Scarlett Taylor - Wendy. Stefanie Purle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Purle
Издательство: Bookwire
Серия: Scarlett Taylor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750220850
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ja, Sie scheinen das bislang einzige Verbindungsglied zwischen dem Vermissten Marcus Daim und den Menschen zu sein, mit denen er unmittelbar vor seinem Verschwinden zu tun hatten.“

      Mir bleibt die Luft weg.

      „Inwiefern ist Scarlett das Verbindungsglied“, hakt Chris nach.

      „Ja, genau, das würde mich auch interessieren“, sage ich, als ich meine Stimme wiederfinde.

      „Da es sich um laufende Ermittlungen handelt, können wir das noch nicht sagen.“ Schlegel räuspert sich und fährt mit der Hand über seine glänzende Stirn. „Aber es sieht so aus, als wäre eine Gruppe Jugendlicher einem Satanskult verfallen und bei Recherchen zu diesem Thema ist auch Ihr Name gefallen.“

      „Wie bitte?“, hake ich ungläubig nach. „Sie denken, ich und irgendwelche Jugendliche gehören einem Satanskult an?“

      Kommissar Schlegel zuckt leicht mit den Schultern. „Nun ja, wir haben Hinweise gefunden, die andeuten, dass diese Jugendlichen Sie als eine Art Vorbild in Sachen Teufelsanbetung ansehen.“

      „Das ist doch jetzt nicht ihr Ernst.“ Ich bin sichtlich empört und stehe auf, doch Chris zieht mich wieder zurück auf das Sofa. „Ich bete doch nicht den Teufel an! Wie kommen Sie nur auf so etwas?“

      „Uns ist schon länger bekannt, dass eine Gruppe Jugendlicher im Ort gewisse Rituale abhält, die sehr weit vom christlichen Glauben entfernt sind. Solange sie dabei kein Gesetz übertreten, können wir ihnen nichts anhaben. Sich wie ein Grufti zu kleiden, ist schließlich keine Straftat“, erklärt Schlegel und mustert mich von oben bis unten.

      Endlich geht mir ein Licht auf. So langsam verstehe ich, wie dieser altmodische Polizist auf die Idee kommt, ich hätte etwas mit diesem Satanskult zu tun. „Wollen mir jetzt wirklich weismachen, dass sie aufgrund meiner Kleidung und meiner Haarfarbe davon ausgehen, dass ich den Teufel anbete?“

      Meine Stimme ist zu einem scharfen Zischen geworden, was den jungen Kommissar wohl etwas nervös macht. Er rutscht im Sofa nach hinten, hat die Augen aufgerissen und sieht mich schockiert an. Auf einmal werde ich mir meiner Erscheinung wieder bewusst. Für konservative Menschen, die nur selten über den Tellerrand blicken, könnte ich sehr wohl wie eine bösartige Teufelsanbeterin aussehen. Ich trage hauptsächlich schwarze Kleidung, seitdem ich angefangen habe, als Parapsychologin zu arbeiten. Ich bin groß und voluminös, dabei schnell und flinker als man denkt. Mein langes schwarzes Haar ist von diesen weißen Strähnen durchzogen, die für all die dunklen Wesen stehen, die ich bereits erledigt habe. Und dann diese Narbe, die sich wie ein Blitz von meinem Auge zum Kiefer zieht. Chris hat mal gesagt, ich erinnere ihn an Zeichnungen von Walküren, den Kriegerinnen Odins.

      Ich lasse meine aggressive Haltung fallen und lehne mich ein wenig zurück. „Nein, Herr Kommissar, ich bete den Teufel nicht an. Wenn ich überhaupt eine Gefühlsregung für den Gehörnten hege, dann ist es reine Abscheu und Verachtung.“ Mit einem leicht unsicheren Lächeln auf den Lippen schaue ich von einem Kommissar zum anderen, während ein paar Sekunden des Schweigens verstreichen.

      „Was machen Sie beruflich, Scarlett?“, wechselt er das Thema und ich muss mich zusammenreißen, jetzt nicht in Panik zu verfallen.

      „Ich habe das Reisebüro meiner Tante übernommen“, antworte ich steif.

      Chris legt seine Hand fest auf meinen Rücken und ich weiß, dass er meine Angst bereits wittern kann. Es ist das erste Mal, dass Polizisten mich mit meinem Decknamen ansprechen und nach meinem Beruf fragen. Zwar hat Elvira all das für mich geregelt, doch ein kleiner Rest von Zweifel bleibt, ob mein Deckname mir wirklich die bürokratische Tarnung verschafft, die wir uns erhoffen.

      „Ich bin noch nicht ganz fertig damit, aber ich arbeite daran.“

      Schlegel nickt, es wirkt aber eindeutig so, als glaube er mir nicht. „Und Sie, Herr Belger?“, fragt er nun Chris.

