„Stefan, ich meine, du solltest einfach mal eine Weile ausspannen. Du bist einfach bloß gestresst. Is' ja klar, war einfach zu viel für dich, in der letzten Zeit. Die ganze Aufregung, der Medienrummel. Da bist du bei weitem nicht der erste und der einzige, dem so was zu viel wird. Da sind schon welche durchgedreht. Wie gesagt: Das Angebot mit Sylt steht.“
Ich wusste es, denkt Limbach.
Der Verleger lässt nicht locker.
„Das wäre der ideale Ort für dich. Jule und Tanja begleiten dich, wenn du möchtest.“
Nee, nä, denkt Limbach. Das glaub' ich jetzt nicht!
„Einfach mal aus dem Alltagstrott raus und komplett abschalten.“
Scheiße, der Typ ist ja der reinste Zuhälter, denkt Limbach.
„Das wirkt wahre Wunder, wirst sehen.“
Obwohl, das wäre eine Beleidigung für alle Zuhälter. Denn selbst der schlimmste Lude würde doch bestimmt nicht seine eigenen Töchter ...
„Einfach mal relaxen. Die Seele baumeln lassen. Die Umgebung dort ist herrlich, weißt du. Du wärst übrigens nicht der erste Autor, der sich auf der Insel wohlfühlt.“
Limbach überlegt, welche der beiden Töchter seines Verlegers ihm besser gefällt.
„Du könntest dort Kraft tanken und zu dir finden. Danach sieht die Welt wieder ganz anders aus.“
Limbach kommt zu keinem rechten Ergebnis.
„Das ist mindestens so gut wie Kloster, glaub' mir.“
Sie sehen sich überhaupt nicht ähnlich. Gar nicht wie Schwestern.
„Ach, was sag' ich: besser als Kloster, viel besser! Ein Kloster ist gar nichts dagegen. Geradezu lächerlich.“
Die eine ist blond, die andere schwarzhaarig.
„Es erfährt auch keiner, wo du bist. Von uns erfährt keiner was. Wir halten dicht. Da kannst du dich hundertprozentig drauf verlassen. Was, Mädels?“
Fragender Blick in die Runde. Zustimmendes Kopfnicken von Frau und Töchtern.
„Siehste. Du hast dort komplett deine Ruhe.“
Limbach findet, dass beide verflucht gut aussehen.
„Wirst sehen: Mal 'ne Weile untertauchen, alles hinter sich lassen. Die Welt ist dann ganz weit weg. Ganz weit weg, sag' ich dir. Danach bist du wie neugeboren. Du bist dann ein anderer Mensch.“
Der Verleger scheint sich allmählich in Rage zu reden. Offenbar hatte er ein wenig zu sehr dem Alkohol zugesprochen. Jetzt krieg' dich mal wieder ein, ich hab's ja kapiert, denkt Limbach.
„Du kannst komplett neu anfangen. Es ist dafür nie zu spät. Glaub' mir: Ich weiß wovon ich rede.“
„Ja? Woher?“
* * *
Limbach hat schlecht geschlafen. Hat wirr geträumt. Ist dann mitten in der Nacht aufgewacht. Hat gegrübelt. Der zunächst feucht-fröhliche Abend bei seinem Verleger hat einen etwas unerwarteten Verlauf genommen. Nachdem sich die Frau und die Töchter Wagners irgendwann zurückgezogen haben, ist der Charakter des Gesprächs auf einmal viel ernster geworden. Der Verleger hat, was er gegenüber Limbach noch nie getan hat, aus seinem Leben erzählt. Hat aus dem Nähkästchen geplaudert, sozusagen. Limbach hat aufmerksam zugehört. Und irgendwann gedacht, der Lebensweg eines Kommunisten zum Verleger und Millionär gäbe bestimmt einen prima Romanstoff ab.
Irgendwann hat ihn irgendetwas stutzig gemacht. Was, ist ihm noch nicht wieder eingefallen und er ist wieder eingeschlummert.
Jetzt ist es früher Morgen und Limbach sitzt, ungewöhnlich um diese Zeit, in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch. Aus seiner Journalisten-Zeit hat er ein umfangreiches, penibel geordnetes Archiv vor allem zeithistorischen Inhalts herübergerettet. Fachliteratur, Zeitungsartikel, Dateien. Er braucht nicht lange, dann hat er gefunden, wonach er gesucht hat.
Und er erschrickt.
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