Rudi lachte schallend, ganz so schlimm sei es nicht gewesen!
Beate zischte giftig: „Mensch, sei still, lasst ihn weiter erzählen.“
Rudi nahm den Faden wieder auf und fuhr fort: „Endlich tauchte rechts ein Schild auf, Caravaning. Ich bog nach einem kurzen Stück rechts ein und polterte einen grottenschlechten Waldweg lang. Aber nur kurz, dann tauchte ein erstaunliches großes Haus auf, ganz aus Holz und ein Mann winkte mich um das Haus auf einen exzellenten Stellplatz.
Komfort pur, mit Wasser- und Stromanschluss und Abwasser.Ich wurde auf Englisch-Deutsch-gemischt angesprochen, ein Willkommen und die Hinweise für den Gebrauch des Stellplatzes. Abendessen gibt es ab zwanzig Uhr, falls ich das wolle.“
Beate rutschte äußerst nervös hin und her und hätte Rudi am liebsten das Wichtigste aus ihm heraus geschüttelt. Aber nicht nur Beate war zum Platzen neugierig, die ganze Runde wartete gespannt, dass es mit der Geschichte weiter ging. „Ich räumte den Campingbus etwas auf, dann ging ich duschen und war dann gegen halb neun im Haus. Mir fiel fast die Kinnlade herunter, ich habe ja bestimmt schon viel gesehen,aber hier war ich platt, das Haus war ein Prachtstück aus dicken Baumstämmen, gegenüber vom Eingang stand ein riesiger Kamin hoch bis unters Dach. Der ganze Eingangsbereich war offen bis zum Dach. Links vom Eingang, unauffällig, die Anmeldung und da stand sie, lachte mich an und sagte: ‚So schauen alle, die zum ersten Mal unsere Eingangshalle sehen.Vater wollte einfach mal etwas Besonderes für seine Familie bauen und so entstand ein riesiges Haus für uns drei Personen.‘
Ich stand da und schaute die junge Frau an, bis sie mich dann fragte, ob alles in Ordnung sei. Ich wurde langsam wieder wach und legte etwas verlegen meine Papiere für die Anmeldung auf den Tisch. Die junge Frau sah mich freundlich an und wies mir den Weg zum Abendessen.
Ich betrat einen großen Raum mit vielleicht zehn oder fünfzehn Tischen, einige waren schon besetzt, ich grüßte und setzte mich an einen freien Tisch.
Die Speisekarte wurde mir gereicht und ich schaute wieder in das Gesicht der jungen Frau. Sie lachte freundlich über meinen verwirrten Gesichtsausdruck und empfahl mir ein Gericht.“
Den restlichen Urlaub verbrachte Rudi dann bei der jungen Frau, lernte die Eltern kennen, staunte über die gewaltige Größe des Mannes und fühlte sich wohl wie noch nie. Erst war es nur ein herum schäkern, dann wurde es doch ein heftiges und dann ein ernsthaftes Flirten und Werben um die junge Frau.
Anfangs schäkerte sie mit, aber als sie merkte, dass es für Rudi ernst wurde, zog sie sich ein wenig zurück, abwartend.
Rudi blieb beharrlich, ja hartnäckig und überzeugte das Mädchen.In der folgenden Nacht kam Seske warm und weich in Rudis Arme.
„Der Vater von Seske hat als Holzfäller in den riesigen Wäldern von Schweden begonnen, mit enormem Fleiß und arbeiten wie wild Tag und Nacht schaffte er sich das Anfangskapital für seine eigene Firma. Er konnte günstig die wichtigsten Maschinen ersteigern und hatte mit viel Glück ein relativ flaches Waldgebiet erwischt, dass den Holzabbau sehr erleichterte.
So konnte Seskes Vater in der ersten Saison so viel verdienen,dass er fast schuldenfrei war. Er schlug selbst dann noch Holz, als alle anderen Unternehmen schon in die Winterpause gegangen waren. Kurz darauf konnte er schon zwei Holzfäller einstellen und es ging langsam aber sicher aufwärts.
In einer Winterpause, als wirklich gar nichts mehr ging, lernte er ein Mädchen kennen und er fand, dass dieses Mädchen genau das richtige für ihn war. Nach vielen Monaten hatte er das Mädchen überzeugt und sie kam zu ihm in die armselige Hütte, inder er hauste, und half ihm beim Papierkram.
Schnell übernahm sie die komplette Büroarbeit, was ihn unwahrscheinlich entlastete. Jetzt konnte er sich voll und ganz der Arbeit vor Ort widmen und das tat seiner kleinen Firma sehr gut. Irgend wann machte er dem Mädchen einen Heiratsantrag undversprach ihr dabei, ihr ein schönes Haus zu bauen, sobald es ihm möglich war.
