„Gute Idee“, fand mein Kontrahent belustigt.
„Wo ist denn die Frau von gestern?“, wollte ich die Situation ein bisschen für mich ausnutzen, um dem anderen zu suggerieren, dass ich einen möglichen Informationsvorsprung hatte.
„Was wollen Sie den von ihr?“, nahm mir Orson gleich wieder den Wind aus den Segeln.
„Ich wollte mich für das Zimmer und die frisch bezogenen Decken bedanken.“
„Keine Ursache Señor Romero, ist alles auf mein Geheiß geschehen, also ich nehme Ihren Dank auch an!
Die Señora organisiert letzte Details, die meine bevorstehende Abreise betreffen, um Ihre Neugier zu befriedigen! Im Übrigen möchte ich keine unnötigen Fragen beantworten, Sie verstehen?“
„Nun meine Herren setzen Sie sich, schenken Sie sich einen Sherry, oder was auch immer ein und lassen Sie uns zur Sache kommen!“
„Darf ich rauchen?“, fragte da Silva in den Raum.
„Mir wäre lieber nicht, aber wenn es sein muss, dann meinetwegen.“
Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern, schenkte mir einen Sherry ein und setzte mich wieder.
„Señors, ich bin Geschäftsmann und organisiere eine notwendige Geschäftsreise zur „Baja California, Sie wissen doch, wo das ist?“
Wir beide verneinten zügig.
„Wir sprechen hier von einem Bundesstaat im Nordwesten von Mexiko. Ich habe dort einige Immobilien, die es zu verwalten gilt“, ergänzte Orson.
„Da ein Flug für mich keinesfalls zur Debatte steht, muss die Überfahrt auf einem Schiff erfolgen und dazu brauche ich Unterstützung. Natürlich komme ich für alle anfallenden Spesen auf! Ich habe vor, länger in Mexiko zu verweilen, deshalb können Sie selbstverständlich die Rückreise per Flugzeug antreten.“
Argwöhnisch unterbrach ich seine Ausführungen. „Wieso nehmen Sie sich keine kräftige Krankenschwester von einem Behindertenhilfsdienst, sondern suchen Hilfe per Zeitungsinserat?“
„Nun, da gebe ich Ihnen recht, die letzten Jahre ging es auch noch ganz gut allein. Ich hatte nach meinem Unfall zu meiner Betreuung eine Krankenschwester, die Dame war gelinde gesagt, eine Furie, deshalb ist das keine Option mehr. Außerdem finde ich, dass ein unbedarfter Mann, der eine solche, dazu noch bezahlte Reise machen kann, doch motivierter zu sein scheint.“
„Ich auf jeden Fall“, bestätigte da Silva.
„Sind wir die einzigen Kandidaten?“, wollte er noch wissen.
„Es waren schon einige Bewerber aus der Umgebung hier. Die meisten stellten jedoch unverschämte Ansprüche, wenn man bedenkt, dass es sich großteils um Arbeitslose handelte, denen ich die Möglichkeit einer Reise mit Spesenersatz angeboten habe. Mehr ist nicht drin, darüber sollten Sie sich im Klaren sein!“
Nach einer kurzen Pause überraschte Orson uns mit einem zusätzlichen, unerwarteten Angebot. Er wurde überraschend persönlich.
„Wenn ihr für längere Zeit abkömmlich seid, könnte ich mir vorstellen, euch beide zu nehmen. Natürlich nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“
„Die da wären?“, wollte ich gleich wissen.
„Ich erwarte die Gewährleistung von Loyalität in hohem Ausmaß. Was darunter zu verstehen ist, werdet ihr in betreffenden Situationen erfahren. Als Geschäftsmann hat man Feinde, Konkurrenten und Mitbewerber.
„Klingt sehr dramatisch“, kam es mit einer Brise Sarkasmus gewürzt von da Silva.
Ich nickte dazu.
„Dramatisch ist vielleicht übertrieben, trotzdem gab es hin und wieder Ärger mit den Mexikanern. Hauptsächlich wegen eines Grundstückes, das einer eingesessenen Familie gehörte und jetzt in meinem Besitz ist. Das andere Problem waren ein paar Bodegas, die ich gekauft habe. Dabei handelt es sich um solche wie die da unten“, dabei zeigte er mit dem Finger auf den Boden.
