RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4). Indira Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Indira Jackson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738093896
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uns gehen“, meinte Joe und die drei verließen die Dusche.

      Halblaut stieß Yasin den schlimmsten arabischen Fluch aus, den er kannte und wünschte den Dreien die Pest und noch einige andere Dinge an den Hals.

      Erst nach drei Anläufen gelang es ihm aufzustehen, da auch sein Handgelenk beim Abstützen versagte. Er hoffe, dass nicht auch hier etwas gebrochen war.

      Er hinkte zum Spiegel und sah hinein. Er bot ein wirklich erschreckendes Bild.

      Am Waschbecken versuchte er die Blutung an seiner Stirn zu stoppen, gab es aber wenig später auf.

      Mit Erschrecken wurde ihm bewusst, dass er nun ohne jede Kleidung irgendwie in die Baracke kommen musste und fluchte erneut.

      Er überlegte noch, ob ihm eine Lösung einfiel, da ging die Tür zum Duschraum auf.

      Im Spiegel konnte er Cho erkennen. Ihre Blicke kreuzten sich kurz, und der japanstämmige Amerikaner schüttelte den Kopf. Dann legte er einen Stapel frische Kleider und ein Handtuch hin und verschwand ohne ein weiteres Wort wieder.

      Yasin spürte eine Welle von Erleichterung und gegen seinen Willen sogar ein wenig Dankbarkeit. Diese Geste ersparte ihm eine große Peinlichkeit. Doch ein derartiges Gefühl unterdrückte er schnell wieder, denn ohne Cho und seinen Kumpel wäre er ja gar nicht erst in dieser Lage.

      Cho seinerseits war wütend auf sich selbst. Er war normalerweise der Besonnene im Team. Schon einige Male hatte er seinen impulsiven Freund Joe von Dummheiten abgehalten. Wie hatte er nur dieser idiotischen Aktion zustimmen können? Es hatte ein Streich sein sollen. Zugegeben ein gemeiner, ja gehässiger Streich, aber derartige Erziehungsaktionen waren durchaus üblich. Der kleine Japaner hatte niemals damit gerechnet, dass Yasin sofort derart zum Angriff über gehen würde. Er hatte gekämpft, als verteidige er sein Leben.

      Dann dachte er an dessen Rücken und in diesem Zusammenhang ergab die Situation Sinn: Egal wer und warum man ihm so etwas Grausames angetan hatte, es war klar, dass er sich durch ihr Auftauchen in der Dusche sofort bedroht gefühlt haben musste. Vermutlich hatte er tatsächlich um sein Leben gekämpft. Cho schüttelte den Kopf.

      Es war sein, Chos, Fehler gewesen, ihn für einen verzogenen Generalssohn zu halten, der vermutlich in seinem Leben viele Waffen gesehen hatte, aber noch keine wirklich gegen einen Gegner eingesetzt hatte – was für eine Fehleinschätzung!

      Außerdem verstand Cho nun den wirklichen Grund, warum Yasin sich nie zu ihnen in die Dusche gesellte: Scham und nicht etwa Arroganz!

      Und der kleine Japaner fasste für sich den Entschluss, dass er alles tun würde, um diese Aktion wieder gut zu machen. Yasin hatte ihn im Kampf beeindruckt und er war sich nicht sicher, ob er alleine, ohne Joe, eine Chance gegen ihn gehabt hätte.

      Yasin trocknete sich, so schnell es ging, ab und zog sich die Kleidung an, dann hinkte er in Richtung Krankenstation.

      Die Ausrede „beim Duschen gestürzt“ nahm ihm der Arzt zwar nicht ab, beharrte aber auf keinen weiteren Erklärungen. Zu oft hatte er diesen Spruch schon gehört.

      Er nähte die Wunde an der Stirn und legte Yasin einen Streckverband um die Rippen. Er untersuchte auch das Handgelenk, das aber zum Glück nur geprellt und nicht gebrochen war. Auch hier legte er einen Verband an, um es ruhig zu stellen. Dann wollte er ihn ins Bett verbannen, doch das verweigerte Yasin resolut. Er wollte auf keinen Fall als Schwächling dastehen oder den Anderen die Genugtuung geben, dass sie ihn außer Gefecht gesetzt hatten.

      Auch dies kam für den Arzt nicht ganz unerwartet; er hatte in seinen langen Jahren immer wieder solche Situationen erlebt und konnte sich denken, dass hier ein Streich oder eine Mutprobe schief gegangen war und jemand sein Gesicht nicht verlieren wollte.