      „Hat das etwas mit dem Fall zu tun? Oder warum wollen Sie das wissen?“, erwidert Chris in lockerem Ton und ich bewundere ihn dafür.

      „Nein, nein“, gibt Schlegel zu und steht schwerfällig auf. „Nun ja, Frau Taylor, Herr Belger.“ Er nickt und sein jüngerer Kollege springt verdutzt auf. „Dann wollen wir sie mal nicht weiter stören. Aber bitte bleiben Sie abrufbereit, falls wir noch Fragen haben. Verstanden?“

      Chris und ich stehen auch auf und schauen mit einem ähnlich verwirrten Gesichtsausdruck den Kommissar an, wie sein jüngerer Kollege es tut. Schlegel tippt sich zum Gruß an den Kopf und begibt sich zur Haustür. Wir folgen ihm. Er öffnet die Tür und lässt Kommissar Stahl vorangehen.

      Sobald dieser draußen ist, schließt er die Tür wieder halb und dreht sich zu uns um. „Arbeitet Elvira noch?“

      Diesmal zucke ich wirklich zusammen. „Sie pflegt hauptsächlich meine Mutter und hat einen kleinen Nebenjob, soweit ich weiß.“

      Hinter mir strafft Chris beschützend die Schultern und macht sich somit noch größer und imposanter. Schlegel nickt und es sieht so aus, als möchte er noch etwas sagen, überlegt es sich dann aber im letzte Moment anders.

      Sobald die Polizisten verschwunden sind, erzähle ich Chris von dem Artikel in der Zeitung und von meinem kurzen Treffen mit Carmen.

      „Sie will Bill unterstützen, weil das alles zu viel für ihn ist“, sage ich und verdrehe die Augen. „Sie ist nicht nur bei der Arbeit seine Assistentin, sondern vertritt offenbar auch seine Ehefrau, wenn die zur Kur ist!“

      Chris schüttelt verständnislos mit dem Kopf. „Ich frage mich, warum sie das alles mitmacht. Sie hat wirklich etwas Besseres verdient.“

      „Oh ja, das denke ich auch“, stimme ich ihm zu und seufze. „Aber sie liebt ihn nun mal.“

      „Wenn die Polizei jetzt von Bills Affäre Bescheid weiß, und Carmen nun bei Bill Zuhause auftaucht, wenn sein Sohn auch da ist, dann wird es sicherlich nicht mehr lange dauern, bis Bills Frau auch davon erfährt.“

      „Ich glaube, sie weiß es schon längst. Carmen hat mal sowas erwähnt. Offenbar haben sie ein Abkommen miteinander: Er lässt sich nicht von ihr scheiden, dafür lässt sie ihm seine Affären.“

      Chris´ Stirn kräuselt sich. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Welche Frau würde das mitmachen?“ Er lehnt sich zurück und umfasst nachdenklich sein Kinn. „Vielleicht ist das nur die Version, die er Carmen auftischt, damit sie kein schlechtes Gewissen bekommt und er gleichzeitig eine Ausrede hat, warum er sich nicht von seiner Frau trennen und das mit Carmen öffentlich machen kann.“

      „Ist auch möglich“, stimme ich ihm zu und bereue der Polizei von Bills und Carmens Affäre erzählt zu haben. „Wie dem auch sei, dieser falsche Hexenkult, oder Satanskult, oder was auch immer, scheint hier in der Gegend wirklich überhand zu nehmen“, wechsle ich das Thema. „Ständig sprechen mir irgendwelche Teenies aufs Band und wollen neue Spells von mir lernen. Unten am See habe ich ein umgedrehtes Pentagramm und Wachsreste gefunden, und nun kommt sogar die Polizei vorbei und befragt uns dazu!“

      Chris lehnt sich wieder vor und stützt die Ellenbogen auf. „Meinst du, da unten hat jemand eine dunkle Messe abgehalten?“ Er zieht nachdenklich die Augenbrauen zusammen. „Hättest du der Polizei davon erzählen müssen?“

      Ich halte inne. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. „Keine Ahnung“, gebe ich zu und zucke mit den Schultern. „Ich denke, diese Gruppe hält sicherlich immer irgendwo ihre Messen ab, ob nun am See, mitten im Wald oder bei jemandem zuhause im Kinderzimmer. Außerdem ist ja nicht sicher, dass es wirklich Marcus Daim und seine Freunde waren“, versuche ich mich rauszureden und seufze abschließend. „Okay, vielleicht hätte ich es erwähnen können.“

      Chris nickt langsam und blickt grüblerisch ins Nichts. „Können Jugendliche, die keine echten Hexen sind, überhaupt mit Magie jemanden gefährden? Könnte ihr Ritual, oder was auch immer sie dort unten am See gemacht haben, für das Verschwinden von Marcus Daim verantwortlich sein?“

      „Ich denke eher nicht, außerdem habe ich dort