„Ach, die gehört auch Ihnen, dann sind Sie ein vermögender Mann, Señor. Wie darf man Sie überhaupt ansprechen?“
„Señor da Silva, sagen Sie einfach Padre zu mir!“
„Padre, … Vater, damit habe ich jetzt wohl zwei davon!“, sagte da Silva mit Blick auf mich gerichtet.
Für mich war der Padre immer noch Orson!
Dieser Name wird auch so bleiben, dachte ich mir, wobei Padre Orson würde ebenfalls passen!
In mir keimte ein Gefühl der Unsicherheit auf. Ich bekam Selbstzweifel, ob das Ganze richtig für mich war. Verstohlen beobachtete ich da Silva. Dieser schien mir sehr selbstbewusst zu sein, so wie er hier auftrat.
Ich konnte es mir nicht erklären, aber ich hatte das Gefühl, als ob wir uns schon einmal begegnet wären. Während ich darüber nachgrübelte, ließ ich ihn nicht aus den Augen. Mein „Déjà-vu“ wurde harsch von Orson unterbrochen. Er meckerte über unser fragwürdiges Aussehen, bezog dies auf unsere Kleidung und meinte, dass er das auf keinen Fall dulden würde. Neue Hosen, Hemden und Sakkos müssten besorgt werden. Einige Flaschen des besten Sherrys sollten mit auf die Fahrt und fünf Päckchen Präservative der Marke „Lucky Beast“.
„Sind die verlässlichsten“, schob er lässig nach.
Wir wunderten uns, schwiegen jedoch. Für ihn würden die bestimmt nicht sein, war meine Vermutung.
Einige Minuten später verabschiedete uns Orson mit
einer ordentlichen Menge Bargeld zum Einkauf der „bestimmten Dinge“ für den Herrn und dem Hinweis am folgenden Tag um zehn Uhr wieder bei ihm zu sein. „Pünktlich!“, wie er mit Nachdruck betonte.
Zunächst gingen wir in unsere Zimmer, da Silva quartierte zwei Türen neben meinem.
Gelangweilt checkte ich meinen Pass und stellte fest, dass dieser nur noch einen Monat lang gültig sein würde. Ich überlegte, ob ich Orson davon in Kenntnis setzen sollte, verwarf den Gedanken jedoch gleich wieder und setzte mutig auf die Nachsicht der Zollbeamten.
Angestrengt dachte ich über da Silva nach. Das Gefühl, ihn zu kennen, ging mir nicht aus dem Kopf. Ich würde ihn fragen, dann hätte ich Antworten, oder auch nicht. Ich wollte wissen, woher er kam und was er so getrieben hatte. Ich überlegte krampfhaft, ob ich bei seinen Gesprächen mit Orson irgendwas aufgeschnappt haben könnte, das Licht in mein Dunkel bringen würde. Er hatte von Madrid und Barcelona gesprochen, mehr fiel mir dazu nicht mehr ein.
Vermutlich bilde ich mir das alles ein, erklärte ich mir mein Gedankenkarussell selbst, ohne zu ahnen, wie sehr ich mich täuschte.
Müdigkeit überfiel mich und so legte ich mich ins Bett. Bevor ich einschlief, hörte ich, wie draußen im Flur jemand an meinem Zimmer vorbeiging. Das Knarzen des Bodens war nicht zu überhören.
Da Silva …, wahrscheinlich genehmigte er sich noch einen Schlaftrunk unten in der Bodega. Sollte ich auch nochmals? Schluss jetzt, durchkreuzte ich den verlockenden Gedanken.
Ich hatte in den letzten Tagen und davor genug in mich hineingeschüttet, speziell nach der Jobpleite im Sticky Fingers. Immer noch grübelnd, schlief ich schließlich ein. Am nächsten Morgen wurde ich gegen halb acht von Hühnergeschrei geweckt. Nach einer erfrischenden Dusche zog ich mich an und ging zu da Silvas Zimmer, lauschte an der Türe und als ich nichts hören konnte, klopfte ich. Nichts rührte sich, ich probierte es etwas energischer.
„Was gibt’s?“, drang seine Stimme ärgerlich nach außen.
„Romero hier, bist du fertig? Wir sollten ein paar Erledigungen machen, oder?“
„Es dauert noch ein Weilchen bis ich wieder in Form bin Romero. Wie steht es mit Frühstück hier?“, wollte er wissen.
Ich antwortete, dass in der Bodega wohl