Stück Weges gegangen war, sah er nach der Schlüsselblume,
hatte sie aber nicht. Aber die Körner hatten
sich in pures Gold verwandelt. Es reute ihn, daß er
nicht mehr genommen hatte. Noch vor nicht langer
Zeit, wird erzählt, gruben Schatzgräber im Sterneckerschloß;
sie fanden Asche, zusammengeschmolzene
Metalle; endlich zogen sie einen Kessel mit Geld herauf;
aber schnell errichtete der Teufel hinter ihnen
einen Galgen und nannte einen der Schatzgräber mit
Namen; voll Schrecken rief dieser: Jesus! Maria! da
versank der Schatz, und er hatte nur den Kesselring in
der Hand. Eine Frau sah öfter den Schlangenkönig,
wie er sich in der Saale badete. Als er einst wieder
kam, breitete sie auf der Wiese am Ufer ein weißes
Tuch aus, auf welches der Schlangenkönig seine
Krone legte. Die Frau nahm die Krone und lief nach
ihrer Wohnung; der Schlangenkönig eilte ihr aber so
schnell nach, daß die gerade noch zur rechten Zeit die
Hausthüre hinter sich zuwerfen konnte, gegen welche
der Schlangenkönig mit solcher Gewalt stieß, daß er
todt zu Boden fiel. Die Sage von dem
Sterneckerfräulein ist in dortiger Gegend ziemlich
verbreitet.
279. Von der Burg Steineck.
B e c h s t e i n S. 248.
Im Walde Questenberg, wo sich das Gebirge des
Burg Wallbacher Forstes hinabsenkt gegen die sanften
Ufer der fränkischen Saale, in der Nähe des ohnweit
Bocklet gelegenen Marktfleckens Steinach, hart
über dem Dörfchen Roth, liegt heutzutage die Trümmerstätte
der ehemaligen Burg Steineck. Diese wurde
von Rittern bewohnt, welche ein heilloses Leben führten,
täglich zechten, fluchten, und an keinen Gott und
keine Erlösung glaubten. Diesen Rittern diente eine
alte, fromme und gottesfürchtige Magd, welche öfters
in den langen Winterabenden den Tummelplatz roher
Lustbarkeiten und Laster verließ, und herabging nach
Roth, um bei einfachen und guten Bauersleuten zu
spinnen. Einst am Christabend, welcher auf Burg
Steineck gänzlich ungefeiert blieb, ging die Alte auch
herab, sich mit den befreundeten Leuten der gnadenreichen
Geburt des Weltheilandes zu freuen, und blieb
über die Mitternachtstunde in Roth. Als sie den Weg
zur Burg wieder betrat, und in deren Nähe gelangte,
kam es ihr sehr befremdlich vor, daß sie nicht, wie
sonst, schon von weitem wüstes Geschrei, Gesang
und Becherklirren hörte; noch mehr aber verwunderte
sich die Alte, als sie kein erleuchtetes Fenster mehr
sah. Endlich mischte sich Schreck, Erstaunen und
Grauen in ihrem Innern, als sie die Burg gar nicht
wiederfand, sondern an ihrer Stelle nur zerbrochene
Außenmauern, und wüste Trümmer. Die Burg war
mit sammt den gottlosen Rittern, deren Schändlichkeit
in dieser heiligen Nacht ihren Gipfel erreicht hatte,
und mit sammt den in ihr aufgehäuften, durch Raub
zusammengerafften Schätzen – versunken. Die alte
Magd glaubte zu träumen, oder einen Schlaf, ähnlich
dem der Siebenschläfer geschlafen zu haben, und ging
ganz bestürzt und zitternd wieder nach Roth hinunter,
wo sie den Leuten erzählte, was sich zugetragen, sie
zu einem gottgefälligen Leben ermahnte, und bald
darauf zum ewigen Leben einging. Auf der Trümmerstätte
der Burg Steineck aber ist es nicht geheuer. Gespenster
haben dort ihr Wesen, vornehmlich in der
Christnacht, und doch soll es nur in dieser Nacht
möglich sein, die Schätze zu heben, die in ihrem tiefen
Schooße ruhen. Manche versuchten das, doch ist
es noch Keinem geglückt.
280. Der Todtemannsberg.
Die vor. Schrift S. 121.
Unter den schwarzen Bergen, die sich in der südlichen
Nähe des Kreuzberges zwischen Brückenau und Kissingen
düster bewaldet erheben, liegt eine Höhe, der
Todtemannsberg geheißen, deren Namen die Sage folgender
Begebenheit zuschreibt. Ein Reisender verirrte
sich zur Winterszeit in diese etwas unwirthbare und
öde Gegend, in welcher die Dörfer ziemlich einzeln
liegen. Die Nacht übereilte den Mann, er suchte
Schutz gegen die Kälte, fand aber keinen andern, als
einen Busch, in welchen er, da er vor Ermattung nicht
weiter konnte, sich niederkauerte, und entschlief. Er
erwachte nicht wieder aus seinem Schlafe und Niemand
wußte, wohin der Reisende gekommen. Er ward
vermißt, überall gesucht und sein Signalement in Zeitungen
beschrieben, doch vergebens: er kehrte nicht
zurück. Erst im Vorsommer ließ ein Zufall auf einem
hohen Baume am Berg einen todten Körper entdekken.
Der Baum war so tief eingeschneit und der Schnee
so fest gewesen, daß der Reisende den Baumgipfel für
einen Busch gehalten, in welchen er sich gebettet, und
als der Schnee hinwegthaute, war sein Leichnam dro-
ben ruhig hängen geblieben. Daher vom todtgefundenen
Mann des Berges Name.
Kapitel 15
281. Verwünschtes Schloß Dreistelz.
Die vor. Schrift S. 119.
Ohnweit des schönen Bades Brückenau erhebt sich
ein Berg, der Dreistelz geheißen; jetzt liegt auf ihm
ein Hof, der Dreistelzhof, vordem aber stand darauf
ein prächtiges Schloß, und zwar an der Höhe nach
Brückenau zu. In diesem Schloß wohnten drei stolze
Damen, und man sagt, daß man diese Fräulein nur die
drei Stolzen genannt habe, wegen ihrer absonderlichen
Schönheit sowohl, als wegen ihrer großen Pracht
und Hoffart; und ihr Haus, das hieß man das Dreistolzenschloß,