Die Frau nahm den Heiratsantrag an und im kommenden Winter war es so weit. Im Laufe der ersten Ehejahre hat er für seine Frau und für sich ein kleines und bescheidenes Haus gebaut, gemütlich und kuschelig, aber er sagte seiner hübschen Frau immer wieder: ‚Ich baue uns ein Haus, ich habe es nicht vergessen.‘
Was seine Frau nicht ahnte,er lagerte schon die besten Baumstämme für sein Traumhaus ein. Und in einem der nächsten Winter, die sie wie fast immer in der kleinen Stadtwohnung verbrachten, fragte er dann seine Frau, welche Wünsche und Vorstellungen sie für ihr gemeinsames Haus hätte.
Da sprudelte es vor lauter Freude nur so aus ihrem Mund, er lachte und sagte: ‚Langsam,langsam, ich muss mir doch deine Wünsche aufschreiben können.‘
‚Ein großes Wohnzimmer, ein Esszimmer und ein schöne große Küche, Badezimmer, eine Sauna und viele Kinderzimmer‘,strahlte sie ihren Mann an, der alles gewissenhaft aufgeschrieben hatte und den Notizzettel gut weg gesteckte.
Seskes Vater hatte schon früh, sehr früh begonnen, Nutzholzplantagen anzulegen, von vielen seiner Kollegen wurde er ausgelacht, aber beharrlich ließ er weiter Bäume pflanzen.
Dasv ersprochene Haus baute er auf einem leichten Hügel mit felsigem Untergrund, wegen des Schmelzwassers im Frühjahr.
Es war ein schönes Stück Erde, das er als Baugrund ausgesucht hatte, ein paar hundert Meter von der Überlandstraße entfernt. Es war himmlisch ruhig, rings herum ein alter Baumbestand, ein Wildbach durchfloss das Grundstück, vor dem Haus war ein großer freier Platz zum Spielen vorgesehen.
Die Nachricht, dass sie Nachwuchs erwarteten, platzte mitten in die Bauarbeiten. Seskes Vater sprang vor Freude wie ein Verrückter herum und sagte dann laut lachend zu seiner Frau:‚Jetzt sind wir eher zu dritt, als dass das Haus fertig wird."
Seske war noch ein Baby, als ihr Vater seiner kleinen Familie das Haus zeigte, das er für sie gebaut hatte. Ein großes, ein riesengroßes Haus stand vor ihr, aus riesigen, nein, gewaltigen Baumstämmen zusammen gefügt. Trotz aller Masse war es trotzdem ein elegantes, stimmiges Haus mit den passenden Proportionen.
Die Eingangshalle mit dem riesigen, offenen Kamin, die Galerie um die erste Etage, die elegant geschwungene Treppe. Seine Frau brach vor lauter Freude und Überraschungin Tränen aus, sie konnte sich bei der Besichtigung noch nicht beruhigen, alles war da, so wie sie es sich gewünscht hatte.
Seske wuchs in den ersten Jahren wie ein kleiner Wildfang auf, erst als sie zur Schule musste, wurde sie etwas ruhiger und sie lernte leicht und mit viel Spaß. Seske wurde größer, ging nach der Schule auf die Uni, sie wurde ein hübsches Mädchen und ein kluges dazu. Sie war der Schwarm der Studenten, aber sie blieb solo.
Im Laufe der Jahre kamen die Nutzholzplantagen von Seskes Vater zum Tragen, er hatte inzwischen einen der Mitarbeiter als Leiter seiner Firma eingesetzt,hatte jetzt viel Zeit für seine Frau und beide lebten rundum zufrieden in ihrem Haus.
Seskes Vater hatte in derZeit, während Seske auf der Uni war, seinen zweiten Traum verwirklicht.
Am Bach, der durch das Grundstück floss, hatte er mehrere, große Becken angelegt und eine Fischzucht begonnen,mit durch schlagendem Erfolg, so dass er auch noch eine Räucherei dazu baute.
In den Semesterferien stellte Seskes Mutter fest, dass ihre Tochter mit ihrem Vater auffallend häufig leise tuschelte.Wenn die beiden von ihr erwischt wurden, strahlten sie sie beide an wie Honigkuchenpferde. Seskes Vater hatte nie seinen Hochzeitstag vergessen, so auch dieses Jahr nicht. Er schenkte seiner Frau ein kleines, flaches Kuvert. Sie schaute etwas erstaunt, weil sie in all den Jahren immer recht große Geschenke erhalten hatte. Aber sie sah ihre kleine Familie strahlen und daher öffnete sie das Kuvert, es war eine Kreuzfahrt im Mittelmeer!
Kapitel 6
Seske machte ihren Hochschul Abschluss und kehrte freudestrahlend zu ihren Eltern zurück, sie interessierte sich für den Holzschlag, steckte ihre hübsche Nase in die Fischzucht und machte sich ihre Gedanken.