b) Salze
Salze werden der mobilen Phase typischerweise zugesetzt, um die elektrostatischen Wechselwirkungen zwischen geladenen Analyten und der stationären Phase kontrollieren zu können. Normalerweise führt dies dadurch auch zur Verbesserung der Peakform der eluierenden Analyten durch geringeres Peak-Tailing. Normalerweise werden zur Nutzung von massenspektrometrischer Detektion in der HILIC ausschließlich Salze wie Ammonium-Acetat und Ammonium-Formiat eingesetzt, manchmal auch Ammonium-Bikarbonat. Diese Salze lösen sich sehr gut in Laufmittel mit hohen Acetonitril-Gehalten und sind gleichzeitig flüchtig genug, um im Ionisationsprozess des Massenspektrometers entfernt werden zu können. Die Nutzung von weniger gut löslichen Salzen, wie Phosphaten oder Ionenpaarreagenzien, wie TFA, sollten nach Möglichkeit vermieden werden.
Abb. 2.6 Trennung von 2-Hydroxy- und 4-Hydroxybenzoesäure (Molekül 1 bzw. 2) in Chromatogrammen mit Retention und Performance auf drei stationären Phasen gezeigt. Die Untersuchungen erfolgten in einem isokratischen Lauf bei 10 mM Ammonium-Acetat im wässrigen Laufmittel (obere Chromatogramme) und 15 mM Ammonium-Acetat (untere Chromatogramme). Diese Abbildung wurde verändert und genutzt aus ursprünglich [6].
Die zwei Salze Ammonium-Acetat und Ammonium-Formiat sind nicht identisch einsetzbar, denn Ammonium-Formiat ergibt in der mobilen Phase einen stärker sauren pH-Wert als Ammonium-Acetat. Dies lässt allerdings die Nutzung einer Mischung aus beiden Salzen in der Trennung bei unterschiedlichen pH-Werten zu. Ammonium-Bikarbonat enthaltende Lösungen sind nicht zu empfehlen, denn diese sind sehr instabil. Durch Ausdampfen von Kohlenstoffdioxid verändert sich zum einen der Salzgehalt und zum anderen auch der pH-Wert (bis hin zum Basischen).
Im Gegensatz zur RPLC hat der Salzgehalt im HILIC-Laufmittel direkt einen großen Einfluss auf die Retentionszeit von Analyten (siehe hier auch die Chromatogramme in Abb. 2.6, bei denen zwischen oberen und unteren lediglich ein Unterschied von 5 mM Ammonium Acetat im Laufmittel vorliegt). Der prinzipielle Effekt der Erhöhung des Salzgehaltes in der mobilen Phase ist die Erniedrigung der elektrostatischen Wechselwirkungen im Falle von geladenen Molekülen mit geladenen oder zwitterionischen Säulenmaterialien (siehe auch [2]). Im Falle von elektrostati scher Anziehung zwischen Analyten und stationärer Phase führt dies zu einer verringerten Retention, wobei es im Falle von elektrostatischer Abstoßung zu erhöhter Retention des entsprechenden Analyten führt.
Der zweite Effekt einer Erhöhung des Salzgehaltes in der mobilen Phase zeigt sich in der Schichtdicke der Wasserschicht auf der Oberfläche von HILIC-Materialien. Der hohe Gehalt an organischem Lösungsmittel zwingt das Salz zur bevorzugten Anreicherung in der Wasserschicht. Eine zunehmende Salzkonzentration führt somit zu einer zunehmenden Schichtdicke der Wasserschicht, was einhergeht mit einer stärkeren Retention sämtlicher polarer Analyten. Aus diesem Grund bewirkt ein signifikant erhöhter Salzgehalt für polare nicht geladene Analyten auch ohne die elektrostatische Wechselwirkung eine erhöhte Retention.
Salze in der HILIC-Trennung haben auch noch weitergehende Eigenschaften. Ein jüngst durch A. Alpert beschriebener Effekt ist die sogenannte Aussalzung von Kationen bei sehr starker Erhöhung des kosmotropischen Salzgehaltes und überlagert die verlängerte Retention in der stärkeren Wasserschicht [10]. Laut den Beschreibungen zur Aussalzung von Alpert, aber auch von Jandera [11] können generell höhere Salzgehalte sowohl zu höheren Retentionszeiten wie auch zu niedrigeren Retentionszeiten führen, was die einfache Interpretation und Nutzung von Salzanwendung letztlich erschwert. Da diese Studien aber überwiegend mit nichtflüchtigen Salzen erfolgt sind, sei dieser Effekt hier nur erwähnt.
