Dem Glück auf der Spur Band 3. Sigrid Jo Gruner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sigrid Jo Gruner
Издательство: Bookwire
Серия: Schicksalsgeschichten Band 3
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742786081
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buchte es auf das Konto "Nun mal geschehen, nicht zu ändern" und verschob die Verschönerungsaktion auf "morgen."

      "Läuft die Serie schon auf Kanal 7?" rief sie nach unten. Ihr Krischan antwortete nur mit einem Grunzton, weil er sich gerade eine Bierdose an den Mund setzte.

      Gerade als Franziska sich in den Ohrensessel geflegelt und die Beine hochgehievt hatte, läutete es an der Haustür. "Wer kann das sein? Vielleicht Vera?" murmelte sie und erhob sich seufzend. Im Guckloch sah sie zwei bejahrte, sorgfältig gekleidete Herrschaften, von denen der Mann mit einem Blumenstrauß bewaffnet schien, die Frau mit einem breitkrempigen, gefederten Hut und einem stählernen Lächeln. Franzi öffnete zögernd, sandte ein "Hallo" in die frische Abendluft und setzte eine neutrale Miene auf.

      "Guten Abend, Sie müssen Frau Hansen sein?" fragte das Paar fast unisono. Jetzt erst bemerkte Franziska, dass die beiden sie erst erwartungsfroh und auffordernd angrinsten und dann ihren Blick über Franziskas Outfit wandern ließen. "Gestatten Sie, Wiederhut, Direktor Wiederhut, und das ist meine Gattin. Vielen Dank für Ihre Einladung."

      Der Chef nebst Gattin! Franziska wurde es kühl. Eine Gänsehaut lief ganz langsam über ihren Rücken und die kleinen Härchen im Nacken stellten sich hoch. Sie hatte das Datum verwechselt!! Das war die einzige Erklärung. Ja, war sie denn von allen guten Geistern verlassen gewesen, als sie vor zwei Wochen mit der Gattin telefoniert hatte??

      Nach einer Ewigkeit wie es Franzi schien, kam auch der aufgescheuchte Krischan dazu, der sich geistesgegenwärtig des Paares bemächtigte, es in das Wohnzimmer schob und mit Drinks versorgte. Herr und Frau Direktor Wiederhut sahen sich interessiert um. Frau Wiederhuts Blick schweifte über die lila angestrichenen Regale, über die gebauschten orangefarbenen Vorhänge, die Picasso-Drucke an der Wand. "Schön haben Sie's hier, so unkonventionell." Christian räusperte sich und schob mit dem Fuß einen Stoß zerfledderter Zeitschriften unter das zerknautschte Sofa.

      "Sicherlich haben Sie einen Hund, da ist es schwer, Ordnung zu halten", meinte Frau Wiederhut mit leicht säuerlicher Miene und strich mit dem Finger über den Glastisch. "Hund weniger", kicherte Franziska, "aber einen zweijährigen kleinen Schlingel." Frau Wiederhuts Miene drückte äußerstes Verständnis aus, während sie sich zwischen den Legosteinen niederließ.

      Franziska floh in die Küche und entdeckte im Fach für Teigwaren ein paar Salzmandeln, die sie zusammen mit einem Rest Oliven in ein Schälchen schüttete. Oh Gott, was sollte sie jetzt tun? Panik überflutete sie für einen kurzen, schmerzvollen Moment und setzte ihr Gehirn lahm. Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, warf ihr Krischan einen unheilvollen Blick zu, den sie zu ignorieren beschloss. "Ja, ich dachte mir, wir machen es uns mit Ihnen so recht bequem", zwitscherte sie, "steife Einladungen müssen Sie sicher allzu oft über sich ergehen lassen."

      Frau Wiederhut nickte hölzern und fasste mit behandschuhten Händen nach ihrem Martiniglas. Von oben rief eine Kinderstimme: "Mami, bin fertig!" Tobias auf dem Töpfchen. Mit hochrotem Kopf lief Franziska los, steckte den wütend protestierenden Tobias innerhalb von zwei Minuten ins Bett und schaffte es in einer weiteren Minute, in Leinenhose und Seidenpulli zu schlüpfen. Makeup - no chance, von Frisur war ohnehin nicht zu sprechen, dafür eine Wolke Obsessione. Konnte nicht schaden. Und jetzt Mut, Franziska!

      Drunten war die Unterhaltung nicht eben munterer geworden. Christian bemühte sich nach Kräften, mit der Situation fertig zu werden. In seiner Not holte er gerade das Fotoalbum ihrer Hochzeitsreise aus dem Schrank.

      Franziska riss den Kühlschrank auf. Das Perlhuhn konnte sie getrost vergessen, das Limonensorbet ebenso, was gab der Kühlschrank noch her? Wenig, wie sie sofort feststellte. Ein Glas Ententerrine vom letzten Frankreichurlaub, das sich ganz hinten versteckt hielt, dazu konnte sie die Gürkchen nehmen und ein paar Feigen aus der Dose, eine Handvoll trockene Cracker aufbacken, dazu die Blüten der Kapuzinerkresse vom Fensterbrett. (Passte das eigentlich zusammen? - Egal, es sah auf jeden Fall hübsch aus). Während sie eine kalte Platte arrangierte, klemmte sie das Telefon ans rechte Ohr. "Vera, um Gottes Willen, was gibt's bei dir heute zum Abendessen?"

