Crystal Fire. Jürgen Ruhr. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jürgen Ruhr
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752930191
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sich freiwillig meldeten. Studenten, die dann ebenso wie er und Flo zu wahren Überfliegern beim Lernen und Studieren würden.

      Daniel ließ die Versuche mit den Katzen noch einmal Revue passieren und lächelte. Zwei seiner Versuchstiere blieben über einen längeren Zeitraum am Leben. Es gab keinerlei Anzeichen für ein Suchtverhalten und die Intelligenz, sowie Reflexe und Konstitution waren seit der Einnahme stetig gestiegen und verbessert worden.

      Er holte ein weiteres Bier aus dem Kühlschrank und vertiefte sich wieder in seine Notizen. Mit Tinka war es stetig aufwärtsgegangen. Keine Rückschläge, keine Unverträglichkeiten und vor allem keine Abhängigkeit. Er ließ sich die Tabelle anzeigen, die die Mengen seines Mittels für verschiedene Körpergewichte auflistete. Ganz unten befanden sich die Zeilen, die die Dosis für Menschen unterschiedlichen Gewichts enthielten. Eine Arbeit, die er präzise und penibel durchgeführt und deren Ergebnisse er fünfmal nachgerechnet hatte.

      Dann fiel sein Blick auf die Zeile mit dem Gewicht, das konkret seinem eigenen Wert entsprach. „Warum eigentlich mit den Tests an Menschen warten?“, sagte er halblaut zu sich selbst. „Die Substanz ist absolut sicher. Warum nicht einen Selbstversuch starten?“ Er trank sein Bier auf einen Zug leer und dachte darüber nach, wie es wäre, sich selbst als positives Versuchsobjekt zu präsentieren. Bedarf es dann noch weiterer Beweise, dass das Mittel wirkte? Natürlich mussten Testreihen an Menschen folgen, doch er würde mit einem handfesten Ergebnis aufwarten können. Und sämtliche Schritte könnte er mit seinem Smartphone aufzeichnen. Die Substanz würde - ähnlich der Droge Kokain - über die Nasenschleimhaut in die Blutbahn gelangen. Daniel grinste. Gleich morgen wollte er mit dem Selbstversuch beginnen, doch jetzt konnte er schon einmal alles dafür vorbereiten.

      Während er die verschiedenen Zutaten zusammenmischte und peinlichst genau die Grammzahlen der einzelnen Komponenten beachtete, fragte Daniel sich, warum er noch bis morgen warten sollte. Sein Handy war aufgeladen, so dass er mit den Videoaufnahmen beginnen konnte. Warum eigentlich noch einen Tag warten?

      Im Wohnzimmer stellte er das Smartphone so auf dem Tisch auf, dass er sich mit der Frontkamera filmen konnte und gleichzeitig auf dem Display sah, was aufgenommen wurde. Zunächst machte er eine Testaufnahme, die zu seiner Zufriedenheit ausfiel.

      „Selbstversuch Tag eins“, sprach er schließlich in die Kameralinse. „Mein Name ist Daniel Bossheimer, ich studiere an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Medizin und bin im zweiten Semester.“ Er fügte eine ganze Reihe von persönlichen Daten, wie sein Geburtsdatum und das Gewicht, hinzu und erklärte ausführlich die Wirkungsweise des Mittels. Schließlich nahm er den Mörser mit dem Pulver, hielt ihn vor die Kamera und schüttete den Inhalt vorsichtig auf die Tischplatte. Mit einem Messer bildete er schließlich feine Linien. Dann sah er sich nach etwas um, womit er das Pulver aufsaugen konnte. Als Daniel nichts fand, kramte er den nächstbesten Geldschein aus seiner Börse und rollte ihn zusammen. Es war ein Hunderteuroschein.

      Dann nickte er der Kamera zu. „Ich beginne jetzt“, gab er überflüssigerweise von sich und sog das Pulver geräuschvoll in die Nase. Fast hätte er nießen müssen, doch Daniel schaffte es, sich zusammenzureißen. Immer noch im Aufnahmewinkel der Kamera lehnte er sich in dem Sessel zurück und wartete darauf, dass die Wirkung eintrat.

      Doch nichts geschah. Die Zeit verging aber es zeigte sich keinerlei Wirkung. Daniel ging in Gedanken noch einmal die Bestandteile durch, die er zuvor zusammengemixt hatte. Es war alles korrekt gewesen. Auch die Dosierung musste nach seinen Berechnungen ausreichend hoch sein.

      Als sich nach zwei Stunden immer noch keinerlei Symptome zeigten, schaltete er die Kamera ab. ‚Was habe ich falsch gemacht?‘, dachte er. ‚Habe ich irgendetwas vergessen?‘ Die Katzen erhielten die Substanz bisher über das Essen. War das der Fehler? Musste er das Pulver mit Nahrung zu sich nehmen? Daniel schlief im Sessel mit dem Gedanken ein, dass er das am kommenden Tag ausprobieren wollte.

