RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4). Indira Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Indira Jackson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738093896
Скачать книгу

      2001 - Tal von Zarifa - Entlarvt

      Rayan fing im Dunkeln den leblosen Körper auf und zog ihn neben sich in die Schatten. Dort legte er ihn vorsichtig, um keine Geräusche zu verursachen, nieder.

      Er vermutete, dass es sich um Hanif handelte, die Statur würde passen, doch er beging nicht den Fehler, ein Licht zu entzünden, um das Gesicht seines Verfolgers zu sehen. Mann, würde der Morgen sauer sein! Rayan grinste in sich hinein. Er hatte keine Ahnung, wie er ihm den Angriff erklären sollte, falls er sich in Yusuf täuschte. Aber für derlei Überlegungen hatte er später noch genügend Zeit, jetzt musste er sich auf Yusuf konzentrieren. Der konnte jeden Moment auftauchen.

      Er zog sich noch tiefer in den Schatten zurück. Und keine Sekunde zu früh!

      Das Licht in Yusufs Haus war bereits vorher komplett erloschen und so fiel es kaum auf, als sich kurz die Türe öffnete und der Diener gebückt aus dem Haus schlich. Er war keineswegs geschickt, was das Schleichen im Dunkeln anging. Für Rayan war er laut wie ein Elefant, jedoch würde wohl kaum einer der anderen Bewohner sich um diese Zeit für die dunkle Gasse interessieren.

      Er folgte ihm leise und so verließen sie beide das Städtchen und näherten sich den Felswänden des Talkessels, der in ca. 500 m Entfernung lag. Yusuf entzündete eine Taschenlampe, als sie aus dem Ort heraus waren, schirmte er sie jedoch gegen einen allzu deutlich sichtbaren Strahl mit seinem Umhang ab.

      Rayan hatte kein Problem ihm im Dunkeln zu folgen, trotz des steinigen Weges. Er hatte hier als Kind gespielt! Und außerdem schon auf ganz anderen Wegen Feinde verfolgt.

      Als Yusuf am Felsen angekommen war, beugte er sich nieder und räumte einige Äste zur Seite. Danach zog er ein hölzernes Brett weg, unter dem ein Loch im Boden sichtbar wurde.

      Rayan fühlte eine grimmige Befriedigung in sich hochsteigen. Hatte sein Instinkt ihn also nicht getäuscht.

      Yusuf entnahm dem etwa 20 auf 20 cm großen Loch ein in Tuch eingeschlagenes Bündel.

      Im Mondlicht konnte Rayan nicht erkennen, was Yusuf aus dem Tuch packte. Als er jedoch ein Display aufleuchten sah, wusste er, was es war: ein Satellitentelefon! Die waren besser ausgestattet, als Rayan vermutet hatte. Er fluchte innerlich. Erfahrungsgemäß war das kein gutes Zeichen.

      Nun galt es keine Zeit zu verlieren, schließlich sollte Yusuf keine Gelegenheit zum Wählen bekommen. Er sprang aus seiner Deckung und entriss dem entsetzten Yusuf das Telefon. Dann hielt er ihm seine Pistole unter die Nase. „So mein Freund, und nun gehen wir beide ganz langsam zum Haupthaus zurück. Der Stammesrat wird sich freuen, von Deinem Verrat zu erfahren.“ Yusuf brauchte einen Moment, seinen Schrecken zu überwinden, dann hatte er die Situation voll erfasst. „Niemals! Dir wird niemals jemand glauben, dass dies mein Telefon ist! Ich bin einer der ihren, du bist der Fremde. Ich werde ihnen sagen, dass du der Verräter bist! Sie werden alle MIR glauben!! Jawohl.“

      „Das werden wir ja sehen und jetzt los“, sagte Rayan eisig. Er hatte keinerlei Verständnis für feige Verräter wie Yusuf. Leider geschah es nur allzu oft, dass er in Situationen wie diese geriet. Auch sein Angriff auf Hanif stellte sich nun in einem mehr als ungünstigen Licht dar, aber das hatte sich nicht ändern lassen. Misstrauisch, wie der Kerl ihm gegenüber gewesen war, hätte er ihm ohne Beweis kein Wort geglaubt.

      Er hoffte auf die Weisheit des Rates und den Einfluss seines Vaters, aber es würde haarig werden.

      „Los jetzt“, herrschte er Yusuf an. „Keiner wird dir glauben“, feixte dieser „und das weißt du.“

      Auf einmal klang aus dem Dunkel halb schräg hinter Yusuf eine leise Stimme: „Aber sie werden mir glauben.“ Hanif trat aus dem Schatten ins Mondlicht. Er hielt sich den schmerzenden Hals und blickte Rayan böse an: „Das wäre nicht nötig gewesen.“

      Dann packte er Yusuf, band ihm die Hände auf den Rücken und schob ihn vor sich her in Richtung des Hauses.

