Niemand schaut in mich rein. Steffen Kabela. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Steffen Kabela
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753156514
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Papas habe ich verarbeitet. Das Loch, in dem ich sitze, wird immer tiefer. Habe ich mich ein wenig nach oben gearbeitet, dann kommt der nächste Schicksalsschlag. Warum immer wir, warum immer bei uns, warum immer ich? Diese Fragen stelle ich mir schon lange, aber eine Antwort finde ich nicht. Selbst die Seelenklempner wissen nicht weiter. Im Gegenteil. Auch der Gefahr hin, ich wiederhole mich: Hier darf man nicht krank, pflegebedürftig, Pflegender sein. Das ist der gewollte Abstieg. Pflege macht einsam, krank und arm!

      Und genau das macht mich sehr traurig und wütend. „Bist Du Gottes Sohn, so hilf Dir selbst“ – sagte immer meine Omi und sie hat damit recht. Vertrauen, was ist das? Das funktioniert bei mir schon lange nicht mehr. Vertrauen kann ich nicht mehr, zu oft bin ich enttäuscht wurden. Vor allem aber von den „Weißkitteln“, denn diese Erlebnisse liegen schwer im Magen. Ein aktuelles Thema dabei sind die Seelenklempner. Facharzt, wie man sich nennt. Und genau diese Fachrichtung ist wenig bis sehr wenig vertreten, Termine sind begehrt und rar. Auch ein Versagen der Politik, wie so oft. Mein Seelenklempner ging in den wohlverdienten Ruhestand mit Nachfolger im Schlepp. Ich war froh darüber. Nach meinem zweiten Aufenthalt in der Tagesklinik bin ich entlassen wurden mit dem Hinweis vom Arzt, mündlich und schriftlich im Bericht, dass ich auf die Medikation achten sollte, diese muss angepasst werden. So teilte ich das auch dem Seelendoktor mit, die Antwort ließ nicht auf sich warten, „Den Teufel werde ich tun“. Mir verschlug es die Sprache, aber ich musste es so hinnehmen. Meine Unruhe und Angst wurden stärker und sie verschrieb mir ein Medikament auf Rezept mit dem wohlklingenden Namen Promethazin und den liebevollen Worten „Das Mittel verschreibe ich gerne, es wird gerne genommen von Schülern und Studenten vor Prüfungen, es macht schön gelassen und ruhig. Es sind sogenannte Hosentaschentabletten“. Das sind sie auch, sie machen die richtige Stimmung, auch genannt LmaA. Ich nehme diese Tabletten als Notfallmittel, wenn ich das Haus verlassen muss. Sie unterstützen mich dabei. In der Zwischenzeit wurde diese Ärztin ersetzt durch eine „Suchtexpertin“, die nun seelisch kranken Menschen helfen soll. Sie mag eventuell eine gute Suchtexpertin sein, aber menschlich unbeschreiblich. Eines Tages teilte sie mir mit, dass die Promethazin-Tabletten nicht lieferbar sind und verschrieb mir ein anderes Präparat, Chlorprothazin. So freundlich es auch klingt, half es aber nicht. Ich bekam Magenschmerzen und Brechreiz als harmloseste Nebenwirkungen und setzte es daraufhin sofort ab. Unabhängig davon sollte ich mich in weiteren Apotheken nach dem alten Medikament erkundigen. Das tat ich auch. Von drei Apotheken konnte keine diese Aussage bestätigen. Lediglich 48 Stunden war das Medikament nicht lieferbar.

      Das verordnete EKG zeigte Auffälligkeiten bei mir, vor allem eine sehr hohe QT - Verlängerung. Was das ist, wusste ich nicht. Meine Hausärztin übernimmt dafür keine Verantwortung und schob es der „werten Kollegin Fachärztin“ zu. Die drehte nun komplett frei und sprach von großen Problemen mit dem Herz. Meine Tabletten, welche ich schon aus der Tagesklinik bekam und die angepasst werden sollten, waren Schuld an der Misere und wurden sofort abgesetzt. Andere Tabletten suchte sie rauf und runter in einem kleinen Katalog, wo die Mittel auf einer Seite aufgeführt waren. Fündig wurde sie längere Zeit später. Sollte es ein Treffer werden? Wir veranstalteten ein Medikamenten Quiz! Heute weiß ich, dass auch dieser angebliche Treffer falsch war.

