Eva Sofie. Nelia Gapke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nelia Gapke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738019698
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      „Ja, das tun wir und zwar regelmäßig. Ich mag Silvie und würde sie gern als deine Frau sehen. Du bist schon achtundzwanzig und solltest dir mal langsam ernste Gedanken über deine Zukunft machen. Dein Vater hatte seinerzeit viel zu lange gewartet und war schon viel zu alt gewesen, als er endlich geheiratet hat. Und du konntest ja sehen, wozu ihn das geführt hat. Je älter man wird, desto schwerer wird es, sich auf einen anderen Menschen einzulassen. Man rostet sozusagen ein und wird weniger flexibel in Bezug auf eine Beziehung.“

      Andres seufzte innerlich. Hätte er gewusst, dass seine Mutter ihn wieder mit dem leidigen Thema belästigen würde, wäre er doch lieber gleich nach Hause gefahren.

      „Genug von mir, Mutter. Wie geht es dir denn?“, fragte er, um das Gespräch in eine andere Richtung zu bringen.

      Sie zuckte mit den Schultern.

      „Es geht mir eigentlich ganz gut, abgesehen davon, dass ich alleine in dieser Wohnung hause und mein Mann geschäftlich durch Europa herumreist. Wäre nicht meine Arbeit gewesen, hätte ich mit ihm mitkommen können, aber kündigen wollte ich auf keinen Fall. In meinem Alter würde ich so eine gute Stelle nicht wieder bekommen können.“

      Andres nippte an seinem Kaffee und hörte seiner Mutter noch eine Weile zu, bevor er sich wieder verabschiedete. Der Pflichtbesuch war getan und nun konnte er wieder einige Monate verstreichen lassen.

      Kapitel 4

      „Ich verstehe dich einfach nicht, Andres!“, regte sich Silvie auf. „Wieso willst du morgen wieder ins Krankenhaus? Du hast doch schon den letzten Sonntag dafür vergeudet. Ich habe mich auf unser gemeinsames Wochenende gefreut! Wieso bist du nicht einfach während der Woche hingefahren?“

      „Während der Woche hatte ich keine Zeit, das weißt du“, entgegnete Andres und erhob sich von der Couch. „Ich fahre morgen hin, weil ich wissen möchte, wie es dem Mädchen geht. Am Telefon wollten sie mir keine Auskunft geben. Und außerdem kannst du morgen mitkommen, wenn du den Sonntag mit mir verbringen willst. Wir könnten, nachdem wir das Mädchen im Krankenhaus besucht haben, durch Tallinn spazieren und dort irgendwo essen gehen.“

      Silvie erhob sich ebenfalls von der Couch, trat an ihn heran und legte die Arme um seinen Nacken.

      „Möchtest du denn eigentlich noch, dass ich zu dir ziehe?“, fragte sie und blickte ihm prüfend ins Gesicht. „Du hast in letzter Zeit nicht mehr davon gesprochen.“

      Er legte die Hände um ihre Taille und erwiderte ihren Blick.

      „Ich habe keinen Spaß gemacht, als ich es dir angeboten habe. Allerdings werde ich Neli behalten, sie ist mir zu sehr ans Herz gewachsen.“

      Silvie zog einen Schmollmund.

      „Du weißt, dass sie mich nicht mag und die Antipathie beruht bei uns beiden auf Gegenseitigkeit.“ Sie streichelte mit den Fingerspitzen zärtlich seinen Nacken. „Wahrscheinlich wollen wir dich einfach nicht mit der jeweils anderen teilen.“

      „Neli ist keine Frau, also brauchst du mich mit ihr auch nicht zu teilen. Du solltest dich mit ihr endlich anfreunden. Sie ist ein kluger Hund und spürt, dass du sie nicht magst.“

      Sie zuckte mit den Schultern.

      „Vielleicht versuche ich es ja. Ich konnte einfach noch nie Tiere gut leiden und die Tiere mich ebenfalls nicht.“

      Sie konnte überhaupt nicht verstehen, wieso er an dieser Hündin so festhielt, wo doch sie, seine Freundin, ihm viel wichtiger sein müsste. Genau das war wohl der Grund, warum sie noch nicht endgültig bei ihm eingezogen war. Und zwar nicht der Hund selbst, sondern die Tatsache, dass dieser Hund scheinbar einen höheren Stellenwert für Andres hatte, als sie selbst.

