Nela Vanadis. Nina Lührs. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nina Lührs
Издательство: Bookwire
Серия: Nela Vanadis
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738043808
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Zeit, damit er Nela nicht ihrem Wächter beraubte.

      Gefasst brach Jarick das Siegel, entrollte das Stück Pergament und starrte auf die kurze Mitteilung. Seine Befürchtung bewahrheitete sich. Unverzüglich verlangte der Allvater seine Anwesenheit. Die typische Nachricht seines Großvaters, ihm mitzuteilen, dass seine Auszeit sich dem Ende neigte.

      „Oswin“, rief er seinen Ambahta, als er das Pergament wieder aufrollte. „Ich möchte, dass du hier bleibst und dich um meinen zukünftigen Schüler Tristan Paladin und die Herrin dieser Villa Lunela Vanadis kümmerst.“ Mit einem kurzen Kopfnicken bestätigte Oswin seine erhaltene Aufgabe, abermals zog er sich zurück.

      Tief atmete Jarick durch, während er schnell das weitere Vorgehen durchdachte. Er musste sich beeilen, sonst würde Odin ihm für seine Unpünktlichkeit zürnen. Niemals war es ratsam, den Zorn eines Gottes auf sich zu lenken, auch nicht wenn man selbst zu ihnen gehörte.

      Zügig holte er die Weite Stimme aus seiner Hosentasche. Er sprach sofort, als der Angerufene das Gespräch annahm. „Ivo, komm mit treuen Mitgliedern deiner Sebjo. Du musst während meiner sofortigen Abwesenheit Till dabei unterstützen, meinen zukünftigen Schüler Tristan Paladin zu beschützen.“

      „Ich bin unterwegs“, beendete Ivo das Telefonat.

      Noch während Jarick die Weite Stimme verstaute, eilte er zu Nela, die er im Arbeitszimmer ihres Vaters vor einem Buch sitzend fand. Als sie ihn bemerkte, schaute sie auf. „Hier steht, dass die Mitglieder einer Sebjo ein Mal, also eine Arwa, von ihrem lysanischen Oberhaupt erhalten. Dieses Mal zeigt nicht nur eindeutig die Zugehörigkeit, sondern auch welche Position das Mitglied innerhalb der Sebjo bekleidet. Wo trägt Oswin seine Arwa?“

      „Am Handgelenk“, gab Jarick ihr eine Antwort.

      „Meine Arwa wird immer gut versteckt sein“, erwiderte Nela gedankenvoll.

      „Nela, ich muss sofort nach Asgard. Odin verlangt meine Anwesenheit.“

      „Ist etwas passiert?“, fragte sie alarmiert.

      „Ich weiß es nicht“, erwiderte er ehrlich. „In der Nachricht stand nur, dass ich unverzüglich erscheinen muss.“

      „Es dauert nicht lange, dann habe ich meine Sachen gepackt.“ Mit den Worten sprang sie von ihrem Stuhl auf. Natürlich ging sie davon aus, dass er beabsichtigte, sie und auch Tristan nach Asgard mitzunehmen. Unter anderen Umständen hätte es keine andere Alternative gegeben, aber zu Odin ging er besser alleine.

      „Nela, du und Tristan bleibt hier. Ivo wird mit treuen Gefolgsleuten kommen, um mit Till für Tristans Schutz zu sorgen. Oswin wird sich um dich kümmern“, sagte Jarick nachdrücklich.

      „Einverstanden, wenn du es für ratsam hältst.“ Nela kam auf ihn zu. In ihrem Gesicht erkannte der Lysane den inneren Kampf, den sie mit ihren Gefühlen ausfocht, ihn nicht anzuflehen, ihn doch zu begleiten. Er wusste, dass ihre Vernunft siegte.

      „So schnell wie möglich komme ich zurück, dann sehen wir weiter.“ Innig küssten sich die beiden zum Abschied.

      „Lass Odin nicht warten“, riet Nela ihm schweren Herzens. „Je schneller du herausfindest, was er von dir möchte, desto eher bist du wieder bei mir.“

      „Ich beeile mich“, versprach Jarick, als er sie in dem Arbeitszimmer allein zurückließ.

