Im Schatten der Erinnerung. Rose Hardt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rose Hardt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752934823
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      Bei seinem Anblick kippte Paulines Kinnlade sogleich nach unten – ganz offensichtlich sah sie in ihm mal wieder den starken Ritter, der sie aus ihrem tristen Leben befreien würde.

      Luisa drückte mit dem Zeigefinger diskret Paulines Kinnlade wieder hoch.

      Der Kellner, der sich seines guten Aussehens bewusst war, hatte sofort auf die Blicke der Damen reagiert und machte den Weg unter seinen Füßen zum Catwalk. Tänzelnd, das Serviertablett auf seiner rechten Hand balancierend, steuerte er breit grinsend auf die drei Freundinnen zu. Das Schauspiel ging am Tisch dann weiter. Während er den Korken bewusst langsam aus der Flasche zog, sah er die Damen der Reihe nach an, mit einem anzüglichen Grinsen ließ er schließlich den Korken knallen, dieser schoss zur Decke, dann zurück und landete direkt in Paulines Schoß.

      Pauline wurde rot bis über beide Ohren, blitzschnell entfernte sie den Korken aus ihrem Intimbereich.

      „Hm … war das nun ein Zufalls- oder Schicksalstreffer?“, scherzte Carin und lachte sich einen Ast darüber.

      Der Kellner fühlte sich sogleich animiert und zwinkerte der molligen Pauline zu.

      „Oha“, meinte Carin augenzwinkernd.

      Paulines Gesicht war mittlerweile purpurrot und auf ihrer Stirn stand geschrieben: seht mich bitte nicht so an!

      Als der Kellner seine Arbeit verrichtet hatte, schlenderte er, wohlwissend, dass alle Augen auf seinen knackigen Hintern stierten, zum Tresen zurück.

      „Irgendwoher kenne ich den Kellner“, bemerkte Luisa und zog dabei die Stirn nachdenklich in Falten, „ich weiß nur nicht woher.“

      „So ein Angeber“, kommentierte Pauline naserümpfend seinen Abgang.

      „Na, von der Bettkante würde ich ihn jedenfalls nicht stoßen“, schmunzelte Carin, und als sie Paulines Augenrollen bemerkte, erhob sie ihr Glas, prostete ihr zu und sagte: „Brave Mädchen kommen in den Himmel und böse, ja, liebes Paulinchen, die kommen überall hin!“

      „Ich hoffe, du bist bald dort wo der Pfeffer wächst“, entgegnete Pauline und leerte ihr Glas in einem Zug.

      „Der wächst auf Madagaskar“, korrigierte Carin, „ich reise jedoch nach Namibia.“

       Carin hatte irgendwann auf ihren Reisen nicht nur die Liebe zu Afrika entdeckt, sondern auch die Liebe ihres Lebens dort kennengelernt.

      „Ah, sieh an, wann geht’s denn zu deinem Freund auf die Farm?“, fragte Luisa das Thema wechselnd – wobei sie Carin insgeheim um ihren Mut, ihre Weltoffenheit und überhaupt ihre Lebenseinstellung beneidete. Ja, bei ihr schien das Leben so leicht, so unkompliziert zu sein.

      „Jaaa“, jubelte Carin, „wenn alles nach Plan läuft, in sechs Monaten, und ich kann euch gar nicht sagen wie sehr ich mich darauf freue“, dann lehnte sie sich zurück, verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und seufzte: „nie mehr nervige Studenten, nie mehr Stress mit der Verwaltung und nie mehr am Morgen in der Rush Hour stehen.“

      „Dafür musst du dich dann aber mit Schlangen, riesigen Spinnen und wilden Tieren herumplagen“, muffte Pauline.

      Carin umarmte Pauline, drückte ihr einen dicken Kuss auf die Wange und sagte: „wenn wir, Billy und ich, unsere Lodge aufgebaut haben, seid ihr – du und Luisa – herzlich eingeladen, doch Vorsicht“, sagte sie mit tiefer Stimme und entsprechender Mimik: „denn du musst wissen, dass Löwen eine Vorliebe für mollige und schlechtgelaunte Weibsbilder haben.“

      „Ha, ha … sehr witzig“, gab Pauline zurück – worüber Carin erneut lachte.

      Luisa erhob ihr Glas und sagte: „Nun, dann wünschen wir dir“, wobei sie Pauline, mit einem sanften Fußtritt unterm Tisch, miteinbezog, „viel Erfolg beim Aufbau deiner neuen und abenteuerlichen Zukunft – und deine Einladung nehmen wir natürlich gerne an! Nicht wahr Pauline!“

      Doch Pauline spielte die beleidigte Leberwurst, sie streckte ihre Nase in die Luft und warf den Kopf zur Seite.

