Abbildung 3.1 veranschaulicht anhand eines UHPLC-Anwendungsbeispiels, wie sich die Peakkapazität in Abhängigkeit des Gradientvolumens, hier der einfacheren Übertragbarkeit wegen ausgedrückt als das Vielfache des Säulenvolumens, ändert. Es ergibt sich, dass die Peakkapazität einer Gradienttrennung mit steigendem Gradientvolumen zunächst steil ansteigt und dann einer Sättigung entgegenstrebt. Gemäß dem sich daraus ableitenden Gradientvolumenkonzept sind schnelle Trennungen, die durch kleine Gradientvolumina auf kleinlumigen und kurzen Säulen erreicht werden, damit begrenzt in ihrer Trennleistung und eignen sich daher bevorzugt für Screening-Experimente. Zusätzlichen Nutzen bietet hier das Massenspektrometer als weitere Trenndimension, indem es auch potenziell koeluierende Substanzen noch hinreichend voneinander getrennt zu detektieren und – mit gewissen Einschränkungen – zu quantifizieren vermag. Eine vollständige Basislinientrennung ist somit bei der MS-Detektion je nach verwendetem Massenspektrometer zur Quantifizierung nicht so unbedingt erforderlich wie in der konventionellen HPLC. Möglichst hohe Peakkapazitäten erfordern größere Gradientvolumina, längere Säulen und damit längere Laufzeiten.
Letzteres ist apparativ mit der Massenspektrometrie gut zu bewältigen. Bei schnellen Screening-Trennungen hingegen wirken zwei Einschränkungen: Erstens können sich zu viele koeluierende Substanzen während ihrer Ionisierung in der Ionenquelle gegenseitig behindern (Konkurrenzionisation) und damit das quantitative Resultat verfälschen. Zweitens benötigt nahezu jedes Massenspektrometer für jedes einzelne zu messende Masse-zu-Ladungsverhältnis eine gewisse Zeitspanne (Cycle Time), die die Datenrate begrenzt. Schnelle UHPLC-Trennungen überfordern bis heute noch viele Massenspektrometer mit ihrer Geschwindigkeit: Peakbreiten von 5 s und darunter können je nach Gerät zu gering sein, um alle gewünschten Massensignale so rasch abzutasten, dass die für eine statistisch belastbare Quantifizierung gewünschte Anzahl von 25 Datenpunkten pro Peak oder mehr tatsächlich erzeugt werden kann. In den meisten Fällen begnügt man sich zur Quantifizierung daher bereits mit rund 10 Datenpunkten. Nichtsdestotrotz kann es bei der Methodenentwicklung nötig sein, weniger effiziente Trennungen (d. h. breitere Peaks) und mehr Auflösung durch Selektivität zu erzeugen als die Chromatographie prinzipiell zuließe, damit die Massenspektrometrie bei der Datenerzeugung Schritt halten kann. Ein Fall aus der Praxis sind Quantifizierungen in komplexen Proben mittels Tripel-Quadrupol-Massenspektrometern, die die erforderliche Selektivität der Detektion mit Tandem-MS im SRM-Modus bereitstellen. Je mehr SRM-Übergänge, gegebenenfalls für überlappende Substanzzonen, das Massenspektrometer abarbeiten muss, umso größer wird die Cycle Time und entsprechend geringer die Datenrate. Ein Ausbremsen der Chromatographie kann je nach MS-Typ und Gerätegeneration das quantitative Ergebnis messbar verbessern.
Abb. 3.1 Peakkapazität in Abhängigkeit des Gradientvolumens, ausgedrückt als Vielfaches des Trennsäulenvolumens, gemessen für eine 250 × 2,1 mm-Säule mit einer Packungsteilchengröße von dp = 2,2 μm bei F = 670 μL/min.
Empfehlungen
• Hochauflösende Screening-Analysen können mit schnellen/steilen Gradienten und geringer Peakkapazität zu schnell für die Zykluszeit eines Massenspektrometers sein.
• Gegebenenfalls muss auf Trenneffizienz verzichtet und die Auflösung künstlich vergrößert werden, um eine adäquate MS-Detektion zu erlauben.
• Die durchschnittliche Cycle Time des Massenspektrometers unter den benötigten Detektionsbedingungen sollte für eine Quantifizierung mindestens 15, jedoch nicht weniger als 8–10 Datenpunkte pro Peak ermöglichen.