      Rayan atmete auf. Hanif hasste ihn nun noch mehr, soviel war klar, aber er musste zumindest keine Erklärungen abgeben. Das würde Hanif für ihn tun.

      2001 - Tal von Zarifa - Auslieferung eines Verräters

      Yusuf erkannte schnell, dass er gegen die beiden erfahrenen Männer keine Chance hatte und fügte sich – zumindest für den Moment - in sein Schicksal. Ihm war klar, dass es hart werden würde, wenn der Stamm erfuhr, was er getan hatte. Für Verräter hatte niemand viel übrig. Gerade die Araberstämme hatten einen besonderen Stolz und daher wog Verrat hier doppelt so schwer. Fieberhaft überlegte er, was er tun sollte, doch mit jedem Schritt in Richtung Herrenhaus wurde ihm seine ausweglose Situation ein wenig deutlicher.

      Rayan und Hanif konnten nun Yusufs Taschenlampe offen benutzen, was es einfacher machte, den gefesselten Mann zum Haupthaus zurückzubringen.

      Rayan kam der Weg erheblich länger vor als auf dem Hinweg. Die ca. 500 m bis zum Dorf verliefen völlig ereignislos. Beim Verlassen des Dorfes den kleinen Hügel hinauf, versuchte Yusuf einmal, zu entkommen. Doch Hanif hatte ihn schnell wieder unter Kontrolle.

      Er bewegte sich geschickt und auch hier geschmeidig wie eine Raubkatze.

      „Eventuell habe ich mich getäuscht und der gefährlichste Gegner ist doch nicht Ruhi", schoss es ihm durch den Kopf. Ihm war klar, dass er bei Hanif nun eine Rechnung offen hatte, die dieser bei Gelegenheit zu begleichen gedachte. Die Schmach von ihm so leicht niedergestreckt worden zu sein, saß tief und er würde ihm das nicht so leicht verzeihen. Beim nächsten Mal wäre er mehr auf der Hut, er durfte ihn nicht unterschätzen.

      Dann sagte sich Rayan, dass er es mit seinen Gefühlen und seinem Misstrauen übertrieb. Nicht hier waren die Gegner, sondern draußen in der Wüste.

      Als sie endlich den immer mehr widerstrebenden Yusuf ins Haus brachten, überließ er das Handeln Hanif. Der kannte die Krieger und sie ihn. Er schickte einen der Diener los, den Rat sofort einzuberufen. Bis dahin zwang er Yusuf, sich im Wohnzimmer, wo sie am Nachmittag auch die Ratsrunde gehabt haben, hinzukauern und lies ihn keinen Moment aus den Augen.

      Nach und nach trafen die Männer ein. Als erster Ruhi, wie zu erwarten gewesen war.

      Keiner stellte eine Frage, alle warteten still, bis auch der Letzte angekommen war. Sein Vater erteilte Hanif das Wort, der in wenigen Sätzen schilderte, dass sie gemeinsam den Verräter von seinem Anruf abgehalten hatten.

      Es war kurz still, dann wollte sich Ruhi auf Yusuf stürzen: „Du Schwein, ich bring dich um.“

      Rayan hatte diese Reaktion vorhergesehen und stellte sich Ruhi in den Weg: „Stopp“, sagte er scharf und gerade laut genug, dass jeder es deutlich hören konnte. „Wir brauchen ihn. Er muss uns sagen, wie viel die anderen wissen und was ihr Plan ist.“

      Keiner der Männer widersprach Rayan. Er wunderte sich einen Moment lang darüber, doch dachte er dann, dass sie seinen Argumenten folgten.

      Was ihm nicht klar war, war seine Wirkung. Ganz wie sein Vater hatte er sich zu seiner vollen Größe aufgerichtet und strahlte Stolz aus und hatte ebenso viel Charisma wie sein Vater in seiner besten Zeit. Er war es gewohnt, den Menschen zu sagen, wo es langging und so hatte er auch keine Sekunde Zweifel, sondern lebte eine derartige Selbstsicherheit vor, der sogar die hier anwesenden Krieger erlagen. Man konnte den Prinzen erkennen, als der er geboren worden war. Hier stand kein Niemand!

      Sedat hatte die Szene genau beobachtet und strahlte seinerseits vor Stolz. Das war wahrlich sein Sohn! Sein größter Wunsch war in Erfüllung gegangen: sein Sohn, sein eigen Fleisch und Blut war zu einem wahren Anführer geworden!

      2014 - Alessia - Die Erlaubnis

      Nachdem Carina von Mehmet unter anderem gelernt hatte, dass zeitliche Zusagen hierzulande nicht so genau genommen wurden, hatte sie keine Ahnung was das Versprechen des Scheichs, sie würde bald von ihm hören, bedeutete.

      Doch