      Also schärfte er ihm ein, er solle auf keinen Fall am aktiven Training teilnehmen, sondern sich schonen und gegebenenfalls im Laufe des Tages noch krankmelden.

      Dann gab der Arzt ihm eine Spritze gegen die Schmerzen und für später noch einige Tabletten mit, zusammen mit dem dringenden Hinweis, am Abend nochmals zu einer Untersuchung vorbei zu kommen.

      Anstatt zum Frühstück zu gehen, gönnte sich Yasin eine halbe Stunde Ruhe und legte sich hin. Beinahe hätte er das Signal zum Antreten verpasst.

      Und er verwünschte seinen verfluchten Stolz, als ihnen der Ausbilder gehässig grinsend verkündete, dass er für heute einen „kleinen Wüstenspaziergang“ geplant hatte.

      Es würde ein sehr langer, heißer Tag werden.

      1991 - Rabea Akbar - Wüstentraining

      Sie marschierten in einem Squad von zehn Mann los, jeder mit einem Rucksack von 9,5 Kilo auf den Rücken und seinem Gewehr vor der Brust.

      Yasin, der sonst einer der Ersten im Ziel war, fiel schon nach den ersten beiden Kilometern hinter die anderen zurück. Seine Rippen schmerzten so stark, dass er kaum noch atmen konnte.

      Er blieb stehen, nahm gleich drei Pillen auf einmal und wartete, dass die Wirkung einsetzte.

      Nach circa zehn Minuten verspürte er ein wenig Erleichterung.

      Doch bereits einen Kilometer weiter ging es ihm wieder wie vorher.

      Er liebte die Wüste und die Hitze machte ihm sonst nicht viel aus, worum ihn seine Kameraden beneideten.

      Aber in seinem Zustand wurde ihm jeder Schritt zur Qual. Er meinte, im Sand einen Schritt nach vorne zu tun, nur um gleich wieder zwei zurückzufallen.

      Bei Kilometer sieben von zehn waren die anderen kaum noch zu erkennen. Nachdem er sonst so souverän voran marschierte, fiel keinem sein Zurückbleiben auf, waren sie doch mit sich selbst, mit ihrem Gepäck und dieser verfluchten Hitze beschäftigt.

      Yasin warf drei weitere Pillen ein.

      Irgendwann begann sich alles um ihn herum zu drehen.

      Er realisierte nicht, dass er bereits einige Minuten früher sein Gewehr verloren hatte, sondern setzte so konzentriert er noch konnte, einen Schritt vor den nächsten.

      Irgendwo auf dem achten Kilometer brach er zusammen und blieb liegen.

      Seine Erfahrung mit der Wüste flüsterte irgendwo in seinem Hinterkopf, dass er so nicht liegen bleiben durfte, doch er konnte einfach nicht mehr weiter.

      Er war dankbar, als er spürte, dass er das Bewusstsein verlor.

      2014 - Krankenhaus von Alessia - Erwachen

      Als Carina im Krankenhaus erwachte, konnte sie sich zunächst an nichts erinnern und wusste auch nicht, wie sie hierhergekommen war.

      Sie war an diverse Geräte angeschlossen und lag in einem Einzelzimmer.

      Eine Schwester kam zu ihr und beruhigte sie. Es war eine Europäerin, dem Akzent nach eine Irin.

      „Bitte bleiben Sie ruhig liegen, Sie hatten eine schwere Operation. Blinddarm. Er war bereits durchgebrochen. Wenig später und wir hätten nichts mehr für Sie tun können!“

      Langsam dämmerte es Carina: die Bauchschmerzen! Blinddarm? Sie hatte vorher noch nie Probleme damit gehabt. Und kaum war sie in der Wüste – das war wieder typisch für sie!

      Dann dämmerte ihr die Absurdität: „Aber, aber?“ Stammelte sie, „wie komme ich hierher?“

      „Mit dem Rettungshubschrauber. Das war die letzten Tage hier Gesprächsthema Nummer Eins! Der Pilot erzählte uns, dass er frühmorgens nach einem Notruf raus zur Oase geflogen sei und dann ein paar Beduinen auf Pferden Sie im vollen Galopp zum Hubschrauber gebracht haben. So etwas hatte er noch nie gesehen!

      Carina war noch immer verwirrt: „Was für ein Notruf?“

      Die Schwester zuckte die Achseln: „Keine Ahnung. Das müssen Sie vielleicht Ihren Freund fragen. Er war fast die ganze Zeit hier an Ihrem Bett! Nachdem ich ihn anfangs