den Menschen gar gut und hülfreich, gar »gespäßige
Lüet«, wie die Hirten sagen, sie verrichteten nachts
der Menschen Arbeit; kamen vom Berg auch herunter
in die Täler, schafften und ackerten redlich, und ein
Herdmanndli konnte mehr verrichten als zehn Meister
mit allen Knechten. Aber sehen ließen sich die
Manndli wunderselten, und auch da hatten sie lange
graue Kutten an, die bis auf die Erde reichten, daß
man nimmer ihre Füße sah. Einem Hirten begegnete
es, daß er einen reichtragenden Kirschbaum oben am
Berge hatte, dem pflückten die geschäftigen Zwerglein
die Kirschen ab und brachten sie zum Trocknen
auf die Hürden, daß hernach gutes Kirschwasser gebrannt
werden konnte, der Hirt ward aber neugierig,
zumal mocht' er gern die Füße der Herdmanndli
sehen, war her und streute Asche rings um den Baum,
als die Früchte im nächsten Jahre wieder reiften. Die
Herdmanndli kamen, pflückten redlich die Kirschen
ab, und am Morgen sah der Hirt ihrer Füßlein Spur in
der Asche. Es waren eitel kleine Gänsefüße. Der Hirte
lachte und sagt' es freudig seinen Genossen an, daß er
nun wisse, was für Füße die Herdmanndli haben. Die
Zwerge aber ergrimmten, zerbrachen des Hirten Dach
und Fach, versprengten seine Herde, zerknickten den
Kirschbaum Ast um Ast, und ihrer keines kam jemals
wieder herunter, den Menschen hülfreich zu sein. Sie
blieben droben in ihrer tiefen Höhle und in ihrem Geklüft
wohnen. Der Hirte aber wurde ganz tiefsinnig,
schlich bleich umher und hat nicht lange gelebt.
11. Die Bergmanndli schützen Herden und
Fische
Die Bergzwerge schätzen und lieben die Gemsen, sie
wollen nicht, daß die Jäger sie töten, und manchem
Alpenjäger ist es deshalb schon gar schlecht ergangen.
Guten Jägern, denen sie wohlwollten, haben sie
wohl auch das eine und das andre Stück z'weg gestellt,
der durft' aber denn bei Leib und Leben nit
mehr schießen, als mit den Bergmanndli verakkordiert
war, sonst schmissen sie ihn die Felsen hinunter und
bliesen ihm das Lebenslicht aus elendiglich. Da war
einmal ein Gemsjäger, der verstieg sich hoch in die
Felsen, auf einmal stand ein eisgraues Bergmanndli
vor ihm da und sprach ihn zornig an: Was verfolgst
du meine Herde? – Der Jäger war ganz erschrocken
und sprach: Hab' ich doch nit gewußt, daß die Gemsen
dein sind. – Sprach der Berggeist: Du sollst jede
Woche vor deiner Hütte ein Grattier finden, aber du
hütest dich und schießest mir kein andres. – So geschah's,
der Jäger fand alle Wochen den frischen Braten,
der macht' ihm aber gar keine Freud, er konnte
die Jagdlust nicht bezwingen, stieg wieder hinauf zu
Berg und Holz, ward auch bald eines
Gemsenleitbocks ansichtig, auf den legte er rasch an,
zielte und schoß – aber wie er losdrückte, hob sich
hinter ihm der Berggeist aus dem Boden und zog ihm
die Haxen unterm Leib weg, daß er niederstürzte und
in den Abgrund hinunterschmetterte.
In Malters saß ein Untervogt, der hieß Hans Bucher,
der wollt' auch gern einmal ein Herdmanndli
sehen; war gar ein eifriger Fischer und Jäger, aber
sonst ein frommer Mann, stieg eines Tages hinauf am
Pilatus, folgte dem Rümligbach und wollte gern Forellen
fangen, da sprang ihm jählings ein
Herdmanndli hinterwärts auf den Rücken und drückte
ihn mit solcher Gewalt mit dem Gesicht in den Bach
nieder, daß er schier vermeinte, er müsse versaufen.
Dabei sagte das Herdmanndli zürnend: Ich will dir
wohl lehren meine Tierlein fangen und jagen. – Als
der Untervogt nach Hause kam, war er halbtot und
sah im Gesicht aus wie der Tod von Ypern; war auch
auf der einen Seite erlahmt und kam nimmermehr auf
den Berg, zu jagen oder zu fischen.
In Obwalden war ein alter Landammann, der hieß
Heinrich Immlin, der hat selbst erzählt, wie er einmal
zum Pilatus hinangestiegen auf die Gemsjagd, da begegnete
ihm ein Zwergmanndli und heischte, er solle
flugs umkehren. Nun ist der Landammann ein starker
stattlicher Mann gewesen, der spottete des Zwergs
und sagte: He, du wirst wohl große Macht haben, mir
was zu wehren! – Kaum gesagt, so sprang ihn der
Zwerg an, drückt' ihn an einen Felsen, schwer wie ein
Pferd, daß ihm schier die Seele ausfuhr und die Sinne
ihm vergingen. Lag da eine halbe Stunde für tot, bis
die Seinen ihn fanden, erquickten und heimführten.
12. Die Herdmanndli ziehen weg
Es ist schon viel gesagt, wie gut gegen die guten
Menschen die Berglütlenen des Pilatus waren; kleine,
zwei Fuß hohe Männlein mit grünen oder grauen
Röckchen, mit Füßen, die man nicht sah, langem Silberbart
bis zur Erde herunter, die hüteten das edle Gestein
im Berge, waren den Menschen hülfreich, kamen
wohl auch und begehrten Speise, liebten insonderheit
das Schweinefleisch, und wer ihnen gab, hatte es gut
und erfreute sich ihrer Gunst. Wenn ihnen die Sennerinnen
etwas Milch beiseite stellten, so molken und
fütterten sie, und waren ganz heimisch bei den Mägden;
sie konnten auch wahrsagen aus Karten und
Händen und waren geschickt zu allen Dingen, aber erzürnen
durfte man sie nicht. Wem sie im Sommer
beim Heuen halfen, der konnte zufrieden sein, sie
mehreten das Heu wunderbar. Manchmal sahen sie
auch dem Heuen zu und halfen nicht. Einstmals verdroß
das einen Heuer, der machte mit noch einem Kameraden,
bevor die Arbeit anging, ein Feuer auf den
Felsstein, darauf die Herdmanndli zu sitzen