Wichtig bleibt jedoch festzuhalten, dass der Salzgehalt im Laufmittel grundsätzlich sehr stabil bzw. reproduzierbar gehalten werden sollte, um so die Eigenschaften der Wasserschicht bzw. der adsorptiven Wechselwirkungen während eines Laufes nicht oder aber sehr reproduzierbar zu ändern.
c) pH-Wert
Grundsätzlich sollte der pH-Wert der mobilen Phase – wie eingangs des Kapitels erwähnt – je nach Hydrophilie der zu trennenden Analyten eingestellt werden. Im Gegensatz zu der RPLC, sollte der pH-Wert der mobilen Phase in HILIC bewusst so gewählt werden, dass die Analyten in ihre ionische Form übergehen. Da geladene Spezies generell polarer sind als die neutralen Spezies können diese bei der Trennung mit HILIC besser bzw. länger zurückgehalten, d. h. retardiert werden. Gleichzeitig sind geladene Spezies gut massenspektrometrisch detektierbar.
Wichtig (auch mit Blick auf den pH-Effekt der Silikaphasen) bleibt hier festzuhalten, dass der pH-Wert im Laufmittel grundsätzlich sehr stabil bzw. reproduzierbar gehalten wird, um so die Eigenschaften während eines Laufes nicht oder aber sehr reproduzierbar zu ändern.
2.3 Weitere Einstellungen bzw. Bedingungen speziell für massenspektrometrische Detektion (siehe auch Kap. 3)
Aufgrund der hohen Acetonitril-Gehalte zu Beginn von HILIC-Trennungen (und auch im Verlauf der Trennung) liegt es nahe, dass der Detektor „Massenspektrometrie“ sehr gut eingesetzt werden kann. Dies resultiert aus der Tatsache, dass aufgrund niedriger Oberflächenspannung der aus der HILIC-produzierten Spraytröpfchen bei der Ionisation, die Tröpfchen in der Quelle effektiv getrocknet werden und die Moleküle effizient in die Gasphase und somit – falls geladen – effizient in das Massenspektrometer transportiert werden können.
Beispiele zur vielseitigen HILIC-Nutzung mit massenspektrometrischer Detektion gibt es mittlerweile in großer Anzahl und das auch für sehr anspruchsvolle polare Moleküle und neuerdings oft auch mit quantifizierender Sichtweise. Eine Auswahl ist im Folgenden zitiert und lässt sich mittlerweile beliebig erweitern. So gibt es HILIC-Arbeiten zu Trennungen von Aminosäuren [12] und Metaboliten in biologischen Systemen [13] sowie Urin [14], Antibiotika [15] Lipide quantitativ in Blutplasma [16], Verunreinigungen von Pharmawirkstoffen [17] Umweltchemikalien [18,19], Flavonoide in pflanzlichen Extrakten [20], wie auch n-verbundene intakte Glykopeptide [21], Proteine [22] sowie intakte Proteine [23].
Aber man sollte auch die grundsätzlichen Probleme in der Nutzung von HILIC als sogenanntes „Front-End“-System für Massenspektrometer nicht verschweigen oder vernachlässigen. Denn aufgrund sogenannten Säulenblutens kann die oftmals empfindlichen Detektions- bzw. Nachweisgrenzen von Massenspektrometern stark beeinflusst und gestört sein. Hierzu sei eine ausführliche Studie mit 17 unterschiedlichen Säulen (und ihrem Einfluss auf 55 Komponenten) sehr empfohlen [24]. Diese Studie empfiehlt konsequente Methodenoptimierung und Bestimmung der Signalunterdückungseffekte für alle zu analysierenden Substanzen. Ebenso ist es essenziell, Matrixeffekte von koeluierenden Substanzen zu erfassen [18, 25].
Eine weitere Publikation sei auch erwähnt und zum Studium empfohlen, wenn es um die Effekte von Detektion und Peakformen bei HILIC-MS geht [26]. Dort wird einprägsam aufgezeigt, dass auch nur kleine Unterschiede bzw. Schwankungen in den Zusammensetzungen von mobiler Phase und der Injektionslösungsmittel große Auswirkungen haben können. Diese Arbeit zeigt noch mal eindrucksvoll die in diesem Kapitel erwähnte Notwendigkeit zur akkuraten Arbeit in der Herstellung von mobiler Phase und Injektionssolvent auf.
Solche Studien zeigen auch schon Erfolg, denn in jüngerer Zeit wird an Lösungen für die HILIC-Probleme aktiv gearbeitet. Neuentwicklungen wie die sogenannte FEED-Injektion (genauer die „Focused, Extended, Extra-control, Delay-volume free“-Injektion; Agilent persönliche Mitteilung) werden zukünftig helfen können, wässrige Injektionen effektiv druchzuführen. In diesem neuen Konzept findet nach der Injektion einer Probe die Durchmischung des Injektionsflusses über ein „T-Stück“ mit der mobilen Phase statt. Somit bringt man die Analyten nicht als ungemischte Probe – schlimmstenfalls im „falschen“ Lösungsmittel – direkt auf die Säule, sondern verdünnt immer in mobiler Phase. Die fehlende Durchmischung vieler Injektionssysteme führt bisher zu oben erwähnter