Menschen und dem Sinnenhaften zugeneigt ist, kann sich nur schwer von den
irdischen Wünschen völlig loslösen. Er wird oft traurig, wenn er sich ihnen entzieht,
und wird leicht zornig, wenn ihm einer in den Weg tritt.
2. Hat er aber erreicht, was er begehrt, drückt ihn sogleich der Vorwurf des
Gewissens, weil er seiner Leidenschaft folgte, die ihm nicht zu dem gesuchten
Frieden verhilft. Wahren Herzensfrieden findet man nur im Kampf gegen die
Leidenschaften, nicht aber darin, daß man ihnen nachgibt. In einem irdisch gesinnten Herzen, das sich an äußere Dinge verliert, ist kein Frieden, wohl aber in einem Menschen von Geist und Glut.
Keine trügerische Hoffnung und Überheblichkeit hegen!
1. Baue dein Lebensglück nicht auf trügerischen Grund.
2. Was die Welt schätzt, bietet kein haltbares Fundament.
1. Ein Tor, wer seine Hoffnung auf Menschen oder Geschöpfe setzt. Schäme dich
nicht, aus Liebe zu Jesus Christus anderen zu dienen und als arm zu gelten in dieser
Welt. Verlass dich nicht auf dich selbst, setze vielmehr dein Vertrauen auf Gott. Tu,
was du tun kannst, und Gott wird deinem guten Willen beistehen. Vertraue nicht auf
dein Wissen oder auf die Schlauheit irgendeines lebenden Menschen. Baue vielmehr
auf die Gnade Gottes, der den Demütigen hilft und die Überheblichen demütigt.
2. Rühme dich nicht deiner Reichtümer (Jer 9, 23). Prahle auch nicht mit
einflussreichen Freunden. Dein Ruhm sei Gott, der alles schenkt und außer allen
Gaben sich selbst dir zu geben verlangt. Brüste dich nicht mit der Kraft und
Schönheit des Leibes; eine geringe Krankheit genügt, und er ist zerstört und entstellt.
Gefalle dir nicht in deiner Geschicklichkeit und Begabung, sonst missfällst du Gott,
dem alles gehört, was du von Natur Gutes hast. Halte dich nicht für besser als andere,
damit du nicht vor Gott geringer erfunden werdest. Er weiß, was im Menschen ist
(loh 2, 25). Sei nicht eingebildet auf gute Werke. Gott richtet anders als die
Menschen. Ihm missfällt oft, was den Menschen wohlgefällt. Hast du etwas Gutes an
dir, so glaube nur, dass andere Besseres aufweisen können. So bewahrst du die
Demut. Es schadet dir nicht, wenn du dich für geringer hältst als alle andern, höchst
schädlich aber ist es, wenn du dich auch nur einem vorziehst. Nie versiegender Friede
begleitet den Demütigen, im Herzen des Stolzen aber wohnen oft Zorn und
Erbitterung.
Vertrauensseligkeit sollte man vermeiden
1. Nicht so vertrauensselig.
2. Täusche dich nicht.
1. Öffne nicht jedem Menschen dein Herz (Sir 8,19), doch mit einem weisen,
gottesfürchtigen Menschen besprich deine Sache. Mit jungen Leuten und mit
Fremden lass dich weniger ein. Schmeichle nicht den Reichen, und erscheine nur
selten vor Großen. Suche deine Gesellschaft und Unterhaltung bei den bescheidenen,
einfachen und ausgeglichenen Menschen, und sprich mit ihnen über das, was zum
Guten anregt. Sei nicht allzu vertraulich mit dem anderen Geschlecht, alle guten
Frauen aber empfiehl insgesamt dem Herrn. Wirklich vertraut sei nur mit Gott und
mit seinen Engeln, dem Bekanntsein unter Menschen aber gehe aus dem Wege.
2. Liebe soll man zu allen haben, Vertraulichkeit aber ist nicht zuträglich. Zuweilen
kommt es vor, dass ein Unbekannter einen sehr guten Ruf besitzt; siehst du ihn aber
aus der Nähe, verliert er seinen Glanz in deinen Augen. Manchmal dünkt uns, andere
fänden Gefallen an unserer Gesellschaft, doch sind wir schon auf dem Wege, ihnen
zu missfallen, weil sie unsere Schwäche entdecken.
Gehorsam und Unterordnung
1. Achte die Vorgesetzten.
2. Nimm Rat an.
1. Es ist etwas Bedeutendes, im Gehorsam zu stehen, unter einem Oberen zu leben
und nicht sein eigner Herr zu sein. Ungleich sicherer ist es, Untergebener zu sein als
Vorgesetzter. Viele sind untertan, mehr aus Zwang als aus Liebe. Sie haben ihre Last
damit und murren schnell. Sie bringen es nur dann zur Freiheit des Geistes, wenn sie
sich um Gottes willen und aus ganzem Herzen unterwerfen. Laufe dahin oder dorthin, du findest keine Ruhe, wenn du dich nicht demütig der Leitung des Oberen
unterwirfst. Die Einbildung, mit dem Wechsel des Ortes würde es besser, hat schon
viele getäuscht. Wahr ist, dass jeder gern nach seinem eigenen Kopf lebt und lieber
denen folgt, die mit ihm einer Meinung sind. Aber wenn Gott unter uns wohnt, gehört
es sich doch wohl, dass wir bisweilen um des lieben Friedens willen von unserer
eigenen Meinung lassen.
2. Wer ist so weise, dass er alles vollkommen wissen könnte? Darum baue nicht zu
sehr auf deine Einsicht, sondern höre auch gern auf die Meinung anderer. Ist deine
Meinung gut, und du stehst um Gottes willen davon ab und folgst einem anderen, so
wirst du ungleich größeren Nutzen davon haben. Denn oft habe ich gehört, es sei weit
sicherer, auf einen Rat zu hören und ihn anzunehmen, als Rat zu erteilen. Es kann
auch der Fall vorkommen, dass die Meinung eines jeden Hand und Fuß hat. Aber gar
nicht nachgeben wollen, wenn Vernunft und Sache dies erfordern, ist das Zeichen
starrsinnigen Hochmut!
Sei nicht redselig
1. Das viele Reden schadet dir.
2. Es bringt dir keinen Trost.
1. Fliehe den Lärm der Menschen, sooft du kannst. Das Reden über Tagesereignisse
hemmt dich sehr, auch wenn es in guter Absicht geschieht. Denn schnell werden wir
von den Eitelkeiten der Welt angesteckt und in ihren Bann gezogen. Ich wollte, ich
hätte mehr geschwiegen und wäre nicht unter Menschen gegangen.
2. Weshalb reden und schwätzen wir so gern miteinander, da wir doch selten ohne
Verletzung des Gewissens zum Schweigen zurückkehren? Nur deshalb reden wir so
gern, weil wir in der Unterhaltung gegenseitig Trost suchen und dem vom vielen
Denken ermüdeten Herzen gern Erleichterung verschaffen. Und sehr gern
überdenken