      *

      Nach der Auskunft der Dame an der Information des Klinikums, wurde die junge Frau bereits auf eine normale Station verlegt und durfte besucht werden.

      „Geh du nur ruhig hin“, meinte Silvie zu ihm. „Ich warte im Café, vor dem Krankenhaus, auf dich.“

      „Gut, wie du möchtest. Ich bleibe nicht lange weg.“

      Auf der Station für Traumatologie erkundigte Andres sich im Schwesternzimmer nach dem Mädchen. Eine junge Krankenschwester sah ihn etwas überrascht an.

      „Kennen Sie die junge Frau etwa?“

      „Nun, nicht direkt. Ich hatte sie vor einer Woche verletzt im Wald gefunden und wollte sie jetzt gern besuchen.“

      „Ach, Sie sind also ihr Lebensretter?“

      „Könnte man sagen, ja.“

      Die Krankenschwester nickte ihm freundlich zu.

      „Kommen Sie bitte mit, ich begleite Sie zu ihrem Zimmer.“

      Er folgte ihr über den Flur. An einem der Zimmer blieb die Schwester stehen, klopfte leise an und öffnete dann die Tür.

      „Schläfst du nicht? Ich habe nämlich einen Besucher für dich.“ Sie trat zur Seite, damit Andres eintreten konnte. „Sprechen sie aber nicht so laut. Unsere junge Patientin ist noch empfindlich, was laute Geräusche angeht“, sagte sie leise zu ihm und machte die Tür hinter ihm wieder zu.

      Im Zimmer herrschte ein Halbdunkel, denn das Fenster war zur Hälfte mit den Vorhängen zugezogen. Das Mädchen saß halb liegend im Bett und sah, trotz des schwachen Lichts, sehr blass aus.

      „Hallo! Ich bin Andres“, sagte er gedämpft und trat näher an das Bett heran.

      Sie musterte ihn durch halbgeschlossene Lider. Wer war dieser Andres? Sollte sie ihn kennen? Wusste er vielleicht, wer sie war? Gehörte er zu ihr? Er sah gut aus, war groß und breitschultrig. Er trug einen Dreitagebart und seine dunkelbraunen kurzen Haare waren verwuschelt gestylt. Seine ausdrucksvollen, dunklen Augen sahen sie freundlich an.

      „Kennen wir uns?“, fragte sie vorsichtig.

      „Nicht direkt“, entgegnete er. „Ich habe dich verletzt und bewusstlos im Wald gefunden. Ich darf dich doch duzen?“

      Sie zeigte ein schwaches Lächeln und zwei süße Grübchen zeigten sich auf ihren Wangen.

      „Mich duzen hier alle, also kannst du das auch tun“, erwiderte sie. „Du bist also derjenige, der mich gerettet hat?“

      Er zog den danebenstehenden Stuhl an das Bett heran und setzte sich hin.

      „Nun, gerettet haben dich eigentlich die Ärzte. Ich habe dich nur gefunden, sogar genauer gesagt, meine Hündin. Dann habe ich nur noch den Krankenwagen gerufen.“

      „Dann danke ich dir, dass du den Krankenwagen gerufen hast. Deiner Hündin kann ich leider nicht danken.“

      Sie hatte eine angenehme melodische Stimme und ein hübsches Lächeln.

      „Gern geschehen. Neli kannst du später danken, wenn es dir besser geht“, erwiderte er.

      „Wer ist Neli?“

      „Meine Hündin.“

      Sie lächelte wieder schwach.

      „Ach so, sie heißt also Neli …“, sie schwieg und ihr Gesicht bekam einen gequälten Ausdruck, „ich … ich kenne meinen Namen nicht.“

      Er sah sie verdutzt an.

      „Was soll das heißen, du kennst deinen Namen nicht?“

      Sie zog leicht die Schultern hoch und sah ihm ernst in die Augen.

      „Ich weiß eigentlich gar nichts. Nicht wer ich bin, nicht wo ich wohne und nicht ob ich irgendwelche Angehörigen habe. Ich weiß auch nicht, warum ich alleine und verletzt im Wald lag. Die Polizei war hier und hat mich nach dem Unfallhergang befragen wollen“, ein bitterer Zug legte sich um ihren Mund, „ich konnte denen jedoch absolut nichts sagen.“

      Andres musterte ihr trauriges Gesicht.

      „Weißt