      Erneut hatte der Kellner seinen Auftritt, dieses Mal brachte er Knabbereien, „Nüsse sind gut für die Nerven“, bemerkte er, und schob das Schälchen, langsam und genüsslich schmunzelnd in Richtung Pauline – sie dankte es ihm mit einem hochrotem Kopf.

      Nichtsdestotrotz griff Pauline sofort zu und fing auch gleich zu knabbern an, Luisa und Carin langten ebenfalls zu.

      Nach einigen Schweigeminuten fragte Carin, „na, ist das Nervenkostüm wieder geglättet?“

      Pauline stoppte kurz ihren Kauvorgang, schenkte ihr ein aufgesetztes Lächeln und stopfte dann weiter Nüsse in sich hinein.

      Carin wandte sich nun Luisa zu, „und, wie geht’s dir so?“, fragte sie.

      Während Luisa ihren Frust still an den Erdnüssen ausließ und sie ausgiebig zwischen ihren Zähnen zermalmte, antwortete sie: „nun, eines Tages werde ich sie lynchen!“

      „Wen? Deine Chefin!“, hakte Carin neugierig nach.

      „Ja! Wen sonst? Ich weiß nicht was sie gegen mich hat – nichts, aber auch gar nichts kann ich ihr recht machen“, antwortete sie kopfschüttelnd, „dabei habe ich sie von Anfang an gemocht, ja, sie sogar bewundert für das was sie beruflich erreicht hat! Ha … und manchmal hätte ich gerne mit ihr getauscht.“

      „Dann wären wir aber nicht befreundet und würden hier nicht so gemütlich beisammensitzen“, kommentierte Carin und zwickte Pauline in den Arm.

      „Menno, jetzt lass das endlich!“, fluchte Pauline.

      „Wie alt ist sie eigentlich?“, hakte Carin nach.

      „Wer?“

      „Na, deine Chefin!“

      „Zwei Jahre jünger als ich. Tja, nicht zu glauben, sie steht auf der Sonnenseite des Lebens und merkt es nicht einmal. Was will sie eigentlich?“, echauffierte sich Luisa, sie hat promoviert, habilitiert und sieht auch noch recht passabel aus – mal abgesehen von ihrer Kleidung.“

      „Naja, du siehst halt besser aus, zu gut für ihr Vorzimmer offensichtlich“, bemerkte Carin.

      „Die Schönheit ist vergänglich, die ihr doch allein zu ehren scheint. Was übrig bleibt, das reizt nicht mehr, und was nicht reizt, ist tot“, warf Pauline kauend und mit einem unterschwelligen Zynismus versehen dazwischen. Als sie die fragenden Blicke ihrer Freundinnen bemerkte, sagte sie: „meint Goethe.“

      Carin schüttelte den Kopf über ihr Zitat und schob das Schälchen mit den Knabbereien noch etwas näher zu Pauline hin, „hier“, sagte sie, „gib der Schlechtgelaunten mehr Futter“, anschließend gab sie Luisa ein Zeichen weiterzuerzählen.

      „Nun, allem Anschein nach ist ihr die Position, als neue Lehrstuhlvertretung, zu Kopf gestiegen“, fuhr Luisa fort, „heute Morgen, zum Beispiel, bat sie mich zu einem Gespräch in ihr Büro, und wisst ihr was sie als erstes tat?“

      Beide sahen sie erwartungsvoll an.

      „… sie erhöhte ihren Bürostuhl, sodass sie auf mich herabblicken konnte.“

      „Naja, damit hat sie dir ihre Macht demonstriert“, gab Carin zum Besten.

      „Tsss, Psychologen, sage ich da nur“, entfuhr es Pauline zwischen ihrem Kauen, „es heißt, dass viele nur Psychologie studieren, um sich endlich einmal selbst zu verstehen.“

      „… oder um ihre Minderwertigkeitskomplexe in den Griff zu bekommen“, ergänzte Carin.

      „Ach, Frauen sind generell zickiger“, bemerkte Luisa, „sobald sie solche Positionen beziehen kommt ihr wahrer Charakter zum Vorschein.“

      „Ah, zum Glück habe ich einen männlichen Prof zum Vorgesetzten“, sagte Carin, „Männer sind im allgemeinen besser zu händeln – so jedenfalls meine Erfahrung.“

      „Nicht