HILIC-Phasen basieren meist auf klassischen Silikapartikeln, neuerdings auch mit Polymeroberflächen. Dabei können bei Ersteren prinzipiell zwei Gruppen unterschieden werden (die im Folgenden behandelt werden): Silikapartikel mit daran chemisch gebundenen polaren funktionellen Gruppen und Silikapartikel mit unverändert freiliegenden Silanolgruppen. Ein prinzipielles Schema dieser Klassifizierung ist der Abb. 2.3 zu entnehmen.
Die ersten Anwendungen wurden ursprünglich überwiegend mit unmodifiziert vorliegenden freien Silikapartikel durchgeführt. Relativ früh wurde aber auch schon mit semipolaren Phasen gearbeitet, bekannt aus der RPLC, wie z. B. Cyano, Diol oder Amid (Tab. 2.1). Die freie Silikaphase ist auch heute noch eine der populärsten Materialien, reagiert aber leider sehr empfindlich auf kleine Änderungen in der Zusammensetzung der mobilen Phase. Diese Silikaphasen haben freie Silanolgruppen auf der Oberfläche, die bei einem pH-Wert unter pH-Wert 4–5 neutral vorliegen, und ermöglichen polare Wechselwirkungen wie Dipol-Dipol und Wasserstoffbrückenbindungen mit den Analyten. Wird diese Phase bei einem pH über 4–5 betrieben, so liegt diese deprotoniert vor und kann dann zusätzlich auch als Kationenaustauscher fungieren, sodass positiv geladene basische Analyten stark zurückgehalten werden.
Abb. 2.3 Einordnung der stationären HILIC-Phasen (analog wie zu [2]).
Tab. 2.1 Einteilung der funktionellen HILIC-Phasen und Wechselwirkungsmöglichkeiten mit entsprechenden Analyten.
Material und Bedingungen | Elektrostatische Wechselwirkung (WW) | Dipol-Dipol | Wasserstoffbrückenbindung |
---|---|---|---|
Silika, pH < 4,5 | Nein | Ja | Donor + Akzeptor |
Silika, pH > 4,5 | Anionisch → WW mit Kation | Ja | Akzeptor |
Cyano | Nein | Ja | Akzeptor |
Diol | Nein | Ja | Donor + Akzeptor |
Amid | Kationisch → WW mit Anion | Ja | Donor |
Sulfobetain | Zwitterionisch → schwach kationisch und anionisch | Ja | Akzeptor |
Phosphorylcholin | Zwitterionisch → schwach kationisch und anionisch | Ja | Akzeptor |
Fast alle Säulenhersteller haben neben ursprünglichem Silikamaterial oben erwähnte semipolare Phasen aus dem ursprünglichen RPLC-Bestand oder aber auch neue speziell entwickelte HILIC-Phasen im Produktangebot. Einen grundsätzlichen Überblick mit detaillierter Einschätzung der polaren Wechselwirkungen für die einzelnen Phasenmaterialien kann Tab. 2.1 entnommen werden.
Die Phasen mit polaren funktionellen Gruppen werden durch Derivatisierung der entsprechenden Silanolgruppen an der Oberfläche hergestellt. Diese können dann konventionell je nach Basis des Ladungszustands der funktionellen Gruppen in neutrale, geladene oder zwitterionische Phasen eingeteilt werden (Abb. 2.3).
Neutrale stationäre Phasen enthalten polare funktionelle Gruppen, die im typischen HILIC-Bereich in ihrer Neutralform vorliegen. Somit basiert die Retention der Analyten hierbei überwiegend auf der oben erwähnten Anreicherung in der wässrigen Oberfläche und der hydrophilen Wechselwirkung mit den funktionellen Gruppen. Viele der stationären HILIC-Phasen gehören in diese Kategorie.
Die positiv geladene Aminophase ist auch eine in der HILIC oft genutzte stationäre Phase. Die funktionelle Gruppe besteht meistens aus einem Aminopropylrest mit einer primären Aminogruppe (und dem sogenannten Kohlenwasserstofflinker, „Spacer“), welche positiv geladen vorliegt, und hohe Affinität für anionische sowie saure Analyten zeigt. Aufgrund der resultierenden elektrostatischen Wechselwirkung werden diese Anionen stark an die Phase gebunden und über den Anionenaustauschmechanismus getrennt. Aminophasen können allerdings auch sehr erfolgreich für die Trennung neutraler polarer Moleküle genutzt werden, die aufgrund der hohen Hydrophilie dieser Phasen stark auf der Säule zurückgehalten werden.
Zwitterionische stationäre HILIC-Phasen sind schon in verschiedenen Versionen erhältlich und können als universellste aller HILIC-Phasen eingesetzt werden. Zwitterionische Reste enthalten sowohl eine permanente positive als auch eine permanente negative Ladung. Diese Phasen sind sehr hydrophil, beinhalten gleichzeitig moderate Ionenaustauscher-Eigenschaften. Aus diesem Grund können diese Phasen sowohl für die Trennung von neutralen, sauren als auch basischen organischen Molekülen herangezogen werden wie auch für anorganische Ionen.
Eine gute Regel um die am besten geeignete HILIC-Phase auszuwählen, ist es zu berücksichtigen, dass neutrale Analyten in der Regel weniger hydrophil sind als die geladenen. Somit sind für die neutralen Moleküle neutrale, geladene bzw. zwitterionische Phasen entsprechend gut für die Retention des Analyten geeignet. Auf der anderen Seite sind geladene Moleküle durch deren elektrostatische Anziehungskräfte mit der entgegengesetzten geladenen Phase von HILIC-Materialien oft so stark retardiert, dass auch hier neutrale und zwitterionische Phasen oftmals das beste Ergebnis bringen.
Und es ist hier erwähnenswert, dass man in der massenspektrometrischen Detektion ja eben auch Ionen erfasst, was somit sehr kompatibel ist mit den in der HILIC-ionisch vorliegenden Analyten.
Nach der Wahl der richtigen stationären Phase steht nun die Auswahl und Optimierung der mobilen Phase an.
2.2 Ausgangssituation und optimale Nutzung von mobiler HILIC-Phase
Wesentliche Charakteristika bei der Trennung mittels HILIC sind je nach gewählter stationärer Phase die Eigenschaften der Verteilung, der Adsorption und eventuell der elektrostatischen Wechselwirkung. Eine Gemeinsamkeit sämtlicher stationärer Phasen ist wie oben beschrieben die Fähigkeit, durch Wasseradsorption auf der Oberfläche der Partikel eine Wasserschicht ausbilden zu können. Hydrophile Komponenten werden vor allem deshalb auf den HILIC-Phasen zurückgehalten, weil sich diese bevorzugt in der ausgebildeten Wasserschicht anreichern können, wobei hydrophobere Komponenten dies nicht bzw.