      5. Leistungssteigerung

      Daniel Bossheimer erwachte in dem Sessel in der gleichen Stellung, in der er auch eingeschlafen war. Die Sonne schien hell in sein Zimmer und brannte in seinen Augen. Aber es waren nicht nur seine Augen, die brannten, sondern sein ganzer Kopf schien in Flammen zu stehen. Er sprang auf und stürzte ins Badezimmer. Rasch drehte er den Wasserhahn am Waschbecken auf und hielt den Kopf darunter. Das kalte Wasser linderte seinen Schmerz, der nach einiger Zeit nachließ und schließlich ganz abebbte. Daniel betrachtete sein Gesicht im Spiegel, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken.

      Im Gegenteil: Jetzt, da das Brennen aus seinem Kopf verschwunden war, fühlte er sich außerordentlich wohl. „Das kam wohl von dem vielen Bier gestern“, murmelte er vor sich hin und stieg unter die Dusche. Es kam selten vor, dass er zu viel Alkohol trank und er nahm sich vor, zunächst darauf zu verzichten. Er stieg aus der kleinen Duschkabine, trocknete sich ab und zog frische Kleidung an. Vor dem Spiegel begann er sein Haar exakt zu scheiteln, so wie er es gewohnt war. Doch dann hielt er inne. „Du siehst aus wie ein Streber“, sagte er zu sich selbst und holte seine Brille aus dem Wohnzimmer. Dann betrachtete er sich erneut. „Streber, Nerd“, beschimpfte er sein Spiegelbild und nahm die Brille ab. Das akkurat gescheitelte Haar kennzeichnet ihn als das, was er ja auch war: Ein Streber und Überflieger. Daniel zerzauste die Haare mit einer Hand. Das sah schon besser aus. Er nahm sich vor, zu einem Friseur zu gehen und sich einen modernen Haarschnitt verpassen zu lassen. Und bei der Gelegenheit musste auch die Brille mit den dicken Gläsern einem Paar Kontaktlinsen weichen.

      Als Daniel in die kleine Küche trat, fiel sein Blick zufällig auf die Uhr an der Wand. „Verdammt“, stöhnte er. Der kleine Zeiger stand knapp hinter der Eins. Das war ihm noch nie passiert, dass er bis mittags geschlafen und dadurch Vorlesungen verpasst hatte. Doch knapp eine Woche vor dem Beginn der Semesterferien verpasste er doch eigentlich nichts. Ein Großteil seiner Mitstudenten besuchte die Vorlesungen ohnehin nicht mehr und den Stoff kannte er ja in- und auswendig. Daniel ging in Gedanken die Themen durch, die für heute auf dem Lehrplan standen und wie von Zauberhand erschienen die entsprechenden Texte vor seinen Augen. Er würde heute die Uni komplett schwänzen und dafür einen Friseur und einen Optiker aufsuchen.

      Nachdem er eine Kleinigkeit gegessen hatte, sah er sich die Aufnahmen seines Selbstversuchs vom Abend zuvor im Zeitraffer an. Sein Verhalten war in keiner Weise außergewöhnlich. Allerdings - verhielten sich die Katzen am Anfang der Versuchsreihen nicht ebenso? Daniel erinnerte sich an die Versuche in allen Einzelheiten. Bis auf die Tiere, die sofort gestorben waren, waren in den ersten Tagen nach der Einnahme der Substanz auch keine großartigen Veränderungen zu bemerken gewesen. Vielleicht beeinträchtigte die Kombination mit dem Alkohol ja auch die Wirkung seines Mittels.

      Er tippte eine Notiz zum gestrigen Abend in seinen Laptop und einer plötzlichen Eingebung folgend, formulierte er als Überschrift darüber ‚Crystal Fire‘, wobei er an das Brennen in seinem Kopf dachte. Dann schloss er das Gerät mit einem Schwung und verließ gutgelaunt das Haus, um endlich einen vernünftigen Haarschnitt zu bekommen.

      Der Friseur schien genau zu wissen, was er wollte und zeigte Daniel einige angesagte Haarschnitte in einem Männermagazin. Mit seinen kurzen Haaren reduzierte sich die Auswahl zwar, doch schließlich entschied er sich für Undercut-Frisur, die sein tristes Aussehen radikal veränderte. Daniel nahm sich vor, die Haare etwas länger wachsen zu lassen und wöchentlich einen Friseur aufzusuchen. Warum er nicht schon längst darauf gekommen war, blieb ihm schleierhaft.

      Der Optiker präsentierte ihm eine Reihe von Kontaktlinsen, die es in allen möglichen Farben und sogar mit Mustern darauf gab. Er zeigte Daniel die Handhabung und worauf er als ‚Neuling‘ achten musste und Daniel entschied sich schließlich für ein Paar, dass seine blaue Augenfarbe unterstrich und hervorhob. Dann - aus einer Laune heraus - erstand er zwei weitere Paare, von denen eines pechschwarz war und das andere um eine klare Linse herum rote Äderchen zeigte. Die Kontaktlinsen, die er zuerst gesehen hatte, setzte er sich schließlich unter dem fachlichen Kommentar des Optikers ein.

      In einer nie dagewesen Hochstimmung kaufte Daniel sich schließlich in einer Herrenboutique mehrere modische Hosen, Hemden und Jacken. Dass der homosexuelle Inhaber ihm dabei Avancen machte und ihn schließlich versuchte, zu sich nach Hause einzuladen,