      Beim nächsten Termin teilte ich es ihr mit. Das war ein Fehler. Unverzüglich wurde ich gerügt. Das beste Verhältnis hatten wir beide nicht, da es schon Missverständigungen gab. Der Grund dafür, sie hat die unendliche Gabe nicht zuzuhören und den kranken Menschen nicht Ausreden zu lassen, aber auch das ständige Notieren in die Krankenakte. Sie verschrieb das Medikament, sie notierte es mit Hand in meiner Krankenakte und ich bekam das Medikament auch ohne Probleme in der Apotheke. Der erste Termin im Januar 2020 verlief in der gleichen Art und Weise. Sie fragte mich nach fehlenden Medikamenten und ich nannte ihr das Promethazin. Sie schaute in den Computer und unterstellte mir, dass ich sie anlügen würde. Sie hat mir noch nie das Medikament verschrieben. Von ihr bekäme ich das Chlorprothazin. Nun machte ich den Fehler und wiederholte die Sachlage, was mir die drei Apotheken berichteten. Auch das war wieder falsch. Ohne mich ausreden zu lassen fauchte sie mich an „Ich verschreibe Ihnen das nicht, das haben Sie nicht von mir. Vorsicht, legen Sie sich nicht mit mir an“. Der Ton macht die Musik, das war jetzt Heavy Metal … schwer verdaulich. Aber auch, so wie es in den Wald hineinruft, schallt es zurück – das ließ ich mir nicht gefallen. Ich konterte und sie blätterte in meiner Krankenakte nach. Kurze Zeit und wenige Seiten eher erkannte sie ihren eigenen Eintrag und brummte vor sich hin, dass der Eintrag im Computer fehlt. Das hatte ich aber nicht zu verantworten. Eine Entschuldigung mir gegenüber gab es nicht., nur ein Rezept flog mir über den Tisch entgegen. So eine Art mag ich nicht und teilte es ihr auch so mit. Nun kam auch noch Corona dazu und der Lockdown. Aber das interessierte meine Tabletten überhaupt nicht, sie gingen zur Neige. Da ich in unserer Wohnung verblieben bin und auch meine Adresse bereits überall geändert hatte, stand ich nun vor einem Problem bei genau diesem Seelenklempner. Orthopäde, Hautarzt, Hausarzt – überall gab es kein Problem, meine Adresse wurde im Computer geändert, dass Rezept ausgestellt und mir per Post zugeschickt, oder an der Praxistür persönlich übergeben. Das Einlesen der Krankenkassenkarte war in dieser Pandemie – Zeit nicht notwendig. Durch meine tiefe Trauer und das viele Weinen war ich Heiser. Ich rief in der Praxis meines Seelendoktors an und erkundigte mich nach einem Rezept. Die Sprechstundenhilfe war überfordert und konnte mir meine Frage, nach der der Handhabe nicht beantworten. Das Rezept bekomme ich an der Praxistür. Da ich hörbare Symptome aufweise, durfte ich das Ärztehaus aber nicht betreten. Sie bestand darauf, dass die Krankenkassenkarte einzulesen ist, erkundigte sich aber bei einer anderen Schwester. Nun sollte ich das Rezept ausnahmsweise per Post zugeschickt bekommen. Ich teilte ihr meine neue Anschrift mit, sie wurde ungehalten und schnauzte mich am Telefon förmlich an, dass dies nicht geht und legte einfach auf. Jetzt stand ich vor einem Problem. Ich rief das zuständige Gesundheitsamt in der „Faultierfarm“ an, um mich zu erkundigen. Die Dame verwies mich unfreundlich und überfordert an meine Krankenkasse. Das nennt man auch auf der „Faultierfarm“ Bürgernähe …, wenn ich mich nicht irre.

      Ein Anruf bei der Krankenkasse brachte Klarheit und Verwunderung über die Art und Weise der Praxis. Seitens der Kassenärztlichen Vereinigung sei jede Arztpraxis über das Vorgehen in einem solchen Fall via Fax informiert wurden. Da haben wir wieder das Problem mit dem Lesen – es ist ganz einfach, man verbindet die Buchstaben. Nur selbst das muss man Verstehen! Die Krankenkasse sendete ein Fax an den Seelenklempner und bat mich um Kontaktaufnahme am nächsten Tag. Das tat ich auch. Die Schwester am Telefon, sonst nicht gerade freundlich, war jetzt übertrieben freundliche, betätigte mir den Faxeingang und teilte mir mit „die Doktorin sitzt gerade drüber, wir melden uns“. Das taten sie dann auch am Mittag. Mir wurde wieder übertrieben freundlich von der Schwester mitgeteilt, dass sie mir das Rezept per Post zuschickt und die Doktorin mich nicht weiter behandeln wird. Jetzt war ich fassungslos und das Gespräch beendet. Der Grund wäre für mich noch interessant gewesen … mein Vertrauen zu diesem Seelendoktor hielt sich in Grenzen, es gab keine Alternative in der Nähe, ich konnte nicht den Arzt wechseln. Ich rief die Krankenkasse an und bat um Rat und Hilfe. Am nächsten Tag informierte ich wie abgesprochen mit der Krankenkasse den sozial psychiatrischen Dienst, ein Ableger der „Faultierfarm“. Die Dame war sehr nett und nahm sich dem Problem an. Kurze Zeit später rief sie mich zurück und teilte mir mit, dass sie sich in der Praxis persönlich erkundigt habe. Die Ärztin ließ nur über die Schwester ausrichten, dass sie die Behandlung verweigert, die Mitarbeiterin des Dienstes wurde auch stehengelassen. Zwei Tage später hatte ich einen Termin bei einem anderen Seelendoktor., nicht in Wohnortnähe. So lange es mir möglich ist ihn fahrtechnisch zu erreichen wird es gut sein. Der Eid des Hippokrates ist für Frau Doktor nicht von Bedeutung, auch keine Höflichkeitsformel, wenn man so mit Patienten umgeht. Leider bin ich kein Einzelfall, wie man weiß.

      Das Ergebnis aus dieser Geschichte: Ich leide nicht nur an den Folgen meines rheumatischen Fiebers, bin seelisch krank, jetzt auch noch zusätzlich aus Unachtsamkeit eines Weißkittels am Herz geschädigt., wobei diese Person auch wusste, dass ich genetisch vorbelastet bin, was den menschlichen Motor angeht. Ich mache das Beste daraus. „Weißkittel“ und Vertrauen, das passt bei mir überhaupt nicht mehr. Und es wird sich nie etwas ändern, denn eine Krähe hackt der anderen Krähe kein Auge aus.

      Die Leere macht mich nur noch fertig. Die Farben und das Licht um mich herum sind schon lange weg, ich kann mich nicht mehr richtig erinnern, wie es