3.2.1.3 Laufmittel in der LC-MS-Analytik
Eine MS-kompatible mobile Phase erfordert, dass alle Bestandteile der mobilen Phase leichtflüchtig sind. Für die Solventien selbst ist dies in der RP-Chromatographie praktisch immer hinreichend erfüllt: Das Fließmittel mit der höchsten Verdampfungsenthalpie, Wasser, ist mit ESI- und APCI-Verfahren sehr gut kompatibel und oft sogar unverzichtbar für das Funktionieren der Ionisationsverfahren. Organische Lösemittel im Gegenzug fördern die Trocknung des Eluats im Sprayverfahren nicht nur durch ihren höheren Dampfdruck, sondern auch, indem sie die Oberflächen-Spannung der Flüssigkeitströpfchen während der Vernebelung herabsetzen und dadurch das Verdampfen der Lösemittelmoleküle begünstigen. Für eine vertiefte Betrachtung zu diesem Thema sei auf die Literatur [4] verwiesen.
Die leichte Flüchtigkeit muss genauso für alle Zusätze zur mobilen Phase gegeben sein. Sämtliche Additive, die schwerflüchtige Salze bilden, führen zu verstärkter Unterdrückung der Ionenbildung in der Quelle (Ionensuppression) und zu starker Verschmutzung der MS-Quelle mit Salzablagerungen. Dies erfordert eine häufige und intensive Reinigung der Ionenquelle und führt trotz diverser Konstruktionsverbesserungen durch die MS-Hersteller rasch zu einer spürbaren Abnahme in der Empfindlichkeit der Detektion. Zur pH-Einstellung und Pufferung sowie zur Verbesserung der Chromatographie sind daher HPLC-Klassiker wie Phosphate, Borate sowie alkali- und erdalkaliionenhaltige Salze zu vermeiden. Stattdessen bieten sich leichtflüchtige organische Säuren, Basen sowie deren Salze an. Saure pH-Werte werden bevorzugt mittels Ameisensäure, Essigsäure oder Trifluoressigsäure erzeugt, meist in Konzentrationen zwischen 0,05 und 0,1 vol.-%. Als Basen haben sich wässrige Ammoniaklösungen oder Alkylamine wie Triethylamin bewährt. Zur Pufferung empfehlen sich Ammoniumsalze wie Ammoniumformiat, -acetat oder -carbonat. Auch auf die Verwendung oxidativer Zusätze sollte verzichtet werden: Chloride als Eluentenzusatz führen z. B. nicht nur zu Ionensuppression, sie können auch unter dem Einfluss des Elektrosprays oxidativ wirkendes Chlor bilden und damit die Analyten chemisch verändern [5] sowie über die Zeit hinweg Bauteile wie die Spraykapillare korrodieren. Der Einsatz von leichtflüchtigen ionischen Detergenzien wird ebenfalls nicht empfohlen, da sich diese beim Eintreten in das Massenspektrometer auf den Oberflächen der Ionenoptik und des Massenanalysators ablagern und mittelfristig eine Funktionsstörung des Gerätes auslösen können. Es sei hier bereits angemerkt, dass die MS-gängigen Additive wegen ihrer physikochemischen Eigenschaften, die sich teilweise deutlich von den herkömmlichen LC-Modifiern unterscheiden, oft zu anderen Selektivitäten führen, als man sie von der klassischen HPLC her gewohnt sein mag (s. Abschn. 3.3.1). Dies gilt vor allem, wenn sie sekundäre selektivitätssteuernde Eigenschaften beeinflussen, wie beispielsweise die Ionenstärke oder die Tendenz zur Ionenpaarbildung bei polar retardierten Substanzen.
Neben der Art des Eluentenadditivs spielt auch dessen Konzentration eine Rolle. LC-Methoden profitieren meist von einer möglichst hohen Additivkonzentration, so z. B. bei Pufferkapazitäten oder der Unterdrückung von elektrostatischen Wechselwirkungen des Analyten mit der stationären Phase. Die damit einhergehende hohe Leitfähigkeit führt allerdings zu hohen Stromflüssen in der Ionenquelle während des Ionisationsprozesses und damit oft zu technischen Problemen oder einer Instabilität des Sprays. In der Praxis empfiehlt es sich, Additive nicht konzentrierter als 25–30 mmol/l hinzuzufügen und möglichst auf mehrfach geladene Additivionen zu verzichten.
Empfehlungen
• „MS-freundliches“ Phasensystem einsetzen und LC-Methode mit UV-Detektion optimieren
• Stationäre Phasen mit geringem Säulenbluten verwenden
• Flüchtige Eluentensysteme verwenden, meist zusammengesetzt aus flüchtigen