Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Schöppner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742772664
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schenken willst.« Da ging dem krummen Jakob

       das Herz auf – denn seit seines Vaters Tod hatte noch

       kein Mensch freundlich ihm zugeredet – und er klagte,

       wie sein Bruder ihn so schlecht behandelt, wie er

       sein Erbe ihm vorenthalten, und ihn, wie einen Bettler,

       aus seinem väterlichen Schloß hinausgeworfen.

       Die Alte aber sagte: »Komm mit mir, nach drei Jahren

       wollen wir wieder zu deinem Bruder gehen, vielleicht

       reut's ihn bis dahin, und er gibt dir dein Eigenthum.«

       Der Jakob ließ sich das gerne gefallen, und sie

       nahm ihn mit sich in ihr Häuschen und gab ihm auf,

       ihren Rosmarinstock zu gießen, und ihre Katze zu füttern,

       und ihr Flachsfeld zu bauen, und im Winter

       mußte er Pfahlstecken schneiden für die Weinbergsbauern

       und Schiffsstangen für die Schiffsleute, und im

       Frühjahr trug er sie an den Main, um sie zu verkaufen.

       Wenn die rechte Zeit dazu gekommen war, nahm

       die Frau Hulle ihren Spinnrocken in die Hand, als

       einen Gehstock, und ihre Kötze (Huckelkorb) auf den

       Rücken und packte ihr Garn hinein, um es auch zu

       verkaufen und ging mit, und wenn dem Jakob die

       Pfahlstecken und Schiffsstangen zu schwer wurden

       wegen seines lahmen Beines, nahm sie ihm die Last

       ab und warf sie mit ihren dürren Armen oben auf die

       Kötze, als wenn's Strohbürden wären. Zwischen Haßloch

       aber und Faulbach ist hart am Weg ein Stein,

       dort ruhte sie jedesmal aus, und wo ihre Kötze mit

       den Füßen aufstand, sind die Löcher davon heute

       noch zu sehen. So hatte es der Jakob recht gut bei ihr;

       dabei lehrte sie ihn alle Bauernarbeit, so daß er sich

       zuletzt besser darauf verstand, als ein geborner Bauer.

       Wie aber die drei Jahre um waren, sagte die Alte:

       »Komm, nun wollen wir zu deinem Bruder gehen!«

       und nahm ihren Spinnrocken in die Hand und die

       Kötze auf den Rücken, und der Jakob ging mit. Den

       Bruder fanden sie im Schloßhof unter der Linde sitzen,

       – denn es war sehr schwül an dem Tag, und die

       Linde blühte und gab einen großen Schatten, und die

       Vögel sangen in ihren Zweigen. Wie sie herankommen,

       fragt er sie nach ihrem Begehr, und die Frau

       Hulle nimmt das Wort für den krummen Jakob und

       sagt, sein Bruder sei da und wolle, was ihm gehöre.

       Der Schloßherr aber flucht und sagt, wenn sie nicht

       gleich gingen, wolle er ihr ihren alten wackeligen

       Kopf herunterreißen und dem Krummen das andere

       Bein auch noch lahm schlagen. Da wurde die Alte

       sehr zornig, nahm ihren Spinnrocken und stieß ihn in

       die Linde, und alsbald, wie dieß geschehen, fliegen

       die Vögel auf, und der Baum fängt an zu zittern von

       der Wurzel bis zum Gipfel, und aus dem Stamm und

       den Aesten und Zweigen läuft der Saft und tropft auf

       den Boden, und die Blätter werden gelb und fallen ab,

       und die Frau Hulle sagt: »O du arger Bösewicht, sieh'

       her! wie dem Lindenbaum, so soll es dir gehen und

       deinem Hause, – so sollst du verdorren und verschmachten

       und absterben, und kein Glück mehr

       haben ewiglich!« Dann ging sie mit dem Jakob von

       dannen.

       Wie sie gesagt hatte, so geschah's. Als der Lindenbaum

       verdorrt war, da hielt das Schloß nicht mehr. So

       oft es stürmte, fiel auch ein Thurm, oder eine Mauer

       ein, und der Regen schwemmte die Steine hinweg, so

       daß man's nicht mehr aufbauen konnte. Kein Mensch

       wollte mehr im Schlosse bleiben, und der Schloßherr

       wohnte im Keller, – dort stand die Geldkiste, und von

       der wollte er sich nicht trennen, sondern hütete sie

       Tag und Nacht. Zuletzt, wie nichts mehr vom Schlosse

       übrig war als der Keller und der verdorrte Lindenbaum,

       der vor dem Keller stand, kam auf Martini in

       der Mitternacht ein großer Sturm und warf den Lindenbaum

       auch um: der fiel gerade vor die Kellerthür

       und sperrte den Ausgang und der Schloßherr konnte

       die Thüre nicht mehr aufbringen, wie er sich auch anstemmte

       und nach Hülfe schrie, und mußte elendiglich

       auf seiner Geldkiste verhungern.

       Die Frau Hulle aber wußte das Alles gar wohl, und

       den Tag nach seinem Tod kommt sie, hebt den Lindenbaum

       hinweg, öffnet die Kiste und scheidet das

       Geld in zwei gleiche Theile; den einen läßt sie liegen,

       den andern nimmt sie mit, und wie sie aus dem Keller

       tritt, stürzt der auch zusammen. Daheim gibt sie dem

       Jakob das Geld und sagt: »So! jetzt hat jedweder das

       Seine – er und du! – wie's der Vater befohlen hat.

       Nimm, was dein ist, aber den Edelmann schlag dir

       aus dem Sinn und werd ein Bauer: so kannst du noch

       Glück haben. Leb wohl, mich wirst du jetzt nicht

       mehr sehen.«

       Da nahm der Jakob Abschied und baute sich von

       dem Gelde einen großen Bauernhof auf dem Hundsrück

       bei Altenbuch, nahm eine Frau und viel Knechte

       und Mägde und ward ein großer Bauer. Keine Seuche

       kam in seinen Stall, und keine Raupen auf seine Obstbäume,

       und kein Hagelschlag über seine Felder. In

       der Erntezeit, wenn das Gesinde alle Hände voll zu

       thun hatte, damit das gute Erntewetter nicht verpaßt

       würde, geschah es oft, daß, wenn sie in der Früh auf's

       Feld kamen, die Arbeit schon gethan war, daß die

       Garben alle geschnitten und gebunden und auf Haufen

       gestellt waren, daß man sie nur hineinzufahren

       brauchte. Die Leute sahen sich groß darum an, – der

       Jakob aber wußte wohl, wer's gethan hatte. Wie ihm

       sein erster Sohn geboren wurde, und er's den Nachbarsleuten

       anzuzeigen ging, meinte er in seiner Freude,

       er müsse der Frau Hulle doch auch davon Meldung

       thun, und machte sich zu ihr auf den Weg, aber

       wie er auch suchte und sich die Augen rieb, er konnte