau so haben wir uns das nämlich auch gedacht.“
Lumbers räusperte sich. „Meine Überlegung ist die Folgende: Die Rebellen haben Truppen in der Nähe von Dillings, die bei einem Angriff auf die Stadt natürlich sofort alarmiert werden. Es kommt also auf unsere Schnelligkeit an. Kavallerie ist nun einmal schneller und beweglicher, als Infanterie und damit unsere beste Möglichkeit, die Batterie zu überrumpeln. Sobald Sie die Geschütze ausgeschaltet haben, Major, dürfte es für meinen Verband kein Problem sein, den restlichen Widerstand zu brechen, mit der Infanterie an Land zu gehen und das verdammte Rebellendepot niederzubrennen.“
Matt nickte. „Hört sich nach einem vernünftigen Plan an, Sir.“
„Allerdings dürfen uns die Rebellen auf unserem Weg nicht vorzeitig entdecken“, kam es nun von Schmittmann. „Die haben garantiert Patrouillen entlang der Flussufer. Sobald sie unseren Verband entdecken, können sie sich denken, was wir vorhaben.“ Der Sergeant-Major sah den Commodore eindringlich an. „Es lässt sich kaum verbergen, dass die Schiffe Pferde an Bord haben. Selbst wenn Sie die Tiere in den Kabinen verstecken wollen… Der unruhige Boden eines Schiffes macht die Pferde unruhig. Sie werden stampfen und wiehern, Sir. Außerdem haben sie Verdauung.“
„Wie meinen?“ Lumbers sah den Unteroffizier irritiert an. „Verdauung?“
„Mist, Sir.“ Schmittmann grinste breit. „Es wird stinken, Sir. Lässt sich kaum vermeiden und ein guter Scout kann Pferde, wenn der Wind günstig steht, über Kilometer hinweg riechen. Außerdem unterscheidet sich die Ausrüstung der Kavallerie von jener der Infanterie. Sobald die Rebellen auch nur einen Kavalleristen an Bord sehen, können sie sich den Rest denken.“
„Zudem ist es nicht das erste Mal, dass eine berittene Truppe mit Schiffen transportiert wird“, wandte nun Schredder ein. „Das hat der alte Winfield Scott schon damals im Krieg gegen Mexiko praktiziert.“
„Dann fahren wir nachts“, knurrte Lumbers. Dann kann das Rebellenpack uns nicht sehen.“
Schredder schüttelte den Kopf. „Dagegen muss ich protestieren, Sir. Der Mississippi ist ein ausgesprochen gefährlicher Fluss. Jede Menge Untiefen und Unterwasserhindernisse sowie jede Menge Treibholz. Ganze Stämme, Sir, die einen hölzernen Rumpf oder ein Schaufelrad zu Kleinholz machen. Selbst mit dem