dem das Häuschen gestanden, und nachdem er den
ganzen Tag vergeblich im Walde herum gelaufen,
fand er sich Abends, als man die Lichter anzündete,
wieder vor seinem Bauernhof. Endlich ist er im hohen
Alter gestorben.
Sein Hof steht noch und der Bauer, der ihn heutzutag
im Bestand hat, heißt der Hundsrücks-Philipp.
297. Das Bannkraut.
Die vor. Schrift S. 145.
Im Waldesdunkel auf gewissen Berghöhen wächst ein
Kraut, das allen Zauber löst. Wo ein Anderer nur
einen Haufen glühender Kohlen erblickt, sieht der Besitzer
des Krautes blankes Gold – und was das Kraut
berührt, ist der Gewalt der Erdgeister entzogen.
Darum bewachen sie auch das Kraut, und obwohl sie
nicht im Stande sind, geradezu dessen Abbrechen zu
verhindern, so wissen sie doch dem, der es sucht, so
vielen Spuck in den Weg zu werfen, daß er nur selten
zu seinem Ziele gelangt. Und das Kraut ist nur einmal
im Jahre, in der heiligen Christnacht, während es
zwölf Uhr schlägt, zu brechen, und es darf der, welcher
es holt, auf dem Wege nicht beschrieen werden
und er muß stumm bleiben, bis er wieder heimgekommen.
Es ist nicht gar lange, da lebte zu Faulenbach ein
Mann, der war ganz erpicht auf Dinge, die man weit
besser unerforscht läßt. Er suchte auf den Friedhöfen
in die Geheimnisse des Jenseits einzudringen, er spürte
an verrufenen Orten den unheimlichen Wesen nach,
die da hausten, und kein Zaubermittel, kein bannender
Spruch war ihm unbekannt. Aber sein Ziel, ein reicher
Mann zu werden, hatte er noch nicht erreicht. Er war
Wirth und wußte recht gut, daß es, wenn in der heiligen
Christnacht um zwölf Uhr der junge Wein aus
dem Fasse steigt, ein gutes, wenn er aber sinkt, ein
schlechtes Weinjahr bedeutet, aber er hatte nicht hinreichend
Geld, um im letzteren Falle zu rechter Zeit
erkleckliche Weinvorräthe einzukaufen. Er wußte
auch, daß zu derselben heiligen Zeit aus gewissen
Quellen Wein fließt, allein in den wenigen Augenblikken,
in welchen die Mitternachtsglocke schlägt, läßt
sich nicht viel Wein schöpfen, und es ist eben auch
damit nicht zu scherzen: war doch kurz vor jener Zeit
erst ein Mann dabei sehr übel gefahren. Der hatte
auch in der heiligen Christnacht eine Quelle, wo Wein
fließen sollte, glücklich unbeschrieen erreicht, und als
es zwölf Uhr schlug, trank er und rief freudig aus:
Alleweil1 trink ich Wein!
Aber ein Krallenfuß packte ihn, der das Gebot des
Schweigens gebrochen hatte, am Genick, eine Donnerstimme
rief:
Alleweil bist Du mein!
und der Mann ward nicht mehr gesehen.
Dem Faulenbacher Wirth ward bekannt, daß auf
dem Kühlberge das Kraut wuchs, das allen Zauber
löst. So sehr es ihm nach seinem Besitze gelüstete,
hatte er doch lange gezögert, es zu holen, denn er sah
voraus, daß er mit allen Schrecken der Unterwelt zu
kämpfen haben werde, wenn er es erlangen wollte.
Endlich aber überwand die Geldgier alle Bedenklichkeiten
und in der nächsten heiligen Christnacht machte
er sich auf den Weg.
Der Kühlberg ist ein mäßiger Berg zwischen Faulenbach
und Stadt-Prozelten; die Aussicht ist dort
prachtvoll, aber der Boden ist schlecht und nährt nur
nothdürftig traurige Kiefern; in ihrem Schatten wächst
das Zauberkraut.
Der Mann hatte den Wald kaum betreten, da wälzte
sich ihm ein Ding entgegen, das er nicht recht zu erkennen
vermochte, das aber so gräulich war, daß es
auch einem beherzten Manne Schrecken einjagen
konnte. Aber er ließ sich nicht einschüchtern, und als
das Ungethüm bis zu seinen Füßen kollerte, faßte er
sich schnell und sprang darüber weg. Ohne sich umzusehen
eilte er weiter, aber bald trat ihm in der Enge
des Weges ein schwarzer Mann entgegen hoch wie
ein Kirchthurm. Neben vorbei war kein Raum und an
das Ueberspringen war ohnehin nicht zu denken; der
Riese kam mit so gewaltigen Schritten auf ihn los,
daß seine Beine gleichsam einen Thorbogen bildeten
– und schnell schlüpfte der Mann durch und kam
unverletzt davon. – Schon nahte er sich der Stelle, wo
das gesuchte Kraut wachsen mußte und er glaubte
sich schon am Ziele, als von allen Seiten Kriegsknechte
zu Roß und zu Fuß heranrückten und drohend
gegen ihn die Waffen schwangen. Er ließ auch da seinen
Muth nicht sinken und schlüpfte bald an einem
Ritter, bald an einem Fußknechte vorbei; aber es stellten
sich ihm stets neue Schaaren entgegen – und als
sie endlich ihre Reihen lichteten und er eben den Letzten
hinter sich hatte, schlug es zwölf Uhr. – Der
Spuck verschwand, aber auch die kostbare Zeit war
verschwunden und unverrichteter Dinge und todesmatt
schlich der Mann seiner Heimath zu.
Als am andern Morgen den Mann, der den tiefen
Schlaf gänzlicher Erschöpfung schlief, seine Leute
wecken wollten, bebten sie erschrocken zurück, denn
die einzige Nacht hatte aus dem kräftigen Manne im
besten Lebensalter einen hinfälligen Greis mit weißen
Haaren gemacht. Er hat seinen Verwandten, deren
Kinder zum Theil noch leben, oft die Geschichte zum
warnenden Beispiel erzählt.
Fußnoten
1 Jetzt.
298. Der Schatz auf der Karlshöhe.
Von B. B a a d e r im Anz. v. M o n e IV., 162.
Auf der Karlshöhe im Spessart liegt ein Platz, den
man die Schatzgräberei nennt. Hier liegen eine silberne
Glocke und eine Kiste voll Geld vergraben,
welche