Wo ist denn eigentlich dieses Glück?. Katja Pelzer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katja Pelzer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748599517
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die letzte Folge meiner türkischen Lieblingsserie geschaut.

      Ich hatte mich sehr darauf gefreut. Oder besser: Ich habe mich sehr auf das offensichtlich bevorstehende Happyend gefreut – zwischen Kamran und Feride. Habe dem regelrecht entgegengefiebert, wie man einem schönen Ereignis eben entgegenfiebert. Denn es zeichnete sich eines ab. Schließlich wollten sie Hochzeit feiern, die beiden. Das ist ja zumindest fürs Erste mal als Happyend zu werten.

      Ich habe mich also gemütlich in meinem Bett zurechtgelegt – mit meiner Fernseh-Kissenrolle im Nacken, einer Tasse Tee auf dem Schoß, ein paar Stückchen Schokolade neben mir und meiner Vorfreude.

      Doch jetzt bin ich außer mir. Die letzte Folge ist ganz offensichtlich nicht das Ende der Geschichte. Was aber am schlimmsten ist und womit ich überhaupt nicht klar komme – Feride und Kamran haben sich nicht bekommen! Sie haben sich nicht einmal ja gesagt. Feride ist abgehauen. Wie gesagt, bin ich außer mir. Ich weiß gar nicht wohin mit mir. Das ist vollkommen inakzeptabel, dass ein Film vor dem eigentlichen Ende der Geschichte endet.

      Resat Nuri Güntekin hat das Buch schon vor über hundert Jahren geschrieben. Und zwar in drei Teilen. Das ist natürlich sein gutes Recht. Aber nur der erste Teil ist jetzt verfilmt worden. Und so soll es scheinbar auch bleiben. Und so ganz neu ist die Verfilmung ja auch nicht mehr. Aber das geht doch nicht! Ganz ehrlich. Was haben sich denn die Produzenten, Regisseure und Schauspieler dabei gedacht, ihr Publikum so im Regen stehen zu lassen? Ohne Hoffnung auf Sonnenschein?

      Was mache ich bloß? Ich muss doch wissen, wie es weitergeht.

      Haben die beiden geheiratet wie im richtigen Leben? Oder konnte Feride Kamran dieses Mal nicht verzeihen und sie haben sich für immer getrennt? Aber ich kann ja kein Türkisch und das Buch gibt es nur irgendwo im Internet für viel Geld und auf Türkisch.

      Wer kann mir denn bloß meine Fragen beantworten? Wo erfahre ich jetzt das Ende der Geschichte? Ich bin außer mir. Aber das sagte ich ja bereits.

      Ich frage am nächsten Tag meine Kollegin Yesim.

      Sie kann gut Türkisch und sie hat auch als Kind noch in der Türkei gelebt, bevor ihre Eltern wegen des Militärputsches 1980 nach Deutschland geflohen sind, da war sie aber erst zehn. Und leider kennt sie die Geschichte von Çalıkuşu überhaupt nicht. Kamran und Feride sind ihr noch nie begegnet.

      Ich gerate beinahe in Panik, so sehr will ich das Ende wissen und so sehr setzt mir die Ungewissheit zu. Oje, was mache ich nur?

      Doch bevor ich auf diese zugegeben sehr private Frage eine Antwort finde, werde ich von Herrn Arnold gerufen. Ich eile zu ihm hin, denn man weiß ja nie. Es kann auch etwas Ernstes sein, wenn die alten Leutchen mich anpiepen.

      Es ist auch irgendwie etwas Ernstes. Zumindest ist es das für Herrn Arnold. Und das ist ja das Entscheidende dabei, darum geht es doch.

      Herr Arnold schaut auf den Boden, während er mir sein Drama schildert. Er kann mir nicht in die Augen schauen, so sehr schämt er sich.

