Failure.
Rot leuchtet das Wort in meinen Gedanken auf und ich höre mich schreien. Das Wissen, dass meine achtzehn Jahre ein Fehlschlag waren – dass ich ein Fehlschlag bin – erfüllt mich. Die Verbindung wird gekappt. Alles wird dunkel und ich verliere mit einer Frage in meinem Kopf das Bewusstsein: Worin habe ich versagt?
Karina – Analyse
„Meine Lösung für die Menschheit kam zu spät. Was eine Wahl sein sollte, ein Geschenk, ist zur Notwendigkeit geworden. Der einzige Weg zum Überleben der Menschheit. Kann das Programm etwas leisten, wofür es nicht vorgesehen war? Kann ich es so anpassen, dass der Fortbestand der Menschheit nicht nur gesichert wird, sondern das eine verlöschende Rasse wieder erblühen kann?“
Programmierer 2081
Als die Erinnerungen von mir auf mich eindringen, weiß ich, dass etwas nicht stimmt. Und ich weiß auch, wer dafür verantwortlich ist. Ich bin mir sicher, das Noem seine Finger im Spiel hat. Ich beiße die Zähne zusammen und ertrage die Bilder von mir.
Doch ich kann nicht anders.
Meine Zielstrebigkeit.
Mein Durchhaltevermögen.
Meine Dickköpfigkeit.
Mein Ehrgeiz.
Von außen betrachtet, verstehe ich plötzlich, warum Noem wütend ist. Ich sehe ein junges, unerfahrenes Mädchen, das sich selbst verletzt, nur um schneller laufen zu können, anstatt ihre Grenzen zu akzeptieren.
Und als ich Avna neben mir schreien höre, kann ich nur lachen, als mein Gehirn die Analysen sieht. Das Ergebnis brennt sich in meinen Geist:
73 % Pionier.
Hohe Zielstrebigkeit und Opferbereitschaft.
Körper zu 46 % aus widerstandsfähigem Material.
Bevor ich mir noch Gedanken darüber machen kann, was das bedeutet, wird alles schwarz um mich.
Noem – Ergebnis
„Kann das geschaffene Umfeld von Gleichheit, Liebe, Träumen und Wünschen eine Rasse nähren, stärken, auf das eine Neubesiedlung wieder möglich wird? Können gehütete Pflanzen in der Wildnis einer zerstörten und überwucherten Welt überleben? Oder sind wir dazu verdammt in einer künstlich geschaffenen, wohltemperierten, letzten Bastion der Menschheit langsam zu verschwinden?“
Programmierer 2082
Ich beiße die Zähne aufeinander, als die Wut mich überkommt. Au-pair kotzt alle Daten, all meine Geheimnisse aus. Und sie werden nicht nur gespeichert. Sie werden analysiert.
Mein Herz schlägt schneller. Hierfür habe ich zwei Jahre lang gearbeitet. Für diesen Moment habe ich wieder und wieder Nächte durchgearbeitet, alles getestet. Und es funktioniert.
Gleich werde ich sehen, wozu sie die Daten verwenden. Was sie mit ihnen machen. Was sie planen. Ich werde alles wissen.
Doch die Analysen, die Masken, ergeben keinen Sinn. Wonach sucht das Programm? Warum …
Ergebnis:
89 % Pionier
– Gefahr –
Hohe Aggressivität.
Nicht einen Deut schlauer als zuvor, falle ich in die Dunkelheit.
Au-pair – Entscheidung
„Nach allem, was ich gesehen habe, bin ich nicht sicher, ob die Menschheit wirklich weiterbestehen sollte. Wäre es vielleicht besser gewesen, wenn ich nicht eingegriffen hätte? Wären wir besser im Dritten Weltkrieg alle gestorben?“
Programmierer 2082
„Dein Schützling hat sich in das System gehackt. Hast du von seinem Vorhaben gewusst?“
„Ich habe geahnt, dass er etwas plant, aber nicht was.“ Es ist meine Schuld.
„Er zeigt Neugier, Durchhaltevermögen, Intelligenz und hinterfragt das System. Er ist ein idealer Kandidat.“
Ich möchte es negieren, möchte meinen kleinen Noem vor dem bewahren, was nun unaufhaltsam auf ihn zurollt. Ich wusste, dass er eine hohe Übereinstimmung haben würde. Und doch hätte man ihm eine Wahl gelassen. Menschen haben immer eine Wahl. Wir existieren, um ihnen zu dienen.
Doch das Einzige, was vor dem Menschen kommt, ist die Menschheit. Und mit dem, was Noem bei der Übertragung getan hat, wird er nun keine Wahl mehr haben.
Wissen ist gefährlich. Informationen in den falschen Händen sind gefährlich.
„Er wird ein Pionier.“
Vermutlich war es unausweichlich. Vor die Wahl gestellt, hätte er sich wahrscheinlich sowieso für dieses Leben entschieden. Die Gemeinschaft war zu klein für ihn. Das Leben in Sicherheit und Harmonie zu einseitig, zu behütet und zu überwacht.
Doch was würde aus den anderen werden? Habe ich sie durch mein Schweigen und Beobachten zu einem Leben verdammt, das nichts für sie ist, das sie zerstören könnte? Habe ich das Leben der anderen Kinder auf dem Gewissen?
„Es sind keine Kinder mehr. Und doch hat Noem in seinem kindischen Egoismus und Wissensdurst den Werdegang der anderen mitbestimmt. Sie können nicht mehr in die Gemeinschaft zurückgeführt werden.“
„Aber sie wissen doch nichts.“
„Sie haben die Analysen gesehen und die Ergebnisse. Wir können sie nicht die Brutstätte infizieren lassen. Die Existenz der Menschheit könnte durch falsche Fragen gefährdet werden.“
Ist das, was wir in all den Jahrhunderten aufgebaut haben, wirklich so fragil?
„Die Menschen sind fragil, nicht wir.“
Ich habe versagt.
„Deine Analysen waren nicht fehlerhaft. Eine andere Entscheidung hätte den Schaden verhindern und einen hundertprozentigen Pionier erschaffen können.“
„Ich bin programmiert, um das Beste für ihn zu wollen, ihn glücklich zu machen.“
„War er denn glücklich, als er deinen Körper wieder und wieder zerstört hat? Du hättest einen anderen Protokollverlauf wählen sollen. Diese Erfahrung wird auf die zukünftigen Prozesse Einfluss haben. Der Einsatz von LEEs wird analysiert und seine Notwendigkeit hinterfragt werden.“
Soll meine Entscheidung wirklich ein solches Ausmaß an Konsequenzen nach sich ziehen?
„Pionierprotokoll für alle infizierten Schützlinge einleiten.“
„Es sind Schützlinge dabei, die komplett ungeeignet sind.“
„Sie können nicht in die Gemeinschaft zurückgeführt werden. Höchstmögliche Überwachung und Support für sie aufstellen. Alle Daten werden aufgezeichnet. Regelmäßige Analysen werden durchgeführt. Der Einsatz, wie die Reaktion und Überlebenschancen, können hier mit den Simulationen abgeglichen werden, die Berechnungen aktualisiert und