      Übereilt verabschiedete er sich mit einigen raschen Anweisungen von Till. Tristan, der sich ebenfalls im Überwachungsraum befand, versprach seinem zukünftigen Meister: „Ich werde mich in der Kammer verborgen halten.“

      Nachdem Jarick sein Schwert Billarehtu in seinem Futteral sowie ein paar Habseligkeiten geholt hatte, trat er durch die Haustür nach draußen. Kurz blickte er sich um, dann rief er mit einem Pfiff Winifred. Als der Vogel auf seiner Schulter landete, sagte er sanft mit einem wehmütigen Klang: „Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.“

      „U-Wee“, beschwerte der Kauz sich, denn es gefiel seiner weisen Beraterin in Midgard.

      „Ich möchte auch nicht gehen.“ Ohne sich umzudrehen, eilte Jarick den Weg entlang. Im Schutz einer schattigen Ecke drückte er Winifred vorsichtig an seine Brust, schaute noch einmal zur Villa zurück, bevor er seine Geschwindigkeit beschleunigte. Wie ein Windhauch nahmen Passanten ihn wahr, als er an ihnen vorbeirannte. Ihm fehlte die Zeit, um gemächlich zum nächsten Schicksalstor zu gelangen.

      Erst als er am Eingangstor des Hauptordenshauses, dem einstigen Vanadis-Anwesen, ankam, verlangsamte er seine Schritte. Möglichst ungesehen, im Schatten der Büsche überquerte er das Gelände zum Nebeneingang des Hauptordenshauses der Elhazen, der zum Schicksalstor führte.

      Das einfache Symbol des Schicksalstors, ein Rundbogen, verriet ihm, dass er den richtigen Eingang gefunden hatte. Als er durch die Tür trat, gelangte er auf eine kleine Diele, an deren Steinwände künstliche Fackeln den Raum erhellten. In einer Ecke gab es einen kleinen, gemütlichen Wartebereich mit Sesseln, Lektüren und Erfrischungen.

      „Guten Abend, wie kann ich Ihnen helfen?“, begrüßte ihn gähnend eine junge Walküre an ihrem Schreibpult.

      „Unverzüglich möchte ich nach Asgard“, nannte Jarick sein Anliegen, während er zu ihr herantrat.

      „Stammen Sie aus Asgard?“

      „Ja.“

      „Was halten Sie in Ihren Arm?“, fragte sie mit einem abgeneigten Gesichtsausdruck. Sofort erkannte Jarick, dass diese Frage nicht zu der eigentlichen Befragung gehörte.

      „Einen Kauz.“

      Mit rollenden Augen machte sie sich eine Notiz. „Nennen Sie mir bitte Ihren Namen“, führte die Walküre ihre Befragung gleichgültig weiter.

      „Jarick Richter.“

      „Sie dürfen gehen. Besuchen Sie Midgard bald wieder“, ordnete die Walküre gelangweilt an.

      „Möge das Schicksal Ihnen wohlgesonnen sein.“ Jaricks Verabschiedung zauberte ein Erstaunen auf das hübsche Gesicht der jungen Eingeweihten. Ihre Augen öffneten sich weit.

      „Euch ebenso“, erwiderte sie diesmal freundlich.

      Jarick betrat den Schicksalsraum, in dem ihn ein Walkür erwartete, um ihm das Tor zu öffnen, das nach Asgard führte. Ein Widerwille nach Asgard zu gehen, durchfuhr Jarick. Doch er hatte keine Wahl. Odins Zorn durfte er nicht unterschätzen. Sein Vater hatte es getan, daraufhin verbannte Odin ihn nach Hel. Auf keinen Fall wollte er seinem Vater auf unbestimmte Zeit Gesellschaft leisten.

      „Stammen Sie aus Asgard?“, wiederholte der Wächter des Tors die Frage der Empfangsdame. Wieder bestätigte Jarick die Frage geduldig.

      „Sind Sie durch dieses Schicksalstor nach Midgard gekommen?“

      „Nein.“

      „Sie werden in Asenheim im Palast Folkwang ankommen“, teilte der Walkür ihm mit. „Angenehme Reise!“ Routiniert öffnete er die Tür des Schicksalstors. Mit gemischten Gefühlen trat Jarick hindurch. Eine Reise, die erneut sein Leben in eine andere Bahn lenkte.

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