Frau geben, Ratschläge, die bereits seit Generationen gegeben und von den
Bräuten wieder verworfen wurden, weil diese ihre eigenen Erfahrungen
sammeln wollten. Gandoryns Mutter Hellewyn befand sich derweil in
Dorkemunts Haus, und dieser begegnete ihr in der Wohnstube, als er nach
Hause zurückkam, um dort nach dem Rechten zu sehen.
»Wie ich sehe, ist fast alles bereit«, stellte Dorkemunt fest.
Hellewyn sah ihn spöttisch an. »Wozu du, mein bester Dorkemunt, nicht
viel beigetragen hast.«
Dorkemunt erwiderte ihr Lachen. Hellewyn war eine gute Seele, die wie er
selbst ihren Partner vor vielen Jahren verloren hatte. Unter anderen
Umständen, wenn er, wie er sich eingestand, noch ein wenig jünger gewesen
wäre, hätte er der Witwe sogar noch das Gehöft gemacht. Doch für hektisches
Geknarrze fühlte er sich schon zu alt. Obwohl ihre Kinder noch nicht offiziell
Zügel und Wasserflasche miteinander teilten, sprachen sie sich doch bereits in
der vertrauten Form an, zumindest immer dann, wenn kein anderer mithörte.
»Das ist Sache der Weibsleute, Hellewyn. Du weißt selbst, dass sie hierfür die
bessere Hand haben. Kann ich die Kammer noch betreten?«
»Wenn du mir die Blüten nicht zertrittst.« Sie musterte seine Stiefel.
»Doch du solltest dein Schuhwerk vorher ablegen. Du hast auf der Südweide
abgesessen.«
Dorkemunt hüstelte verlegen und rieb die Sohlen seiner Stiefel aneinander,
von denen sich kleine Brocken des Weidegrundes lösten. Lächelnd zog er die
Stiefel von den Füßen, und weitere Bröckchen flogen durch die Wohnstube.
Hellewyn schüttelte den Kopf und drohte ihm spielerisch mit den Fingern.
»Ah, ihr Pferdelords habt einfach keinen Sinn für Reinlichkeit.«
»Das ist nicht wahr«, protestierte der kleine Mann. »Das weißt du genau.«
»Ich spreche auch nicht von der Reinlichkeit und Schärfe deiner Waffen,
Pferdelord Dorkemunt.« Hellewyn nahm seine Stiefel und trug sie vor die
Tür, wo sie die Sohlen heftig aneinanderschlug. »Würdest du deine Stube mit
der gleichen Sorgfalt pflegen wie diese, so wäre ich wohl zufrieden.«
Dorkemunt antwortete nicht. Aus langer Erfahrung wusste er, dass ein
Pferdelord einer Frau bei solchen Wortwechseln unterlegen war. Auf seinen
Fußlappen ging er durch die Stube in seine Kammer hinüber, die Hellewyn
schon für das Brautpaar vorbereitet hatte.
Auf der Bettstatt lagen frisches Stroh und frisches Gras, und das Bettzeug
war frisch erneuert worden. Dorkemunt bemerkte anerkennend, dass
Hellewyn es mit feinen Stickereien versehen hatte. Frische Blumen lagen in
der Kammer auf der Bettstatt und dem Boden verstreut. Ihr Duft erfüllte den
Raum, und der alte Pferdelord musste lächeln, denn er fühlte sich an seine
eigene Vermählung erinnert. Er trat an seine Truhe und nahm frische
Kleidung und seine Rüstung hervor, um sie auf Hochglanz zu bringen.
Wieder in der Wohnstube, sah er Hellewyn lächelnd an, die gerade die
Sohlen seiner Stiefel gesäubert und das Leder poliert hatte. »Du hast die
Kammer schön gerichtet, Hellewyn. Vor allem die Stickereien sind dir wohl
gelungen.«
Hellewyn errötete leicht. »Es ging mir gut von der Hand, Dorkemunt.
Schwierig war nur, die Arbeit vor Gandoryn zu verbergen. Zeig mir dein
Wams, Pferdelord. Ich sehe, du hast es ausgebessert, doch meine Stiche
erscheinen mir doch feiner als die deinen zu sein.«
Das konnte Dorkemunt nicht leugnen, und so gab er ihr sein Wams
bereitwillig. Halb entkleidet nahm er dann ein wenig verschämt am Tisch der
Wohnstube Platz. Es war nicht so, dass er sich wirklich genierte, doch er
zeigte sich nur ungern im Unterzeug vor einem Weibsbild, auch wenn dieses
die Mutter seiner zukünftigen Schwiegertochter war. Zudem wusste
Dorkemunt, dass er aufgrund seines geringen Wuchses im Unterzeug kein
sehr stattliches Bild abgab.
Wie alle Pferdelords trug er wollene Beinkleider, die Beine und Unterleib
bedeckten und mit angenähten Schnüren an einem Gürtel befestigt wurden,
den man um den Leib trug. Dazu kam ein weites Hemd mit rundem
Ausschnitt und langen Armen, welches bis fast zu den Knien und bei
Dorkemunt noch etwas weiter hinunter reichte. Die Reithosen aus feinem
braunem Leder wurden über die Beinkleider gezogen und ebenfalls am Gürtel
befestigt. Hierüber zog man nun das Wams. Es reichte bis ans Gesäß und
bestand aus gutem Tuch. Im Sommer war es ohne Arme und ungefüttert, im
Winter hatte es lange Arme und ein ledernes Überfutter. Je nach Neigung und
Stellung seines Besitzers wies das Wams zudem Zierstickereien auf.
Dorkemunts Wams hatte tatsächlich schon ein wenig gelitten, und auch
wenn er es sorgsam auszubessern versucht hatte, so waren seine Augen auf
die kurze Distanz doch nicht mehr die besten. So war er nun dankbar für die
Hilfe, die Hellewyn ihm anbot, und sah zu, wie sie die schadhaften Stellen
flink und sorgsam ausbesserte.
»Hier, guter Pferdelord«, sagte sie schließlich, »so gut wie neu. Nun kannst
du dich wieder bedecken.«
Dankend nahm er das Wams und zog es sich über. Dann wickelte er seine
Fußlappen neu. Die Stiefel eines Pferdelords wurden mit verschiedenen
Fetten eingerieben, sodass sie dem Wetter widerstanden und geschmeidig
blieben. Die Füße wurden zum Schutz erst in lange Tuchstreifen gewickelt,
bevor man das Schuhwerk überzog. Dorkemunt stampfte ein paarmal mit den
Füßen auf, bis die Stiefel richtig saßen, und nickte dann zufrieden.
Hellewyn sah ihn wohlgefällig an. »Du magst wohl klein von Wuchs sein,
Dorkemunt«, sagte sie lächelnd, »aber du bist ein rechter Pferdelord. Es ist
gut, dass meine Tochter deinen Sohn gewählt hat.«
Dorkemunt nahm seinen