      Sein Gebiss ist auseinandergebrochen oder besser gesagt, die untere Hälfte davon, fast genau in der Mitte. Wie er das geschafft hat, verrät er mir nicht. Er hätte es mir ohnehin am liebsten natürlich gar nicht erzählt. Wollte den Schaden unbemerkt beheben. Er wollte das Gebiss kleben – mit Uhu-Alleskleber. Hat es sich dann aber glücklicherweise doch noch einmal anders überlegt.

      „Wissen Sie Schwester Alice, meine Hände sind nicht mehr die ruhigsten. Das wäre sicher schiefgegangen. Und das Gebiss wäre auch schief geworden.“

      Da haben wir noch mal Glück gehabt, dass er zu diesem Ergebnis gekommen ist. Vor allen Dingen er selbst hat Glück gehabt. Sonst hätte das Gebiss nämlich vermutlich noch mal neu angefertigt werden müssen.

      Er spricht ohne Zähne sehr undeutlich und erzählt mir noch etwas in der Art von, dass er Frau Eberhard doch so nicht unter die Augen treten kann – ganz ohne Zähne.

       Hört das denn nie auf, dass man einen guten Eindruck machen möchte? Wird denn niemand mehr gelassener mit dem Alter? Ist es denn nicht irgendwann egal wie jemand aussieht, wenn dieser Jemand doch ein Herz aus Gold hat?

      Mir tut das so aufrichtig leid, dass sich Herr Arnold so grämt. Dabei ist das mit dem Gebiss ja eher eine kosmetische Angelegenheit. Ich schlage Herrn Arnold vor, dass ich sein Gebiss zum Zahnarzt bringe. Er schaut mich aus feuchten blauen Augen so dankbar an, dass es mir einen Stich versetzt.

      „Haben Sie denn irgendetwas, womit ich ihr Gebiss transportieren kann?“, frage ich ihn.

      Kurz denkt er nach. Dann verschwindet er mit dem Gebiss in seiner kleinen Küchennische und kommt mit einem Plastikschälchen zurück.

      „Da war Spaghetti-Eis drin“, nuschelt Herr Arnold. Er legt sein Gebiss hinein und schaut mich triumphierend und mit einem breiten, zahnlosen Grinsen an.

      Unwillkürlich muss ich lachen, obwohl das Ganze kein so lustiger Anblick ist. Aber als Krankenschwester sehe ich Vieles, das kein so lustiger Anblick ist. Darum geht es schließlich auch nicht. Ich nehme also das Spaghetti-Eis-Schälchen entgegen und verspreche Herrn Arnold, dass er bald wieder ein vollständiges Gebiss haben wird.

      Für einen Moment bin ich einfach dankbar, dass ich noch alle Zähne habe. Und vielleicht auch noch ein paar Jahre Restjugend vor mir. Wenn auch keinen Mann.

      Dafür habe ich seit drei Monaten einen Olivenbaum. Er ist nicht besonders groß, er misst lediglich einen Meter, aber er ist mein ganzes Glück. Er gedeiht prächtig, obwohl er in meinem Wohnzimmer steht – wenn auch direkt am Fenster. Täglich treibt er neue grüne Blättchen in die Welt hinaus. Aus welchem Anlass und mit welcher Motivation, lässt sich nur schwer erkennen. Sie sind von einer unfassbaren Zartheit. Weich, hoffnungsvoll, feingeädert. Sie entwickeln sich zu langgestrecktem, grünem Laub. So frisch und jung. Beglückt streiche ich mit meinen Fingern über die Oberfläche dieser kleinen Wunder. Jeden Tag. Und ich lobe ihn mit verzückter Stimme. „Toll mein Kleiner! Du bist ja schon wieder gewachsen!“

      Manchmal beuge ich mich auch über seine niedrige Krone und umarme ihn vorsichtig. Ganz vorsichtig. Dabei meine ich, zu spüren, dass das Bäumchen erbebt. Mein Herz schlägt dann schneller. Eine Woge der Zärtlichkeit schwappt durch mich hindurch. Ich bilde mir ein, er könnte es spüren. Wunderbar ist er, mein kleiner Olivenbaum. Er ist das einzige, das gerade gedeiht in meinem Leben, das sich weiterentwickelt und wächst.

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