      "Wieso das denn?"

      "Himmel, fragt nicht, sag's einfach."

      "Also Franzi!!! - Heute mal was Schnelles. Ein Fertiggericht, asiatisch, aufgetaut, sieht ganz gut aus, mit Huhn, Morcheln, chinesischem Rettich und so."

      "Könnte gehen. Tust du mir einen Gefallen - bringst du mir's rüber? Und von der Tankstelle um die Ecke zwei Flaschen Wein?" Bevor die konsternierte Vera nachfragen konnte, legte Franzi auf und balancierte das Vorspeisenbrett ins Esszimmer. Dann bat sie zu Tisch. "Originell", urteilte die Frau Direktor, "Paté mit Feigen, das kenne ich gar nicht. Und diese Blüten isst man mit?"

      "Sicher", bestätigte die gute Hausfrau mit Unschuldsmiene, "köstlich nicht?" Die Gäste nickten ergeben und befanden die Einrichtung des Esszimmers, die das junge Paar größtenteils vom Trödelmarkt geholt hatte, als ebenso originell. "Erbstücke?" meinte der Chef. Franzi räusperte sich. "Ja, sozusagen."

      Christian hatte mittlerweile einen Heizstrahler organisiert, der ein wenig Wärme in die ausgekühlte Atmosphäre brachte. "Die Heizung in diesem Raum funktioniert nicht gut", murmelte er entschuldigend, und wieder streifte ein strafender Blick die errötende Franzi. Wo blieben Vera und ihr Chinatopf? Franziska nötigte die Gäste zu zweimaliger Paté. Die Unterhaltung kam langsam in Gang, als Tobias im Schlafanzug ins Zimmer trollte und lauthals eine Himbeerlimo forderte. Das gab Franzi Gelegenheit zu entschwinden und Vera zu öffnen, die mit einem dampfenden Topf, den sie zwischen zwei Lappen trug, eintraf. "Endlich, gottseidank!"

      "Vorsicht, das ist kochend heiß!" warnte Vera. "Nun sag endlich, warum wir heute ohne warmes Abendbrot bleiben sollen? Thomas war nicht begeistert!"

      "Rate, wer gerade bei uns am Esstisch sitzt?"

      Veronika stutzte, dann grinste sie und brach in Lachen aus. "Der Chef..?"

      "Exakt - nebst lieber Gattin", ergänzte Franziska.

      Vera ließ sich auf einen Stuhl fallen. "Aber der Chinesentopf reicht nicht für vier Leute!" sagte sie und schlug die Hände zusammen.

      "Das klappt schon", rief die resolute Franzi. Sie schnitt die verschmähten Bratenreste vom Vortag in mundgerechten Happen in den dampfenden China-Schmaus, riffelte rote Paprika und ein paar Peperonis dazu ("Vorsicht", schrie Vera, "das ist eh schon sehr scharf!") und goss alles mit Fleischbrühe aus der Dose auf. Der Tütenreis köchelte schon. Dann schob sie Freundin zur Seite und servierte so anmutig wie sie nur konnte.

      Die Gäste griffen zu, nachdem die Gattin verlauten ließ, dass sie Asiatisches und namentlich Scharfes wirklich sehr liebe, dabei blickte sie leicht gequält auf ihren Mann und hob die Serviette an den Mund. Dass sie danach das Wasserglas mehrmals hektisch leerte und in lang andauerndes Schweigen verfiel, stimmte Franziska ein wenig nachdenklich. Aber Zeit sich Sorgen zu machen, hatte sie keine, denn nun stand der Nachtisch an. Vera, die in der Küche die Strippen zog, hatte sich eine Tüte Marshmallows gegriffen.

      "Ich kann ihnen doch nicht nur Marshmallows zum Dessert servieren", sagte Franziska gehetzt.

      "Na, dann denk dir was aus!"

      Franziska schob die Marshmallows kurz entschlossen zum Schmelzen in das Bratrohr und bereitete in der Zwischenzeit eine Soße aus zwei Tafeln Schokolade zu, die sie aus dem Vorrat für Tobias Kindergeburtstag stibitzte. Verziert mit ein paar gesprühten Sahnemonden, Maraschinokirschen und den restlichen Kapuzinerblüten sah es dann gar nicht übel aus, das Dessert, das sie kurzentschlossen "Präriemond" nannte und damit schwer Eindruck auf die Wiederhuts machte. "Amerikanisch!" befand Frau Wiederhut. "Interessant!"

      Der Cognac zum als Espresso deklarierten Pulverkaffee tat dann ein übriges. Als sich das Paar dann rasch mit der Entschuldigung, früh raus zu müssen, und dem heißen Dank für einen unvergesslichen Abend verabschiedet hatte, fielen Franziska und Christian in die Sessel. "Das wird nichts", murmelte Krischan resigniert.

      "Fürcht' ich auch", bestätigte Franziska und machte ein betretenes Gesicht. "Diese Blamage.. und alles meine Schuld... Wir hätten den Finanzschub weiß Gott gebrauchen können! Mein Gott, wenn ich an unsere Hypothek denke!" Nun