Zügel und eine ebenso reich verzierte Wasserflasche von einem kleinen Tisch
hinter sich. Er legte den Zügel in Dormunts ausgestreckte Handfläche.
»Dormunt, des Dorkemunts Sohn, schwört Ihr Gandoryn, Hellewyns Tochter,
die Treue, und schwört Ihr, für sie zu sorgen und euer Heim zu schützen?«
»Ja, Ältester«, versicherte Dormunt, und seine Stimme klang nicht ganz so
fest, wie er sich dies eigentlich gewünscht hatte. »Dies schwöre ich.«
»Gandoryn, der Hellewyn Tochter«, der Älteste legte die Wasserflasche in
Gandoryns offene Hand, »schwört Ihr Dormunt, Dorkemunts Sohn, die Treue,
und schwört Ihr, für ihn zu sorgen und euer Heim zu schützen?«
»Ja, Ältester«, sagte Gandoryn, und man hörte ihrer Stimme an, dass sie
dabei lächelte. »Dies schwöre ich.«
»So fasst nun Zügel und Wasserflasche gemeinsam«, sagte der Älteste
salbungsvoll, worauf die beiden jungen Leute beide Gegenstände umfassten
und der Älteste seine Hände auf die Köpfe des frisch vermählten Paares legte.
»Mögen die Hufe eurer Rösser rasch wie der Wind eilen, und möge das
Wasser zu eurer Erquickung nie versiegen. So hüllt Gandoryn nun in Euren
Umhang, Dormunt, und nehmt sie zu Eurem Weibe.«
Dormunt nahm die Zügel in eine Hand, löste seine andere von der
Wasserflasche und hüllte seine Frau und sich selbst in den weiten Umhang
des Pferdelords ein. Der Älteste hob den Blick. »So seid ihr nun vor Volk und
König …«
Er verstummte, und ein merkwürdiges Krächzen drang aus seinem Mund.
Alle hoben irritiert den Kopf und sahen nur, wie sich die Augen des
Ältesten weiteten, seine Hand sich hob und er hinter die Menge deutete, aber
noch bevor überhaupt irgendjemand den Kopf wenden konnte, ragte plötzlich
ein gefiederter Pfeilschaft aus der Kehle des Ältesten. Er stieß ein
merkwürdiges Gurgeln aus und kippte dann schlaff hintenüber. Im ersten
Augenblick war die Menge wie gelähmt. Schreie ertönten, und es waren nicht
nur Schreie der Verwirrung und des Entsetzens, sondern auch Schmerzens-
und Todesschreie.
Dorkemunt konnte aufgrund seines kleinen Wuchses nicht erkennen, was
hinter den Rücken der Menschen vor sich ging, also sprang er ohne zu zögern
auf das Podest, wo er den Ältesten, dessen Körper noch seltsam zuckte,
ignorierte und über die Köpfe der Anwesenden hinwegspähte. Doch da
begann die Menge sich bereits zu zerstreuen und panisch
auseinanderzudrängen. Dorkemunt spürte den Luftzug eines Pfeils, der an
seinem Ohr vorbeizischte.
»Orks«, krächzte er ungläubig. Er wusste sehr wohl, was das für Gestalten
waren, die da vom Rand des Weilers her auf den Platz drängten, auch wenn er
nicht verstand, woher die Ausgeburten der Dunklen Macht so unvermittelt
kommen konnten. Bisher hatten sie ihren Platz in alten Legenden gehabt,
doch nun waren sie leibhaftig hier in ihren finsteren Rüstungen und mit
gierigem Gebrüll. »Orks«, brüllte Dorkemunt. »Zu den Waffen, ihr
Pferdelords! Ein Überfall!«
Aber niemand hatte seine Waffen mit auf den Versammlungsplatz
genommen, mit Ausnahme einiger Pferdelords, die dem Brautpaar später das
Ehrengeleit geben sollten, und natürlich mit Ausnahme von Dormunt und
seinem Vater. Dormunt hatte sich dem Feind bereits zugewandt und stand
schützend vor Gandoryn und ihrer Mutter, während er seine Klinge zog. Auch
die Handvoll bewaffneter Pferdelords stellte sich mit gezückten Waffen dem
Feind, der auf sie vorrückte. Schon lagen Männer, Frauen und Kinder in
ihrem Blut, während die Lebenden panisch versuchten, ihre Häuser zu
erreichen, um dort Schutz zu finden und sich zu bewaffnen. Pfeile zischten
und warfen viele von ihnen zu Boden. Manche versuchten blutend vom Platz
zu kriechen, bis die Bestien an sie herantraten und sie erschlugen.
Dorkemunt sprang vom Podest neben seinen Sohn. »Lauft zum Haus, dort
steht noch mein Pferd. Flieht zur Südweide und nehmt von dort noch andere
Tiere«, schrie er seinen Sohn an. »Ihr müsst fort von hier. Hier können wir
nicht bestehen. Es sind zu viele.«
Das Schlagschwert eines Rundohrs schlitzte den Oberkörper einer alten
Frau auf, und ihr Blut und ihre Eingeweide strömten hervor, während sie
schreiend zusammenbrach. Ein Pferdelord stieß dem triumphierenden Ork
seine Klinge in den Leib, wurde aber fast gleichzeitig vom Spieß eines
anderen Rundohrs getroffen und stürzte rücklings zu Boden. Der Ork hielt
den noch keuchenden Mann mit seinem Spieß auf den Boden gedrückt und
drehte die Klinge im Leib des Hilflosen so lange, bis ein anderer Ork
hinzukam und den Kopf des Pferdelords mit seinem Schlagschwert vom
Rumpf trennte.
Aus einem der Häuser zischte ein Pfeil hervor und traf eines der
Spitzohren, die selbst mit triumphierenden Lauten ihre Bogen immer wieder
auf die Hilflosen auslösten. Das Spitzohr quiekte getroffen auf, aber schon
drangen andere Orks in das Haus ein, und kein weiterer Pfeil wurde mehr von
dort gelöst.
Nur fünf Pferdelords standen noch auf den Beinen, die alle verwundet und
mit dem Blut von Menschen und Orks bespritzt waren. Dorkemunt schwang
seine Axt, und Dormunt stieß und hieb mit seinem Schwert. Seine Klinge glitt
durch den Brustpanzer eines Rundohrs, zerteilte ihn säuberlich, und die Bestie
hielt brüllend ihre hervorquellenden Gedärme fest, bis Dormunts Schwert ihr
in den aufgerissenen Rachen stieß. Inzwischen hatte Dorkemunts Axt bereits
den Schädel eines Spitzohrs gespalten.
»Zum Haus hinüber«, brüllte Dorkemunt. »Zu meinem Haus!«
Da stieß Hellewyn ein leises Seufzen aus, sackte gegen Dorkemunt, und
als er sie instinktiv mit den Armen festhielt, konnte er den Pfeil,